Wie wir mit dem ersten „Crush“ der Tochter umgehen
Einige Zeit vor dem ersten Freund gibt es bei heranwachsenden Mädchen meist einen „Crush“, also jemand, in dem sie, meist aus sicherer Distanz, verliebt sind. Wie gehe ich als Vater damit um?
Es kam ja eigentlich nicht überraschend. Jungs waren schon längst nicht mehr blöd, man traf sich auch von Zeit zu Zeit mit ihnen in der Freizeit. Natürlich alles ganz naiv und auch der erste Kuss stand noch aus.
Von Zeit zu Zeit ging sie auch mit Jungs spazieren. Was dabei geredet wurde, entzieht sich natürlich unserer Kenntnis. Wir interpretieren es als erste Annäherung an das „andere Geschlecht“, das ab sofort jeden Tag interessanter und begehrter wurde. Am Ende dieses Prozesses würde dann wohl der erste Freund stehen, inklusive darauffolgende Gespräche mit unserer Tochter und ihrem Freund, in dem wir beide zur Vernunft mahnen.
Noch ist es Schwärmerei
Doch so weit sind wir noch nicht. Bis auf die zarten Annäherungsversuche an die Jungs in ihrem Alter oder auch leicht darüber ist unsere Tochter (13) noch nicht. Vielleicht ist es dabei auch diese relative Unbedarftheit, die den sogenannten „Crush“ in einer imaginären Welt sucht.
Der derzeitige „Crush“ heißt jedenfalls Tom Holland. Für ebenjenen investiert sie auch schon mal gerne ihr Taschengeld und schaut den selben viel mit verschiedenen Freundinnen an. Dass danach über das Ideal und das Aussehen von besagtem Schauspieler geredet wird, liegt auf der Hand.
Das Alter, in dem das Zimmer mit Postern von besagter Person austapeziert wird steht also kurz vor. Die Omnipräsenz dieser Person, zum Teil real und zum Teil in Sachen Eigenschaften und Verhalten natürlich auch imaginiert, wird dann die Schwärm-Intensität zweifellos noch erhöhen.
Das ist altersgerecht im Zeitalter der Popkultur wohl auch das, was man gemeinhin als „normal“ bezeichnet. Für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und der Identität braucht es ein begehrtes und angeschmachtetes Gegenüber, das man sich auch ausmalen und „zurechterfinden“ kann.
Das „Idealbild“, mithin wohl auch der erfundene Freund, gehen auf diese Zeit zurück. Im Verhältnis zwischen Fiktion, also dem unerreichbaren Superstar und dem realen Jungen aus der Klasse entwickelt sich wohl irgendwie das „Normalbild“, das sich dann später in der „Auswahl“ des ersten Freundes manifestiert.
Wie gehen wir also damit um?
Eigentlich gelassen. Unterstützende Diskussion, ohne mahnenden Zeigefinder, erscheinen uns ein wirkungsvolles Mittel zu sein. Denn die beschriebene Balance zwischen Imagination und Realität gilt es zu halten und auch gemeinsam auszuloten. Weder macht es Sinn das „andere Geschlecht“ und einzelne Vertreter dieser Gattung zu idealisieren, noch sie ob etwaiger Enttäuschungen zu verteufeln.
Medien vermitteln immer ein Ideal, das es nicht gibt.
Mithin ist auch eine Diskussion über unsere gegenwärtige (Pop)-Kultur vonnöten oder ratsam. Denn diese lebt davon, das versuchen wir unserer Tochter ebenfalls ohne übertriebenen moralischen Fingerzeig beizubringen, dass überhöhte und übertriebene Erwartungen geweckt werden. Vor allem auch hinsichtlich der Käuflich- und Verkäuflichkeit von Produkten.
So oder so: Wir sehen der Zeit eigentlich gelassen gegenüber, in der der erste echte „Boyfriend“ uns gegenüber sitzt. Wir sind vorbereitet.