Mit allen Sinnen durch die Fastenzeit
Es ist eine Herausforderung Kindern den Sinn der Fastenzeit näher zu bringen. Oft wird nicht verstanden, was es denn mit dieser besonderen Zeit auf sich hat.
Was bedeutet die Fastenzeit für unsere Familie?
Einfach nur am Aschermittwoch und am Karfreitag auf Fleisch zu verzichten, ist für Kinder kein Problem, aber auch nicht wirklich sinnhaft. 40 Tage gar keine Süßigkeiten zu Essen, ist für viele Kinder nicht überschaubar, schwierig umzusetzen und für sie ebenfalls wenig sinnhaft. Dann kann man es sich recht einfach machen und beschließen, dass das Kind vom Fasten einfach ausgenommen wird. Es gibt viele Wege die Zeit bis Ostern für Kinder zu gestalten. Als Kindergartenpädagogin in einem Tiroler Kindergarten stehe ich auch jedes Jahr, vor der Herausforderung, diese Tage des Wartens für die Kinder erlebbar zu machen. Dabei ist es mir wichtig, den Begriff „Fasten“ etwas zu erweitern: weg von dem Gedanken, dass das Fasten immer nur verzichten heißt, hin zu der Überlegung, dass fasten auch bewusstes Wahrnehmen sein kann.
Fasten mit allen Sinnen
Daher haben wir heuer beschlossen wieder mit allen Sinnen zu fasten. Dies lässt sich ganz leicht auch in der Familie umsetzen. Dabei ist es jedem selbst überlassen, wie intensiv dies umgesetzt wird. Die Sonntage sind eigentlich von der Fastenzeit ausgenommen, aber vielleicht bieten sich genau diese Tage an, um gemeinsam als Familie zu fasten. Wer mag, kann dieses Ritual aber auch täglich umsetzen. Am besten so planen, dass es einfach und ohne Stress für alle umsetzbar ist. Bei Erfolg kann ja im nächsten Jahr intensiver gefastet werden, oder man findet nach Ostern noch einmal Zeit für bewusstes Wahrnehmen mit allen Sinnen.
Fasten mit den Augen – wie soll das gehen?
Wie anfangs schon erwähnt, geht es darum, dass wir bewusst mit unseren Sinnen wahrnehmen. Dadurch entwickelt sich von ganz allein große Dankbarkeit für unseren Körper, mit dem wir die Welt erkunden können. Man kann seinen Blick zum Beispiel ganz bewusst weg vom Fernseher wenden und stattdessen gemeinsam ein schönes Bild malen, Bilderbücher betrachten oder gar Kunstwerke in einem Museum anschauen gehen. Gemeinsam kann das Wohnzimmer frühlingshaft dekoriert werden oder man unternimmt einen Spaziergang in der Natur und betrachtet, was uns der Frühling alles an Schätzen schenkt. Wenn man dabei auch noch offene Ohren hat, kann man vielleicht Vögel zwitschern oder Bienen summen hören. Erstaunlich was man alles wahrnimmt, wenn man mal ganz ruhig wird. Wer es lieber etwas lauter mag, kann gemeinsam musizieren oder singen. Und über ein liebes Wort freuen sich unsere Ohren ganz besonders.
Man kann auch ganz einfach die Kinder fragen, was ihnen noch einfällt, wie man mit den Augen oder Ohren fasten kann. Dabei werden erstaunliche Ideen entwickelt, die uns Erwachsenen gar nicht einfallen.
Hände, Nase und Mund fasten mit
Unsere Hände sind großartige Helfer beim Fasten mit allen Sinnen. Sie können trösten, streicheln, jemandem helfen und mit anpacken, wenn dies nötig ist oder anderen Gutes tun. Gleichzeitig können sie aber auch etwas Schönes gestalten. Es kann mit ihnen geschnitten, gebastelt, geknetet und vieles mehr werden.
Unsere Nase freut sich besonders über angenehme Düfte. Es kann beispielsweise ein Geruchsmemory hergestellt werden. Oder man riecht mit verbundenen Augen an Früchten, die dann verkostet werden. Der Mund kann in der Fastenzeit besonders auf das Loben achten, oder auch darauf, dass nicht zu viel genörgelt wird. Und wer freut sich nicht über ein „Schön, dass du da bist!“ oder ein „Ich hab dich lieb“ aus dem Mund des Gegenübers?
Kinder als Vorbilder
Kinder nehmen die Welt meist noch viel genauer wahr, als wir Erwachsenen. Sie sehen noch den Regenwurm, der gerade in der Wiese unterwegs ist und hören das Zwitschern der Vögel. Wir sind oft viel zu sehr mit etwas anderem – scheinbar viel wichtigerem – beschäftigt, sodass wir die kleinen Wunder der Umwelt einfach übersehen. Durch das Fasten mit allen Sinnen, können die Kinder Vorbilder für uns werden. Sie zeigen uns einen Weg, wie wir bewusst wahrnehmen können. Alles was sie dazu brauchen ist etwas Zeit und Erwachsene, die gerne mit auf Entdeckungsreise gehen. Lasst euch doch von euren Kindern mal wieder ganz bewusst die Welt zeigen. So wird es für alle eine sinnhafte Fastenzeit. Ich wünsche euch viel Spaß dabei!