Erziehen ohne auszurasten: 5 Tipps
Es gibt die Momente im Elternalltag, wo einfach alles zu viel wird. Und es gibt Tricks, die Mütter anwenden können, um nicht loszuschreien, sondern die Spannung anders abzubauen. Oft sind es kleine Veränderungen der alltäglichen Abläufe, die viel bewirken.
Es gibt kaum eine Mutter, die es nicht schon erlebt hätte. Der Tag war lang und anstrengend. Ein Kind bekommt Zähne und kommt aus dem Raunzen nicht heraus. Das zweite hat schon zum dritten Mal heute in die Hose gemacht, sodass sich ein Berg Wäsche türmt. Das Kinderzimmer – eigentlich die ganze Wohnung – ist ein Chaos, und obwohl es schon Abend ist, scheint die Zeit, bis alle im Bett landen, eine Ewigkeit zu dauern. Jeder möchte noch alles Mögliche, alles, außer sich den Pyjama anziehen oder sein Zimmer aufräumen. Müde scheint hier nur die Mutter zu sein. Dunkle Wolken ziehen sich in ihrem Inneren zusammen, ein „Gewitter“ naht. Als zum vierten Mal ein Kind mit einer neuen Bitte aus dem Kinderzimmer stapft und ihren wohlverdienten Abend um weitere 10 Minuten verkürzt, steigert sich ihr innerer Zustand zu einem Wutanfall, der sich gewaschen hat.
Schimpfen, schreien, drohen, bestrafen – alles prasselt dann in einem auf das Kind herab, bis sie ihren Spannungszustand „entladen“ hat. Kurze Zeit später schleicht sich dann schlechtes Gewissen ein, ob sie nicht doch etwas zu weit gegangen ist, ob ihre Reaktion nicht doch etwas überzogen war. Schließlich sind es doch nur Kinder. Und schließlich können sie ja recht brav sein, wenn sie wollen.
Bei manchen Müttern hat sich dieser „Entladungsmechanismus“ schon zu einer gewissen Regelmäßigkeit gewandelt, gepaart mit dem schlechten Gewissen, das meist damit verbunden ist und das uns dazu veranlasst, angedrohte Konsequenzen wieder aufzuheben oder wiederum übertrieben nachgiebig zu sein.
Dieser Zickzackkurs lässt jede Mutter unzufrieden mit sich selbst zurück, wirkt sich nicht gerade wohltuend auf das Verhältnis zu den Kindern aus und führt selten zu einer Verhaltensveränderung bei Letzteren.
Wutanfälle bringen uns in der Erziehung nicht weiter
Klar gibt es Situationen, in denen es notwendig sein kann, etwas Lautstärke zuzulegen, um auf die Wichtigkeit unserer Forderung aufmerksam zu machen. Eltern sind Menschen und keine Erziehungsroboter, sie dürfen daher ruhig auch mal signalisieren, dass es „nun endlich genug ist“, „dass es ihnen reicht“. Wolfgang Bergmann sprach immer wieder davon, dass Kinder ununterbrochene Harmonie nicht ausstehen können, sie brauchen die Höhen und Tiefen einer menschlichen Auseinandersetzung.
Ein Ausrasten bringt uns in der Erziehung jedoch nicht weiter. Es dient nur dem Aggressionsabbau und der ist auch anders möglich. Oder einem Durchsetzenwollen von Macht, wobei Schreien und Drohen vielmehr ein Zeichen von Hilflosigkeit und Schwäche ist. Ausrasten bedeutet meist, dass wir nicht mehr unter Kontrolle haben, was und wie wir Dinge sagen. Wir liefern uns, ohne es zu wollen, der Gefahr aus, unsere Kinder mit Worten zu verletzen oder zu demütigen.
Was kann eine Mutter tun, um solche „Ausraster“ zu vermeiden?
# Arbeiten Sie an Ihrer Grundstimmung
Unserer Leichtigkeit auszurasten liegen oft ganz andere Probleme zugrunde, die mit unseren Kinder gar nicht oder nur indirekt zu tun haben. Leiden wir unter chronischer Übermüdung oder sind wir sonst körperlich nicht fit? Fehlt uns einfach eine regelmäßige Erholungspause oder ist es schlicht die dauerhaft unordentliche Wohnung, die uns nervös macht? Oder sind es Probleme in unserer Ehe, die uns zu sehr belasten?
