"Sag's du ihr" - Wenn Erziehung an den Partner abgeschoben wird
„Erziehung ist (k)ein Kinderspiel!“: Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie erzieherisches Handeln lieber an Ihren Partner abschieben oder delegieren wollen, weil Ihnen die Auseinandersetzung mit den Kindern zu mühsam scheint? Habe Sie schon einmal so einen Satz gesagt? Dann lesen Sie unbedingt weiter!
„Sag ihr, sie soll endlich Ruhe geben!“, „Sag ihm, er soll das Radio leiser drehen!“ Hören Sie solche Sätze manchmal von Ihrem Partner oder Partnerin oder versuchen Sie selber, Ihre Probleme gelegentlich auf solche oder ähnliche Weise zu lösen?
Hinter einer scheinbar so harmlosen Bitte stecken in Wirklichkeit oft vielschichtige Verhaltensmuster.
Heißt das, Sie wollen sich heraushalten? Sich die Hände „nicht schmutzig“ machen?
Scheuen Sie Konflikte? Zweifeln Sie an Ihrer Durchsetzungsfähigkeit? Halten Sie andere für kompetenter?
Für sich selber sprechen
Die Kinder machen zu viel Lärm und das stört Sie? Sagen Sie es selbst! Ihr Sohn hat sich den Hammer ausgeborgt, ohne zu fragen? Sagen Sie es selbst! Sie müssen rechtzeitig aus dem Haus, aber die Kinder trödeln? Verschaffen Sie sich selbst Gehör oder machen Sie es zur gemeinsamen Angelegenheit.
Eltern steigen im Ansehen der Kinder, wenn sie sich konkret, verständnisvoll und vor allem höchst persönlich mit ihnen auseinandersetzen.
Erziehung geht beide Elternteile etwas an
Wenn Männer diesen Satz zu ihrer Partnerin sagen, so bedeutet er meistens, dass sie sich mit der Erziehung ihrer Kinder nicht „belasten“ wollen. Reagieren diese nicht wunschgemäß, so brauchen sie sich nicht selbst mit ihnen auseinandersetzen, sondern können die Verantwortung abschieben und dem anderen die Schuld geben, wenn die Kinder sich nicht wunschgemäß verhalten.
Manche Mütter überlassen es gerne ihrem Partner, wenn es um die Autorität geht und schieben gerne den Vater vor, um etwas durchzusetzen. Damit untergräbt sie aber ihre eigene Autorität. Umgekehrt ist es manchen Frauen sogar lieber, wenn „er“ sich nicht „dreinmischt“, weil sie begründet oder unbegründet befürchten, dass er über’s Ziel schießt, sei es mit verbalen Attacken oder gar mit der Faust.
Vielleicht führt sie auch gerne das Regiment und lässt ihn spüren, dass sie sich für den besseren Elternteil hält. Sie schweigt lieber, kann es sich aber bei aller „Opferbereitschaft“ nicht verkneifen, gelegentlich bissige Bemerkungen zu machen. Wenn Mütter oder Väter ihre Kinder vor dem anderen Elternteil in falscher Weise „schützen“, entstehen versteckte und explosive Situationen, die sowohl die Beziehung zu den Kindern als auch die Partnerschaft belasten.
An einem Strang ziehen, Einigkeit vorleben
Wenn Eltern eine „gemeinsame Front“ gegen die Kinder aufbauen, wird das meist als unfair erlebt. Umgekehrt ist es aber wichtig, in Erziehungsfragen eine gemeinsame Linie zu haben, sich bei Verhaltensregeln einig zu sein und auch bei den Methoden der Umsetzung. Diese Dinge sollten unter vier Augen in Elterngesprächen abgeklärt werden und nicht vor den Kindern. Auch Feedback oder Kritik sollte immer unter vier Augen, wertschätzend und konstruktiv ausgedrückt werden.
Unstimmigkeiten in Erziehungsfragen gehören offen und nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden.
Wenn das nicht gelingt, kann ein außenstehender Experte oft schon in wenigen Sitzungen eine positive Trendwende einleiten und somit viele Komplikationen vermeiden helfen.
Nicht um die Gunst der Kinder buhlen
Natürlich sollten beide Eltern sich um die bestmögliche Beziehung zu ihren Kindern bemühen. Aber vermeiden Sie, daraus einen Konkurrenzkampf werden zu lassen, unter dem versteckten Motto „Wer ist der bessere Elternteil?“ Kinder würden das sofort spüren und versuchen, ihre Eltern gegeneinander auszuspielen, um ihre Ziele zu erreichen. Eltern können Verständnis für ihrer Kinder haben, wenn sich diese über den anderen Elternteil beklagen. Es kann helfen, die Stärken und Bemühungen des Partners den Kindern vor Augen zu führen. Wir können den Kindern versprechen, mit dem Partner am Abend das Thema zu besprechen. Abwertende Bemerkungen sollten Eltern keinesfalls übereinander machen.
Zusammenfassung: Unstimmigkeiten in Erziehungsfragen sollten offen und nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Wenn das nicht gelingt, kann ein außenstehender Experte oft schon in wenigen Sitzungen eine positive Trendwende einleiten und somit viele Komplikationen vermeiden helfen.
Wie Eltern einander unterstützen können
Wenn Ihr Partner oder Ihre Partnerin Schwierigkeiten dabei hat, sich bei den Kindern durchzusetzen, so ist es legitim, ihn oder sie dabei zu unterstützen, nicht aber, ihm oder ihr das Problem abzunehmen.
Zum Beispiel könnten Sie zum Kind sagen: „Du, Susi, der Papa will dir etwas sagen. Hör ihm bitte gut zu!“.
Jeder von uns hat Stärken und Schwächen, auch als Erzieher.
Die wohlwollende, aber nicht bevormundende Unterstützung des Partners bedeutet nicht nur Hilfe, sondern auch Zeichen von Wertschätzung. Auf diese Weise können Eltern ihre Beziehung festigen und voneinander lernen.