„Erziehung ist (k)ein Kinderspiel!“ - Der Druck, eine Lösung finden zu müssen!

Wenn wir allzu eifrig nach Lösungen für unsere Kinder suchen, verhindern wir, dass sie ihre Lösungen selbst finden und daran wachsen.

Hier ein Fallbeispiel:

Wenn Ihr Kind klagt: „Mama, alle Kinder sind zum Spielplatz gegangen und ich habe niemanden, mit dem ich spielen kann!“ dann will es meist nur seine Befindlichkeit ausdrücken. Aber viele Eltern fühlen einen Lösungsdruck, weil sie helfen wollen.  Typischer Dialog: „Willst du Lego spielen?“ – „Nein!“ – „Oder mit der Puppe?“ – „Hab keine Lust!“ Es frustriert die Eltern, wenn ihr Kind jeden gut gemeinten Vorschlag zurückweist. Das Kind zeigt sich uneinsichtig. Das irritiert! Ist Ihnen dann bewusst, dass Sie diesen Zustand selbst hervorgerufen haben?

 

Sie fühlen sich unter Druck und machen Druck.

Sie reagieren, anstatt zu agieren. Wenn Sie mit Schuldgefühlen und Nachgeben reagieren, wird Ihr Kind bald einen Vorteil für sich entdecken und dieses „Spielchen“ kann zum gängigen Muster werden. Ohne es zu merken, machen Sie Ihr Kind möglicherweise zum kleinen Tyrannen, der Sie gekonnt manipuliert, dem nichts gut genug ist und immer höhere Forderungen stellt – oder Sie manövrieren sich durch schroffe Ablehnung in Machtkämpfe hinein.

 

Wo liegt das Missverständnis?

Wenn jemand seine Befindlichkeit ausdrückt, so ist das ein ganz natürliches menschliches Grundbedürfnis und es geht darum, ernst genommen und verstanden zu werden, nicht um Lösungen. Wenn Sie sagen: „Mir ist kalt!“ wollen Sie auch nicht gleich „Zieh die Jacke an!“ hören, sondern brauchen nur jemanden, der Ihnen zuhört und der Sie versteht. Deshalb nehmen Sie die Klage einfach nur zur Kenntnis und zeigen Sie Verständnis!

 

Auf aktives Zuhören umschalten

Schauen wir uns das obige Beispiel nochmal an. Sicher erraten Sie, wie sich Ihr Kind jetzt gerade fühlt, wenn es zu Hause bleiben muss, anstatt mit den anderen auf den Spielplatz zu gehen. Drücken Sie dieses Gefühl in Worte aus, spiegeln Sie es dem Kind zurück: „Du bist enttäuscht, dass du zu Hause bleiben musst und dir ist nun langweilig...“ Damit drücken Sie aus „Ich verstehe dich und trau dir zu, dies auszuhalten oder selbst eine Lösung zu finden.“ – Selbst dann, wenn vom Kind die rhetorische Frage kommt: „Was soll ich tun?“ Geben Sie den Ball mit einer Frage zurück, statt gleich etwas vorzuschlagen: „Worauf hättest du denn Lust?“ Lassen Sie Ihr Kind Vorschläge machen, das stärkt seine Kompetenz und Sie können eine gute Gesprächsbasis herstellen.

 

Das Kind will sich in seinem inneren Klärungsprozess unterstützt fühlen und die Lösung selbst finden.

Verständnis vorausgesetzt, bedarf es oft gar keiner Lösung. Ihr Kind wird antworten: „Ja, mir ist langweilig, aber ich weiß, dass ich nicht mitgehen kann, weil ich noch krank bin.“ Kinder sind erstaunlich vernünftig und einsichtig, wenn man es Ihnen zutraut und ihre Probleme von ihnen selbst lösen lässt. Nichts spricht dagegen, auf seinen Lösungsvorschlag einzugehen, zum Beispiel „Komm spiel mit mir Lego!“, wenn Sie dafür Zeit haben. Aber die Kommunikation läuft um vieles besser, wenn jeder für seine eigenen Gefühle und Angelegenheiten zuständig ist, beim anderen Verständnis findet, ohne gleich Lösungen aufgedrängt zu bekommen, die man eigentlich nicht will – oft einfach nur deshalb, weil sie vom anderen kommen, denn – intuitiv – fühlt man sich bevormundet.

 

 

Es ist Ihre Fantasie „Mein Kind braucht eine Lösung und Ich bin dafür zuständig.“

 

Wenn man sich für alles zuständig fühlt, ist man aber bald damit überfordert. Man landet im Helfersyndrom und erntet eher Abfuhr statt Dankbarkeit. Das Kind wird innerlich unzufrieden, weil es ja seiner Möglichkeit beraubt wird, Kompetenzen zu entwickeln.

 

 

Die Regel lautet: Wenn Ihr Kind Probleme hat, braucht es keine Lösungen, sondern Verständnis!

 

Es braucht Ihr Vertrauen, dass es die Lösung selbst finden wird – gerne mit Ihrer kompetenten Begleitung. Stellt sich heraus, dass Ihr Kind Ihre Hilfe wirklich wünscht oder benötigt, dann wird es Ihren Rat umso lieber annehmen, wenn es sich zuerst verstanden und akzeptiert fühlt.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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