Der Frühling in meinem Garten

Jedes Jahr erneut. Immer und immer wieder. Auf ihn ist Verlass. Der Frühling.

Nichts bewundere ich so sehr wie den Frühling!

Der Frühling ist, wie er ist. Egal, was die anderen sagen. Zu warm, zu kalt, zu regnerisch, zu trocken. Er macht sein Ding. Unablässig, zuversichtlich, mit einer Wucht, die nicht nach Anstrengung aussieht, wächst die Welt um mich herum. Jeden Tag ein bisschen mehr.

 

Jeden Tag ein bisschen mehr

Wahrscheinlich teilweise im Millimeterschritt, jedoch jeden Tag. Unaufhaltsam, zuverlässig.

Jeden Tag wird es ein bisschen grüner, jeden Tag ein bisschen voller, jeden Tag ein bisschen früher Licht. Bis, irgendwann, das schönste Grün der Welt, das Maigrün, satterem Grün weicht.

 

Dem Frühling um mich herum ist es egal, ob es auf der Welt Krieg, Friede, Unrecht oder Überschwemmungen gibt.

Der Salzburger Frühling liest keine Zeitung. Er schaut nicht auf Instagram, ihm ist es gleichgültig, was die anderen machen. Er macht sein Ding, er folgt seinem Auftrag.
Würde er sich umsehen, er würde schnell erkennen, dass der Frühling in Köln ihm zwei Wochen voraus ist. Er würde sich eventuell unwohl fühlen, denn vielleicht passt es gerade nicht so gut, der Nachbar ist schwerkrank und die Familie die Straße weiter hat große Sorgen.

 

Vielleicht ist es dem Frühling nicht egal, vielleicht wirkt es nur so, vielleicht ist der Frühling aber auch einfach nur das, was er ist. Eine Jahreszeit, eine Zeitspanne, ein Beginn?

Der Frühling.

Der Frühling schaut sicher nicht auf die Wetter-App.

Passt das vorausgesagte Wetter nicht zu Frühling? Er könnte es sich ja auch anders überlegen, ausbleiben, später kommen, mit dem Herbst tauschen. Macht er aber nicht.

Der Frühling ist der Frühling.

Und für diese Verlässlichkeit der Ankunft, für diese gewaltige Veränderung der Natur um mich herum, die nur ihm gelingt, das Einsetzen von Neuem, dafür liebe ich ihn!

 

Mein persönlicher Frühling

Es beginnt, zumindest in meinem Garten, also in meinem persönlichen Frühling, so:

Zaghaft, wenn auch unermüdlich, streckt einer der Krokusse auf der Wiese den Kopf heraus. Völlig egal, was auf seinem Kopf liegt. Schnee, Blätter, ein herabgefallener Ast, er streckt seinen Kopf aus dem Boden. Erst einer, dann innerhalb kürzester Zeit werden es immer mehr. Ich beobachte dieses Schauspiel nun schon mehrere Jahre interessiert und immer wieder stellt sich mir die Frage, ob es tatsächlich nur dieser eine Krokus ist, die Vorhut sozusagen, und ob die anderen Krokusse ihm nachfolgen, oder aber, ob ich in meiner Wahrnehmung immer nur diesen einen Krokus erblicke, den ersten Krokus meines Frühlings, sozusagen.
Heuer habe ich wieder sehr genau hingesehen. Es ist nicht so wie bei den Murmeltieren, jedoch macht einer, zumindest optisch, den Anfang.

Kommt dann die Sonne mit ins Spiel, öffnet der Krokus seine Blüte. Und da er nicht alleine ist, leuchtet bald die ganze Wiese in einem zarten Lila.

Die Krokusse in meinem Garten geben den Startschuss.

Egal, wie sich das Wetter weiterentwickelt, mal so, mal anders, mal günstig, mal das Gegenteil. Der Frühlingszauber beginnt.

Oder beginnt es doch schon mit den Schneeglöckchen?

