Erziehung ist (k)ein Kinderspiel: Emotionen und Rationalisierungen
Manchmal ist es schwer verständlich, warum Kleinigkeiten große Gefühlsausbrüche auslösen können. Übrigens nicht nur bei Kindern. Hier ein Fallbeispiel.
Eine harmlose Alltagssituation
Thomas, 5, ist am Spielplatz hingefallen und hat sich weh getan. Autsch, das Knie tut weh. Thomas steht auf, reibt sich das Knie und möchte gleich weiterspielen. Ein Vater fragt, mehr zum Spaß „Sollen wir dich ins Krankenhaus bringen? Thomas verneint und spielt weiter.
Wie schnell sich Kinder hinein steigern können
Den ganzen Tag hat sich Thomas gut benommen, war aufmerksam, lustig und tapfer. Zu Hause angekommen, wird er wie immer von seinem Papa herzlich begrüßt. Auf die Frage „Wie geht’s?“ kommen die Emotionen hoch: „Ich habe mir weh getan! Mein Knie blutet!“ Papa schaut sich das Knie an und meint: „Nein, es blutet nicht!“ Darauf der Junior „Doch, es blutet!“ und fängt an zu Heulen. Papa klärt die Fakten: „Ich verstehe, dass es weh tut, aber es blutet nicht!“ Thomas beharrt „Es blutet“ und steigert sich hinein, je mehr der Vater versucht, es ihm auszureden, weil es ja tatsächlich nicht blutet. Jetzt wird es dem Vater zu dumm und er schickt Thomas auf sein Zimmer „Jetzt beruhige dich einmal und dann sehen wir weiter!“ Nur langsam beruhigt sich das Kind.
Warum erst zu Hause die Emotionen hochkommen
Wie kommt es zu diesem irrationalen Gefühlsausbruch? Um die Dynamik zu verstehen, müssen wir in Betracht ziehen, dass die Ankunft zu Hause, nach den Anforderungen und Ereignissen eines ganzen Tages, ein sehr emotionaler Moment ist. Da kann Thomas endlich loslassen, bei seinem geliebten Papa. Heute, mit dieser kleinen Verletzung, ist das besonders wichtig. Deshalb irritiert es Thomas, dass Papa seine Version ablehnt. Und deshalb spielt es keine Rolle, ob das Knie tatsächlich blutet oder nicht.
Im Moment ist er für rationale Fakten nicht zu haben.
Nicht darauf beharren, recht zu haben
Wahrscheinlich hätte sich Thomas schneller beruhigt, hätte der Vater nicht darauf beharrt, recht zu haben, sondern gesagt „Du hast dein Knie geschürft. Das tut wirklich weh, so als würde es bluten.“ Ich denke, das hätte Thomas akzeptieren können. Danach braucht er nur noch eine feste Umarmung. Oder einfach nur: OK, was brauchst du jetzt?“ Emotionen können nicht rational diskutiert werden, zuerst braucht es vor allem die Annahme der Gefühle.
Wenn uns die Emotionen überwältigen, sind wir für rationale Argumente nicht zugänglich.
Das wussten Sie schon?! Aber in der Situation denkt oft auch ein geübter Helfer nicht daran.