Beziehungspflege statt Beziehungskrise?
Die Corona-Krise hat viele Auswirkungen: Wirtschaftskrise, Arbeitsmarktkrise, Tourismuskrise, Finanzkrise… aber bei zumindest einer Krise können wir aktiv etwas tun, um sie zu vermeiden: bei der Beziehungskrise!
Klar, auch auf uns hat sich die Corona-Zeit ausgewirkt. Während ich (Elisabeth) arbeitsmäßig mehr als voll im Einsatz war, war Johannes „neben“ Homeoffice und Arbeitsaufträgen mit Fernunterricht für seine Ausbildung die meiste Zeit für Kinder, Haushalt, Garten, Verpflegung, Tiere und Familienmanagement zuständig.
Anfangs fiel uns das gar nicht so auf – aber mittlerweile spüren auch wir: unsere Energie ist ganz schön weit unten. Glückliche Familienzeit? Locker-flockiges Home-Schooling? Viel Freizeit und Genussmomente? Weit davon entfernt!
Paarzeit bleibt auf der Strecke
Natürlich sind wir froh und dankbar, dass wir unsere Kinder ausschließlich Zuhause betreuen konnten und möchten das soweit wie möglich auch weiterhin tun. Damit aber alles rund läuft und erledigt werden kann, ist unsere Paarzeit ganz schön auf der Strecke geblieben.
Durch einige Durststrecken in den vergangenen Jahren haben wir zum Glück einen ganz guten „Rucksack“ an Krisen-Beziehungs-Management aufgebaut.
Was hilft uns also, dass aus dieser Corona-Krise nicht auch eine Beziehungs-Krise wird?
Beziehungsstress – die Trigger
Es gibt ja schon Studien über so ziemlich alles! Auch über Auslöser für Beziehungsprobleme natürlich – und einige dieser „Trigger“ sind ziemlich aktuell: Geld, Job, unsichere Zukunftsaussichten, Überlastung in der Familie, fehlende Pausen, Probleme in der Kommunikation…
Kein Wunder also, wenn die Beziehung momentan eher angespannt ist. Umso besser ist es, wenn man weiß, warum das so ist und wie man damit umgehen kann.
Eine Krise ist immer auch eine Chance. In einer Beziehung bedeutet das, dass man sich und den anderen dadurch besser kennen lernen kann und dadurch näher zusammenwächst. Nicht umsonst heißt es: „Durch Reibung entsteht Wärme!“. Dafür muss man aber dem anderen auch Nähe geben, das heißt konkret: Gerade jetzt auch Zeit Miteinander verbringen, die nicht nur Organisatorisches beinhaltet.
Planung hilft
Wer uns schon ein bisschen kennt, weiß, dass wir Planer sind. Geworden sind – ehrlicherweise, denn das war nicht immer so. Es ist ja auch nicht gerade romantisch, mit dem Kalender einige Stunden zu suchen, die nur uns gehören. Aber wir haben gemerkt, dass das unromantische Planen für uns die Basis für entspannte gemeinsame Stunden ist.
Da macht es eigentlich keinen Unterschied ob Corona oder Alltag ist, denn Paarzeit sollte fix eingeplant werden! Wir merken, dass gerade mit Johannes´ Ausbildung, für die er drei Abende nicht Zuhause ist (oder jetzt eben: drei Abende fix verplant ist), nicht sehr viel Zeit bleibt.
Was bedeutet das für uns?
Wir schauen uns am Wochenende kurz die nächste Woche an. Wo ist überhaupt noch etwas frei? Was wollen wir gemeinsam tun? Das ist übrigens nicht gleichbedeutend mit „wir sollten eigentlich wieder einmal die Filter wechseln“ oder „die Rechnungen müssen wir dringend bearbeiten“ – Nein! Ehezeit heißt: miteinander Qualitätszeit verbringen.
Qualitätszeit – wie wertvoll bist du mir?
Qualitätszeit muss nicht unbedingt heißen, dass es jedes Mal etwas Außerordentliches sein muss. Ganz im Gegenteil, gerade in Traditionen und liebgewonnenen Ritualen liegt viel Qualität!
