Lausbubengeschichten: Brief einer Oma an ihren Enkelsohn

Lieber Kevin,

Du weißt, wie sehr ich mich freue, so einen klugen, hübschen und geschickten Enkelsohn zu haben wie dich. Deshalb bin ich auch so gerne mit dir und deiner Schwester beisammen und möchte auch gerne deine Eltern entlasten, um euch beide von Kindergarten und Schule abzuholen.

Doch in letzter Zeit gab es einige Vorfälle, die mir so gar nicht gefallen haben.

Einmal hast du begonnen, zusammen mit einem anderen Kind, Sand auf die Gerätefläche zu verteilen. Erst nach mehrmaligen Ermahnungen hast du damit aufgehört.

Ein anderes Mal hast du zusammen mit Elias Kugeln aus dem Gatsch gemacht. Dann seid ihr die Stufen vom Schulgebäude hinaufgelaufen und von dort habt ihr sie auf die Fenster und Mauer des Schulgebäudes geschmissen. Das sah gar nicht gut aus und blieb so lange dort, bis der Regen es weggewaschen hat.

Vor einigen Tagen habe ich dich vom Hort abgeholt und du und ein anderes Kind wart dabei, Grasbüscheln aus der regenfeuchten Erde auszureißen und wie Bälle überall herumzuschmeißen. Einige landeten auf der Fläche zum Fußballspielen, andere auf dem Parkplatz, zwei sogar auf einem Autodach. Ich ging und klaubte sie wieder auf, so gut es ging. Aber ein Grasbüschel vom Autodach konnte ich nicht entfernen, das war zu hoch für mich.

Auch als ich dich ermahnte, wolltest du trotzdem weiter machen. Wenn ich mit dir reden will, läufst du davon, wenn ich dich halte, schaust du weg.

Das zeigt mir, dass du sehr wohl weißt, dass dein Verhalten nicht richtig ist. Ich verstehe auch, dass solche Lausbubengeschichten lustig sind und Spaß machen. Aber irgendwo muss der Spaß aufhören. Da, wo Dinge beschädigt oder beschmutzt werden, wenn andere Menschen Ärger damit haben, wie zum Beispiel der Autobesitzer, wenn er kommt und sieht, dass jemand sein Auto beschmutzt hat.

Erwachsene investieren viel Geld und Mühe, schöne Spielplätze und Grünanlagen für Kinder zu machen. Und du und einige andere Kinder habt Spaß daran, Dinge zu beschädigen oder zu beschmutzen.

Denk einfach einmal darüber nach.

Alles Liebe, deine Oma

 

Diesen Brief schrieb eine Oma an ihren Enkelsohn und bat die Eltern, ihn am Abend vorzulesen und mit ihm darüber zu sprechen. Warum hat sie das nicht selbst getan? Zum einen ist die Zeit und Atmosphäre am Spielplatz nicht geeignet für ein persönliches Gespräch, zum anderen möchte sie, dass seine Eltern eingebunden sind und sie in ihrem Bemühen, den Buben zum Nachdenken und zur Einsicht hinzuführen, unterstützen. Wichtig ist auch, dass sie mit ihm gemeinsam einen kleinen Verhaltenskodex erarbeiten, und dass Kevin sich selbst bemüht, sich daran zu halten. Der abendliche Rückblick beim Schlafengehen, was schön war, wofür er danken möchte und wofür er um Verzeihung bittet, mit dem abschließenden Gutenachtgebet, ist ebenfalls sehr empfehlenswert, um ihn zu besserem Verhalten zu motivieren.

Gerade im Lausbubenalter ist liebevolle Autorität sehr wichtig, um unerwünschtes Verhalten einzustellen und die Erwachsenen tun gut daran, einander darin zu unterstützen. Auf Strafen sollten sie lieber verzichten, aber darüber nachdenken, welche Konsequenzen es haben könnte, sollten sich solche Vorfälle wiederholen. Aber seien wir realistisch: Lausbuben sind keine Musterknaben. Verständnis und eine Prise Humor tun allen Beteiligten gut.

Maria Neuberger-Schmidt

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