Buchrezension: Geschwister, eine ganz besondere Liebe

Nicht jeder kennt sie, diese einzigartige Beziehung, die oft zwischen Liebe und Abneigung schwankt: die Beziehung unter Geschwistern. Doch diejenigen, die mit Geschwistern aufgewachsen sind oder mindestens zwei Kinder haben, werden dieses Buch hilfreich finden. Als vierfache Mutter und älteste Schwester von insgesamt sieben Kindern hat mich der Titel besonders angesprochen.

Geschwister zu haben, ist etwas sehr Schönes, Bereicherndes. Aber es bringt auch Herausforderungen mit sich. Jedes einzelne Geschwisterkind möchte gesehen und wertgeschätzt werden, wodurch es schon auch mal zu Rivalitäten kommen kann. Sehr schnell fühlt sich jemand übergangen oder übervorteilt, egal wie sehr die Eltern sich auch um Fairness bemühen.

„Geschwisterlichkeit – da sind sich alle einig – ist die längste Beziehung, die man eingeht. Selbst verstorbene Geschwister gehören dazu. Und auch wenn man sich im Streit getrennt hat und keinen Kontakt mehr haben will, bleiben Geschwister ein unauslöschlicher Teil der eigenen Biografie.“ (S. 19)

Jan Uwe Rogge (Familienberater) und seine beiden Mitautoren Alu Kitzerow (Zukunftsforscherin) und ihr Mann Konstantin Manthey (Theologe) haben aus ihren Alltagserfahrungen ein Buch für den Alltagsgebrauch geschrieben und gehen darin auf verschiedenste Fragen rund um diese Thematik ein. Besonders wertvoll sind die vielen Fallbeispiele. Dabei geht es zuerst um Grundlagen wie Entwicklungsfragen, Positionen und Rollen, Rivalität und Streitkultur später dann auch um spezifische Herausforderungen und Konstellationen.

Geschwisterbeziehungen

Aus der Mutterperspektive betrachtet, ist für mich das Thema „Geschwisterbeziehungen“ besonders interessant. Sehr oft schon habe ich darüber nachgedacht oder auch damit gerungen, wie man einerseits als Mama gerecht sein, aber auch jedem Kind individuell gerecht werden kann. Natürlich versucht man als Elternteil, jedes Kind „gleich“ zu behandeln und fair zu sein, aber die Bedürfnisse sind nun mal unterschiedlich und komplette „Gleichbehandlung“ wäre einerseits unmöglich, andererseits auch wieder ungerecht.

„Eltern sind wie Gärtner, die darum wissen.“ (S.20), so einer der Autoren. „Manche brauchen viel Wasser, andere wenig, weil sie sonst ertrinken. Einige benötigen viel Sonne, andere wenig, weil sie sonst verdorren.“

Aufgabe der Eltern ist es, individuell auf die Bedürfnisse jedes Kindes einzugehen. In jeder Familie gibt es unterschiedliche Persönlichkeiten: die lauten, die bunten, die eher stillen...Schon in meiner Jugendzeit und auch etwas später, als langjährige Jugendleiterin wurde mir klar, dass jedes Kind, jeder Jugendliche eine andere Art von Aufmerksamkeit braucht, um sich wahrgenommen zu fühlen und sich gut entfalten zu können. Erziehung ist eine hohe Kunst - eine gesunde Mischung aus Wahrnehmung, Grenzensetzen, Ermutigung, Förderung und Herausforderung - und braucht viel Selbst-Wahrnehmung, Authentizität, Toleranz und Geduld.

Man kann nicht jeden "happy" machen

Bei meinen eigenen Kindern, die nun fast alle im Teenageralter sind, finde ich dies besonders herausfordernd. Meine drei Jungs und eine Tochter könnten unterschiedlicher nicht sein und immer wieder stoße ich im Alltag an meine Grenzen bei dem Versuch, alle gleich happy zu machen. Allein die Wahl eines Ausflugsziels grenzt manchmal an ein unlösbares Problem, mit dem Ergebnis, dass wir dann eben manchmal nichts Spezielles unternehmen. Das frustriert mich als Mama zwar manchmal, denn ich liebe Ausflüge, aber es hat auch keinen Sinn, irgendwen zu zwingen. Da ist es manchmal klüger, in kleineren Grüppchen unterschiedliche Dinge einzuplanen, eventuell Freunde der Kinder mitzunehmen und die Unwilligen eben zu Hause zu lassen.

Die Autoren gehen auf auch verschiedene spezielle Situationen ein wie Zwillinge, Pflege- oder Adoptivkinder, behinderte Kinder oder auch Trauer und Tod. Ein Kapitel ist Familien gewidmet, die Trennung erleben und folglich mit Patchworksituationen zurechtkommen müssen. Das kommt leider auch immer wieder in christlichen Kreisen vor und ist ein wichtiges Thema unserer Zeit. Ich finde es sehr wertvoll, dies zu thematisieren. Auch hier betonen die Autoren: „Das Bedürfnisprinzip – also die Frage, wonach ein Kind verlangt und was es braucht – ist wichtiger als das Gleichheitsprinzip.

Geschwisterkinder, egal in welcher Konstellation und Beziehung, brauchen Nähe, Zuwendung und Geborgenheit.“ (S. 220) Entscheidend ist, ob die Bedürfnisse des Kindes nach Annahme und Halt befriedigt sind. Dann kann es aushalten, wenn eine (Halb-)Schwester oder ein (Stief-)Bruder eine andere Art von Zuwendung bekommt. Aber alles hat seine Zeit – und dann braucht es seine Zeit.

Zum Abschluss gibt es noch Einblicke in die Welt von „Regenbogenfamilien“ und ein Kapitel, in dem die Rolle der Großfamilie erläutert wird. Bekanntlich braucht es ja ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Die Autoren tragen meiner Meinung nach mit ihrem Buch einen guten Teil dazu bei, realistische und ermutigende Geschichten von dieser abenteuerlichen Reise zu erzählen.

Buch bestellen:

Geschwister, eine ganz besondere Liebe

von Jan-Uwe Rogge, Alu Kitzerow, Konstantin Manthey

19,99 €

 

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