Diese Zeit ist uns etwas wert: das Handy ist auf lautlos, die Arbeit ist erledigt, wir achten auf unsere Befindlichkeit.
Manchmal kommen wir schnell ins Gespräch und schon sind zwei Stunden vergangen. Da merken wir dann: wir hatten schon lange keine Gelegenheit, uns ungestört auszutauschen. Am Esstisch neben den Kindern kommen derzeit definitiv keine ausführlichen Gespräche zustande.
Worüber machen wir uns momentan Gedanken?
Wir erleben an diesen Abenden oft, dass uns innerlich etwas beschäftigt und bewegt, das wir besprechen sollten oder möchten. Alleine durch das Zuhören des anderen wird vieles klar(er)! Uns ist es dabei wichtig, dass wir die Überlegungen nicht werten – wir versuchen wirklich zu verstehen, worum es geht. Wenn der Gesprächsstoff einmal ausgehen sollte oder man einfach neue Seiten am Partner entdecken möchte, empfehlen wir gern die „Gespräche der Liebe für Paare“ (Gary Chapman). Da gibt es einfache, witzige, tiefsinnige und herausfordernde Fragen, die man sich abwechselnd stellt und beantwortet.
Qualtitätszeit bedeutet aber manchmal auch, gemeinsam die Lieblingsserie zu schauen, ohne viele Worte. Oder: wenn im Kinderzimmer Ruhe eingekehrt ist, die Lieblings-Schoki zu teilen, ein Entspannungsbad zu genießen, im Garten oder vom Balkon aus den Sonnenuntergang zu beobachten.
Ich kann nicht mehr!
Vielleicht habt ihr sehr feine Antennen, wenn es eurem Partner nicht gut geht, vielleicht merkt ihr es auch erst wenn es (fast) zu spät ist. Gerade jetzt passiert es – verständlicherweise – öfter, dass plötzlich alles zu viel wird! Man macht sich Sorgen, schläft vielleicht schlechter, hat tagsüber keine Pausen, es ist lauter als sonst, die Kinder streiten möglicherweise mehr, die Freunde hat man schon ewig nicht mehr getroffen, raus kommt man auch nicht wirklich… kein Wunder, dass die Belastung steigt und der Energiepegel sinkt!
Wir merken, dass es wichtig für uns ist, dass jeder auch ein bisschen Freiraum und Alleine-Zeit bekommt. Selbst im normalen Alltag ist das bei uns oft nur eine viertel Stunde, wenn man von der Arbeit los fährt und die Kinder abholt; oder ein geschenkter Nachmittag, wenn die Großeltern mit den Kindern unterwegs sind.
Deshalb suchen wir auch dafür – teils kreative – Möglichkeiten und sind einander dankbar dafür. Ein Abendspaziergang mit dem Hund, eine Stunde lesen im Schlafzimmer, eine kurze Runde am Rad, ein ungestörtes Telefonat mit der Freundin, ein ruhiger Moment in der Kirche… wir suchen und finden immer wieder Möglichkeiten, kurz aus dem derzeitigen Alltag auszusteigen und ein bisschen aufzutanken.
Beziehungspflege ist eine Priorität
Sicher sind Hygiene, Organisation und Haushalt im Moment wichtig. Auch wir möchten alles im Griff haben und für ein ordentliches Zuhause sorgen.
Doch wenn Corona vorbei ist – was bleibt dann?
Unsere Beziehung sollte alle Krisen, Viren und Ausnahmezustände überleben! Sicher, wir sind auch oft müde und es ist manchmal anstrengend, sich dann noch Zeit füreinander zu nehmen.
Doch genau so, wie wir uns jetzt um Masken und Desinfektionsmittel kümmern, müssen wir uns um den Partner und unsere Ehe kümmern. Wir müssen aufmerksam bleiben für die „Viren“, die unserer Beziehung schaden und das Immunsystem unserer Ehe aufbauen! Wie eine Impfung gegen Krankheiten, braucht es immer wieder eine Dosis Liebe und Zeit füreinander. Dann wird unsere Beziehung gepflegt und gestärkt an dieser Krise wachsen!