Habt ihr schon einmal beobachtet, dass Schneeglöckchen auch unter einer 20cm dicken Schneedecke ihre Köpfe aus dem Boden recken? Für all diejenigen, die noch nie darauf geachtet haben oder nicht so reichlich Schnee zur Verfügung haben: unter 20 cm Schnee ist es ziemlich dunkel. Sonne hin oder her, es ist wahrlich finster unter einer Schneedecke dieser dicke.

Wer, also bitte, sagt dem Schneeglöckchen: es ist Zeit! Komm heraus, zeige dich!

Das Schneeglöckchen wächst. Egal, was um es herum passiert.

Ist es der Frühling, der dies bestimmt? Wie sprechen sich Frühling und Schneeglöckchen ab? So ohne Kalender, Push-Nachricht und Signalton?

Es ist als ob es einen für Menschen unhörbaren Startschuss geben würde. Vom Frühling vorgegeben, denn nur er bestimmt, wann genau es losgeht.

Und schon galoppiert sie dahin, die Natur!

Und während ich hier schreibe, über Frühling und Wachstum, blicke ich zum Fenster hinaus. Ich stelle fest, der Garten ist bereits so grün! Ist das Gras schon zu hoch? Wann werde ich das erste Mal den Rasenmäher aus der Garage holen? Da sind schon Blätter auf dem Apfelbaum! Woher kommen die denn jetzt so schnell? Waren gestern nicht erst Knospen zu sehen?

 

Wenn mehrere Fruchttragende Bäume nebeneinander stehen, kann man beobachten, dass nicht jede Sorte Baum, gleich schnell auf des Frühlings Startschuss reagiert. Es gibt die ganz flotten – so als ob sie sich ungesehen vorbereiten würden – zack, schon sind die Blüten offen! Andere wiederum beginnen zögerlich, fast schon zu zaghaft in diese Phase. Erst ein, zwei Blüten, dann lassen sie sich von Insekten umschwirren, aber sie denken trotzdem nicht daran, alle Blüten zu öffnen.

Jeden Tag ein paar mehr, nach einigen Tagen erst blüht der ganze Baum.

Meine Sauerkirsche, die jedes Jahr als erster Baum ihre Blätter fallen lässt, gehört zu den ersten Bäumen, die blühen. Apfelbäume, je nach Sorte, blühen unterschiedlich. Der Birnbaum, der macht wie er es persönlich und in diesem Jahr gerne möchte. Mal so, mal anders. Und stehen zwei Birnbäume der gleichen Sorte nebeneinander, sie sprechen sich definitiv nicht ab.

 

Auf einmal ist dann die erste Hummel zu sehen. Begleitet von entzückten Ohhhh! -Schreien meiner Kinder. Hummeln gehören zu unseren Lieblingstieren. Mein Sohn streichelt sie auch manchmal, oder versucht es zumindest. So richtig kuschelig ist dieses flauschige Bäuschchen dann doch nicht.

Die Insekten erwachen, Bienen summen um die Blüten, Schmetterlinge flattern, und stellen sich die ersten Kriechtiere ein, hört man abends auch schon den Igel schmatzen.

Nun geht es so zügig dahin, es gibt kein davor und danach mehr, es passiert gleichzeitig.

Tulpen wechseln sich ab, die späten Blüher wollen die früheren übertrumpfen. Ein Farbenspiel sondergleichen! Wer diese Tulpen nur erschaffen hat? Ein Meisterwerk!

Nun, eines muss ich der Fairness halber nun aber noch zu meinem überschwänglichen Lobgesang über den Frühling hinzufügen:

Kommt das Wachstum, kommt auch schon der Druck, dem raschen Wachstum Einhalt zu gebieten. „Wann schneidest du die Hecke, schon einen ungefähren Plan? Dienstag wäre gut bei mir!“, so wird sich dann unter Nachbarn zugerufen.

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