Hilfe, mein Kind nässt ein! Was hilft?
5 Ratschläge einer erfahrenen Einnässer-Mama.
1. Gelassenheit üben
Ich kenne sie gut, die Sorgen um das eigene Kind, wenn es einnässt - in unserem Fall nicht nur nachts, sondern auch tagsüber und ja, auch noch mit 6 Jahren, phasenweise mehrmals täglich. Ich kenne die Sorgen, die einen als Eltern eines einnässenden Kindes beschäftigen:
- Wie können wir unserem Kind helfen?
- Was sind die Ursachen? Ist alles o.k. mit meinem Kind?
- Was, wenn mein Kind deshalb gemobbt wird? Wie wird es damit zurechtkommen? Wie kann ich es für diesen Fall vorbereiten und innerlich stärken?
- Braucht mein Kind nur mehr Zeit? Oder braucht es spezielle Unterstützung?
All das sind berechtigte, gute und wichtige Fragen. Und doch sind Fragen nicht alles!
Denn so viel wir uns auch sorgen - unsere Fragen werden dadurch meist nicht beantwortet und das Problem nicht gelöst. Was ich bisher gelernt habe:
Je mehr Sorgen wir uns machen, desto mehr Druck entsteht in uns selbst.
Diesen Druck spüren unsere Kinder - auch wenn wir uns bemühen, ihn nicht weiterzugeben.
Das Problem des Einnässens soll nicht das Leben meines Kindes bestimmen - und auch nicht mein Denken über mein Kind.
Denn: Mein Kind ist so viel mehr als die Summe seiner Probleme.
Es ist daher sinnvoll, sich um Gelassenheit zu bemühen. In christlichen Worten ausgedrückt: Dem inneren Frieden bewusst und aktiv nachzujagen (vgl. Psalm 34,15).
Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass wir Eltern auf das Einnässen unseres Kindes verständnisvoll und ohne Vorwürfe reagieren sollten. Ja, das ist nicht immer einfach. Es hilft, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen: Einnässen ist auch für das Kind unangenehm. Wie wahrscheinlich ist es, dass es das absichtlich macht? Ganz genau: Sehr unwahrscheinlich. Ihr Kind schafft es einfach noch nicht. Genau deshalb braucht es jetzt Ihre Unterstützung, Liebe und Ermutigung.
Tipp: "Wenn Sorgen um Kinder uns niederdrücken" - In diesem Artikel auf meinefamilie.at berichtet eine Mutter, welche Angewohnheiten ihr helfen, gut mit ihren Sorgen umzugehen und damit mehr Gelassenheit zu kultivieren.
2. Fakten kennen (-lernen)
Die Fakten zu kennen hilft, die eigenen Sorgen in eine realistische, hoffnungsvolle Perspektive zu setzen. Das bedeutet, mir selbst klar zu machen: “Ja, Einnässen ist für mein Kind und uns Eltern ein belastendes und einschränkendes Problem. Aber: Gemeinsam werden wir es schaffen! Die Chancen dafür stehen gut.” Folgende Fakten in Erinnerung zu rufen, kann helfen:
- Einnässen ist bei 99% der Kinder ein zeitlich begrenztes Problem
Statistisch gesehen gehört “das Einnässen zu den häufigsten Störungen des Kindesalters. Nachts nässen 25 % der Vierjährigen, 10 % der Siebenjährigen, 1–2 % der Jugendlichen und 1 % der Erwachsenen ein.”* Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Ihr Kind die Blasenkontrolle in absehbarer Zeit noch erlernt, ist also sehr hoch.
- Einnässen ist kein lebensbedrohliches Problem
So unangenehm und belastend Einnässen auch ist - es ist nicht lebensbedrohlich. Selbst wenn mein Kind das Einnässen länger nicht in den Griff bekommen sollte, gibt es im Fall der Fälle Windeln in allen Größen.
- Gott ist größer als unsere Schwierigkeiten.
Gott steht über allem. Das, was mir wie ein unüberwindbarer Berg erscheint, ist für ihn nur ein Kieselstein. Ich mag nicht verstehen, warum er es zulässt, aber ich weiß: Mein Gott ist mit mir.
3. Kleidung anpassen
Sowohl bei nächtlichem Einnässen als auch bei Einnässen tagsüber stellt sich die Frage: Zurück zur Windel oder nicht? Diese Frage kann nur jede Familie für sich beantworten. Bei der Entscheidungsfindung kann es hilfreich sein, folgendes zu berücksichtigen:
- Häufigkeit des Einnässens (z.B. einmal wöchentlich oder mehrmals täglich),
- Ort des Einnässens (z.B. nur zu Hause oder auch im Kindergarten und in der Schule)
- Menge des Urinverlusts (Tröpfchenweise oder ganzer Blaseninhalt)
- Belastungsdruck durch das Einnässen
- Alter usw.
Kommt es unregelmäßig tagsüber zum Einnässen, kann es hilfreich sein, dem Kind bewusst schwarze und dunkelblaue Hosen anzuziehen, um beschämende Situationen und Mobbing durch andere Kinder zu vermeiden.
4. Ursachen abklären (ab circa 5 Jahren)
Es ist wichtig, die Ursache zu kennen. Denn nur so kann gezielt geholfen werden. In erster Linie hat das “Reinwerden” laut einer uns beratenden, spezialisierten Ärztin mit der Hirnreife zu tun. Dies sei ein komplexer Prozess - da helfe nur Geduld!
Viele Ärzte empfehlen eine Abklärung daher erst ab einem Alter von etwa 5 Jahren.
