Corona-Großdemos: Bischof ruft zum "Runterkommen" auf
Innsbrucker Bischof Hermann Glettler warnt davor, Polarisierungen Zutritt in den Privatbereich zu überlassen - "Nachdenken, wofür sich Sorge und Empörung lohnen und wofür nicht".
Zum Schutz menschlicher Beziehungen vor der momentan polarisierenden Gesellschaftsdebatte hat Bischof Hermann Glettler aufgerufen. "Lassen wir uns doch nicht unsere Beziehungen wegen einiger Themen, die gegensätzlich diskutierbar sind, verderben. Versuchen wir, den vielen Polarisierungen mit einem inneren Frieden zu begegnen, auf Widerstände versöhnt zu reagieren - und nicht mit neuer Aggression und Abwehr", appellierte der Innsbrucker Oberhirte in seiner Predigt am ersten Adventsonntag. Die Vorbereitungszeit auf Weihnachten solle dafür genutzt werden, "uns für das Gute zu entscheiden" und "füreinander verlässlich da zu sein".
Frei ist, wer sich nicht nur von den eigenen Interessen steuern lässt, sondern Verantwortung für die Gemeinschaft wahrnimmt.
Derzeit gäbe es das "Gegenteil eines entspannten und versöhnten Lebens", nahm Glettler Bezug auf jüngste Corona-Großdemonstrationen in österreichischen Landeshauptstädten. Dabei beobachte er "aufgeschaukelte Emotionen, lautstark hinausgebrüllte Vorwürfe und was am meisten schmerzt, die Unfähigkeit, miteinander im engsten Kreis von Familien, Gemeinschaften und Arbeitskollegen noch gut zu sprechen". Das Reizthema Impfung vermenge sich mit der "ohnehin latent brodelnden Systemwut, die sich auf alles und gegen alles richtet", was ein "wahrlich toxischer Mix" sei.
Glettler forderte zum "Runterkommen, Nachdenken und Umkehren" sowie zu "Einsicht und Lernbereitschaft" auf, wobei er besonders die Demonstranten meinte. Deren aufgeheizte Stimmung, genährt von "Übertreibungen" und Verschwörungstheorien, mache Menschen "unzugänglich für vernünftige Argumente". Politikern pauschal zu unterstellen, sie würden nicht grundsätzlich Gutes beabsichtigen, halte er für "respektlos und verletzend", sagte der Bischof, der zudem ein rechtes Verständnis von Freiheit einmahnte: Frei sei, "wer sich nicht nur von den eigenen Interessen steuern lässt, sondern Verantwortung für die Gemeinschaft wahrnimmt".
Advent ist die Zeit, sich für das Gute zu entscheiden, es ganz entschieden in Allem zu suchen und zu schützen.
Die Krise sollte zu "mehr Diskursfähigkeit" führen, hoffte der Bischof. Um voreilige Verurteilungen zu vermeiden, sei "große Sorgfalt im Hinhören auf das, was Sache ist" nötig - "gerade gegenüber kritischen Stimmen, die uns aus dem subjektiven Meinungsghetto herauslocken". Ein Nachdenken darüber, "wofür wir unsere Energie einsetzen wollen, wofür sich Sorge und Empörung lohnen und wofür nicht", sei wichtig, weiters auch ein "Herausnehmen des Belastenden aus den Beziehungen" und "Versöhnung". "Advent ist die Zeit, sich für das Gute zu entscheiden, es ganz entschieden in Allem zu suchen und zu schützen", unterstrich Bischof Glettler.