Auf in den Kindergarten! Eingewöhnung als zentraler Entwicklungsschritt

Anfang September beginnt für viele junge Kinder ein neuer und wichtiger Lebensabschnitt: Der Eintritt in den Kindergarten! Mit Geduld und Zeit gelingt er.

Die ersten Tage und Wochen, die Eingewöhnungszeit, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Jedes Kind reagiert anders auf diese ungewohnte Situation. Eines braucht mehr Zeit, das andere weniger, um sich in den neuen Räumen und unter vorerst unbekannten Kindern und Erwachsenen wohl zu fühlen. „Nach Möglichkeit sollte das Kind während der Eingewöhnung immer von der gleichen Person begleitet werden. Stellen Sie sich daher auf ca. einen Monat ein, es kann aber auch länger dauern“, betont Susanna Haas, pädagogische Leitung der St. Nikolausstiftung, die Transition zwischen der Betreuung in der Familie und der Betreuungseinrichtung.

 Geduld und Zeit sind ein Muss

Mutter oder Vater sind für das Kind zumeist die wichtigste Bezugsperson, eine behutsame und einfühlsame Eingewöhnung ist daher notwendig, damit eine tragfähige Beziehung zur PädagogIn oder AssistentIn aufgebaut werden kann. Die ersten Tage im Kindergarten sollte die Bezugsperson gemeinsam mit dem Kind in der Gruppe verbringen, aber nicht aktiv mit dem Kind spielen, damit das Kind sich mit der PädagogIn, der AssistentIn, den anderen Kindern und dem Raum vertraut machen kann.

 Verabschiedung: Erste Trennungsschritte

Nach Absprache mit der PädagogIn können nach einigen Tagen erste Trennungsversuche gemacht werden und die Mutter oder der Vater den Gruppenraum für einige Zeit verlassen – nicht jedoch ohne sich beim Kind zu verabschieden. Ein heimliches Verschwinden würde das Vertrauen des Kindes aufs Spiel setzen und könnte dazu führen, dass das Kind die Mama oder den Papa nicht mehr aus den Augen lässt. Kinder dürfen weinen, denn Trennungen schmerzen. Wichtig ist, dass sich das Kind in kürzester Zeit von der PädagogIn trösten lässt. Kann die PädagogIn das Kind nicht beruhigen, wird die Mutter oder der Vater zurückgeholt. „Hilfreich ist, wenn das Kind bereits ‚erfolgreiche‘ Trennungssituationen erlebt hat, zum Beispiel einen Nachmittag bei Oma und Opa, einer Babysitterin etc., dann bringt es diese Erfahrungen bereits mit und die Eingewöhnung wird dadurch erleichtert“, erklärt Haas weiter.

Schafft es das Kind einige Zeit alleine in der Gruppe zu verbringen, beginnt die Phase des „Abschiedsrituals“. Auch wenn es oft schwer fällt, die Abschiede sollten kurz gehalten werden. Haben die ersten Trennungsschritte gut geklappt, wird die Dauer, die das Kind alleine im Kindergarten verbringt, schrittweise ausgedehnt.

Abholsituation

Gemeinsam mit der PädagogIn werden in den ersten Wochen die Abholzeiten vereinbart. Auch wenn das Kind zum vereinbarten Zeitpunkt noch weiterspielen möchte, muss das Kind mit der Abholsituation vertraut gemacht werden, d.h. es ist Zeit nach Hause zu gehen.

Abschluss der Eingewöhnungszeit

Die Eingewöhnungszeit ist abgeschlossen, wenn das Kind in der Gruppe seinen „Platz gefunden hat“, sich im Tagesablauf gut zurechtfindet und die PädagogIn das Kind im Ernstfall trösten kann. Das heißt aber nicht, dass das Kind nicht mehr weint, wenn es in den Kindergarten gebracht wird und die Eltern sich verabschieden. Es drückt damit nur aus, dass es traurig ist, wird sich aber von der PädagogIn beruhigen lassen. Von einer Ganztagsbetreuung in den ersten Wochen – vor allem für junge Kinder – ist abzuraten, auch wenn die Eingewöhnung gut geklappt hat.