Trotzdem gibt es auch Kinder, bei denen organische (z.B. zu geringe Blasenkapazität), seelische (z.B. Einnässen aufgrund großer Lebensveränderung) oder verhaltensabhängige (z.B. ungünstiges Trinkverhalten) Ursachen vorliegen. Gut zu wissen: Bettnässen hat auch eine erbliche Komponente. In unserem Fall beispielsweise hatte auch ein Onkel längere Zeit mit Bettnässen zu kämpfen.
Da Bettnässen für Betroffene eine hohe Belastung darstellt, sei es wichtig, frühzeitig etwas gegen das Einnässen zu unternehmen, bevor der Leidensdruck groß werde, so die Empfehlung des Vereins “ClubMondkind”.
Bei uns führte der erste Weg zum Kinderarzt. Der wiederum verwies uns an den Urologen zur organischen Abklärung. Wir mussten ein Miktionsprotokoll schreiben, um Trinkmenge und Urinmenge zu überprüfen. Später nahmen wir auch an einer “Blasenschule” in der Kinderurologie im örtlichen Krankenhaus teil.
5. Hilfe annehmen
Bevor ich Mutter eines betroffenen Kindes wurde, hatte ich keinerlei Ahnung von diesem Thema. Selbst als wir schon betroffen waren, wusste ich lange nicht, wie viele Hilfsmöglichkeiten es gibt. Mittlerweile haben wir Erfahrung in einigen Bereichen gesammelt. Hier eine kurze Aufzählung der Möglichkeiten, die wir kennengelernt haben.
Wichtig: In jedem Fall aber sollte ein Arzt die Hilfen verschreiben!
- Miktions- und Trinkprotokolle
In einem Miktionsprotokoll wird meist über zwei Tage und Nächte hinweg aufgeschrieben, wie viel und wann ein Kind trinkt und wann, wie oft und wie viel ein Kind uriniert oder in die Hose macht. Dies kann dabei helfen, die Ursache ausfindig zu machen und wird anschließend mit dem behandelnden Arzt besprochen. Eine Druckvorlage kann beispielsweise hier von https://www.clubmondkind.at/ online heruntergeladen werden.
- Die Klingelhose
Das ist eine spezielle Unterhose, die zu klingeln beginnt, wenn ein Tropfen Urin in die Hose geht. Die akustische Rückmeldung hilft dem Kind, eine Wahrnehmung für Urinverlust zu entwickeln und den Gang zur Toilette nicht aufzuschieben. Denn der Magnet, mit dem das Klingeln abgestellt werden kann, wird am WC deponiert. Wir haben die Klingelhose vom Kinderarzt verschrieben bekommen. Auf Rezept konnten wir sie kostenlos erhalten. Dank der Klingelhose lernte unser Sohn mit 5 Jahren innerhalb weniger Wochen, nachts bei Harndrang rechtzeitig aufzuwachen und zur Toilette zu gehen.
- Die Blasenschule
In der Blasenschule durfte unser Sohn gemeinsam mit anderen Kindern mit ähnlichen Problemen mehr über die Blase, körperliche Vorgänge und das richtige Trink- und Blasenentleerverhalten lernen. Die Inhalte waren richtig toll für Kinder aufbereitet. Hausaufgaben mit Trinkprotokoll und Wahrnehmungsübungen rundeten das Angebot ab. Geholfen hat es uns bisher leider nicht.
- Medikamente und Operationen
Wenn möglich, sollten Medikamente und Operationen natürlich vermieden werden. In manchen Fällen aber sind diese - beispielsweise aufgrund organischer Ursachen - notwendig. In unserem Fall wurde in der Kinderurologie eine medikamentöse Therapie aufgrund zu geringer Blasenkapazität verschrieben. Tatsächlich half die Therapie, die Blasenkapazität zu erhöhen. Die Einnässthematik war damit aber leider nicht langfristig behoben.
- Weitere Hilfsmittel
Als Eltern sind wir darauf bedacht, unseren Sohn nicht zu überfordern. Wie gesagt, manchmal brauchen Kinder einfach nur mehr Zeit! Gleichzeitig wollen wir ihm natürlich aber auch die Hilfe zukommen lassen, die er vielleicht einfach braucht. Um diese Balance zu wahren, nehmen wir nur ein Hilfsangebot auf einmal wahr. Folgende Hilfsmittel sind uns bekannt, wurden von uns aber bisher noch nicht angewandt: Physiotherapie, Biofeedback, Hypnose, Laserakupunktur.
Mein Fazit
In Österreich steht ein gut ausgebautes Hilfsnetzwerk für Kinder mit Einnässproblematik - ob tagsüber oder nachts - zur Verfügung. Eine Abklärung möglicher Ursachen ist möglich und empfehlenswert. Mein wichtigster Rat für Eltern: Geduldig sein, Liebe zeigen, sich gut informieren und seine Sorgen immer wieder bei Gott abgeben.
Außerdem hilft es mir, mich selbst immer wieder daran zu erinnern: Trotz des belastenden Einnässens erlebt mein Kind auch viel Gutes! Es erlebt Annahme und Liebe trotz des Einnässens. Es erlebt Unterstützung durch uns Eltern und Ärzte. Es erlebt: Ich bin mit meinen Schwierigkeiten nicht alleine. Ich kann Herausforderungen überwinden und mir wird die Zeit zugestanden, die ich dafür brauche.
Nicht vergessen: Mit 99%iger Sicherheit begleitet Sie dieses Problem nicht für immer!
*Quelle: Infectofarm.com, zuletzt abgerufen am 19.04.2024