All dem sollte Abhilfe geschaffen werden, damit wir wieder mit mehr Energie und einer positiven Einstellung an unsere Erziehungsarbeit herangehen können. Auch im Flugzeug werden Eltern dazu angewiesen, zuerst die eigene Sauerstoffmaske anzuziehen, bevor sie ihren Kindern helfen können.
# Problemzonen ausfindig machen
Oft sind es ganz bestimmte Abläufe mit unseren Kindern, die in uns nach und nach eine schlechte Stimmung aufbauen. Die morgendliche Hektik vor dem Weggehen, Autofahrten, bei denen immer gestritten wird, ein unharmonischer Abschied im Kindergarten, das Schlafengehen abends. Finden Sie heraus, wie diese Abläufe verbessert oder entschleunigt werden könnten.
Vielleicht braucht es mehr Zeit für jede dieser Tätigkeiten, eine ruhige Musik im Hintergrund oder ein neues Ritual, das zur allgemeinen Beruhigung verhilft. Auch ganz kleine Veränderungen können oft Wunder wirken.
# Die Handlungen unserer Kinder nicht persönlich nehmen
Besonders wenn Müdigkeit und blanke Nerven in uns die Oberhand gewinnen, wirken die Handlungen der Kinder auf uns oft so, als würden sie nichts anderes im Sinn haben, als uns ärgern zu wollen. Wir empfinden dann alles, was sie tun, als noch langsamer, als noch unkooperativer als sonst. Reagieren wir daraufhin besonders ungeduldig und unwirsch, erreichen wir das Gegenteil von dem, was wir uns in dem Moment erwünschen und schaukeln die Situation noch mehr hoch. Gehen wir nicht automatisch davon aus, dass Kinder etwas Böses im Schilde führen.
# Negative Gedanken in den Griff bekommen
Meistens sind es Gedanken des Ärgers, die sich in uns verdichten, die dem „Gewitter“ zum letztendlichen Ausbruch verhelfen. Wobei sich dieser Ärger oft gar nicht auf das unmittelbare Verhalten des Kindes bezieht – das unaufgeräumte Zimmer, die Unwilligkeit ins Bett zu gehen – sondern oft tiefer steckt. Der Ärger darüber, dass man den ganzen Tag schon in Dingen nachgegeben hat, die einem eigentlich wichtig waren und das Kind das überhaupt nicht würdigt. Oder der Ärger darüber, dass dem Kind egal ist, was wir ihm gerade sagen. Dass man ein Kind hat, das anders ist, als wir es uns vorgestellt haben oder dass wir manchen Situationen einfach nicht gewachsen sind. Dass das Kind undankbar ist und nicht immer so gut gelaunt, wie wir uns das wünschen.
Dieser bewusste oder unbewusste Ärger ist es manchmal, der uns in einen Wutanfall hineintreibt, der dann deswegen schon unangemessen ist, weil das Kind vordergründig ja nur keine Lust zum Aufräumen hatte. Versetzen wir uns in solchen Situationen in die Lage des Kindes oder überlegen wir uns, was wir als Kind getan haben.
Versuchen wir unsere negativen Gedanken zu kontrollieren und nicht zu sehr ins Negative abzudriften. Vielleicht wird es ja in Zukunft notwendig sein, konsequenter zu sein oder sich vorzunehmen, unser Kind mehr anzunehmen, wie es ist.
# Ablenken und innere Spannung abbauen
Ist es einmal so weit, dass Sie wieder auf Hundert sind, versuchen Sie, Ihre innere Spannung anders abzubauen. Verlassen Sie den Raum, bevor Sie losschreien möchten, und atmen Sie mehrmals tief durch. Rufen Sie jemanden an, der Sie kurzfristig auf andere Gedanken bringt und wenn es nur der Arzttermin ist, den Sie schon die ganze Zeit ausmachen wollten. Oft genügen ein paar Sekunden, um die Fassung wiederzugewinnen. Dann können Sie in aller Ruhe Ihren Kindern klarmachen, was Ihnen gerade gar nicht gefallen hat und warum, bzw. über passende Konsequenzen nachdenken.
Meist fühlt man sich herrlich, wenn man es geschafft hat, seine Wut ohne Schreianfall zu kanalisieren. Eltern haben dann ihr Verhältnis zum Kind nicht unnötig belastet und mit Gelassenheit und Konsequenz viel mehr bewirkt als durch Schreien und meist überzogene Drohungen.