Wenn es nicht gleich klappt…

„Seien Sie keinesfalls vom Kind, Kindergarten oder sich selbst enttäuscht, wenn die Eingewöhnung länger dauert. Jedes Kind hat individuelle Bedürfnisse. Gemeinsam mit der PädagogIn und den Eltern wird nach der richtigen Lösung gesucht, damit die Eingewöhnung für das Kind als positiv erlebt wird – Zeit und Geduld sind hier ein Muss“, weiß die Expertin.

Trennungssituationen und Übergänge/Transitionen

Alle Trennungssituationen und Übergänge werden „gespeichert“. Erlebtes wird bei jeder weiteren Übergangssituation hervorgeholt und positive sowie negative Erfahrungen können, z.B. beim Eintritt in die Schule, wieder abgerufen werden. Junge Kinder verstehen noch nicht, wenn die Bezugsperson sagt: „Ich komme gleich wieder.“ Der Zeitbegriff von gleich, später, in 10 Minuten etc. kann kognitiv noch nicht eingeordnet werden. Die Erfahrung, Mama oder Papa geht und holt mich (das Kind) nach einer bestimmten Zeit wieder ab, muss erlebt werden. So hat das Kind Zeit, sich an den Abschied, den Trennungsschmerz, das Abgeholt-werden und die Wiedersehensfreude zu gewöhnen.

Wann sollte die Eingewöhnung nicht stattfinden?

Die Eingewöhnungszeit sollte, wenn dies planbar ist, nicht mit anderen Veränderungen in der Familie, wie beispielsweise der Geburt eines Geschwisterkindes, Umzug etc. zusammenfallen. Auch bei einer Erkrankung oder einem Urlaub während der ersten Zeit sollte die Eingewöhnung verschoben werden. Denn auch scheinbar geringfügige Veränderungen können das Interesse und die Fähigkeiten des Kindes beeinträchtigen, sich mit der neuen Situation und Umgebung auseinanderzusetzen.

„Montags nie“ heißt auch die Devise für alle Aktivitäten im Rahmen der Eingewöhnung. Das gilt besonders für den ersten längeren Aufenthalt im Kindergarten, das erste Mal Mittagessen etc. Kindern fällt es am Wochenbeginn oft schwer, sich wieder – in der noch nicht hinreichend vertrauten Umgebung – zurechtzufinden.

Tipps zur Eingewöhnung

  • Zu Hause können Bilderbücher zum Thema Kindergarten angeschaut bzw. vorgelesen werden
  • Den Weg zum Kindergarten schon vorab ein paar Mal gemeinsam gehen
  • Trennt sich das Kind von einem Elternteil leichter, könnte es sinnvoll sein, dass dieser das Kind während der Eingewöhnung begleitet.
  • Abschiedsrituale einführen, z.B. winken Sie noch einmal beim Fenster

Informationsbroschüre „Leitfaden zur Eingewöhnung“ gratis zum Downloaden

Für alle Interessierten ist die Broschüre auf der Homepage nikolausstiftung.at unter der Rubrik Service/Für Eltern/Downloads“ kostenlos zum Download bereitgestellt, auch in den Sprachen Englisch, Polnisch und Serbisch.

Über die St. Nikolausstiftung
Zur St. Nikolausstiftung Erzdiözese Wien gehören derzeit 85 Standorte mit rund 1050 MitarbeiterInnen und circa 6.100 Kindern. Die Kindergärten und Horte sind in allen Wiener Bezirken vertreten. Ein gelebtes Miteinander, Erziehungspartnerschaft und ein Interesse an den individuellen Lebensentwürfen der Kinder und ihrer Familien zeichnen die pädagogische Arbeit aus. Auf Basis des christlichen Weltbildes bieten wir den Kindern Raum und Zeit, altersgerecht über die Grundfragen des Lebens nachzudenken.

Ähnliche Artikel

Ein Artikel von

Blog

Weitere Artikel des Autors lesen