Body Neutrality – so lehrst du deinem Kind einen gesunden Umgang mit dem eigenen Körper

Es wirkt auf uns von allen Seiten – die Botschaft, wir wären nicht gut, so wie wir sind. Wir sollen uns schminken, unseren Duft ändern, Körperbehaarung entfernen, mit Bodyshakes abnehmen, einzigartige Kleidung tragen und modernen Haarschnitt haben. Doch auch dann sind wir nicht genug.

Irgendetwas ist immer. Oder? Und jetzt stellen wir uns diese Botschaften als Einfluss auf unsere Kinder vor. Ist das nicht erschreckend?

Bedingungslose Liebe ist das, was Kinder brauchen.

Dennoch werden sie schon früh damit konfrontiert, dass nichts umsonst ist und dass man etwas leisten MUSS, um dazu zu gehören. Diese Botschaft muss nicht unbedingt aus der eigenen Familie kommen. Aber sie kann es. Oder sie tut es, ohne dass es uns Eltern bewusst wäre, denn auch wir werden pausenlos von Optimierungsdrang verfolgt und auch wir konsumieren Botschaften von Vorbildern, die eigentlich keine Vorbilder sein sollten.

Doch wie wirkt sich das auf die kleinen Menschen aus, die mitten in ihrer Entwicklung stecken?

„Ich muss dringend abnehmen“ – Essstörungen statt Bikini-Body

Ich wage es zu behaupten, dass wir alle Vielfalt lieben: in der Natur, in der Musik oder in Kunst. Wir lesen verschiedene Bücher, mögen unterschiedliche Bilder und feiern Menschen, die ihre Einzigartigkeit bewusst nach außen präsentieren. Doch beim eigenen Körper endet oft der Wunsch nach der Vielfalt oder Besonderheit. Denn da neigen wir dazu, uns zu vergleichen.

Gerade Frauen werden so sozialisiert, dass sie gefühlt ununterbrochen an sich arbeiten müssen, bestimmten Schönheitsidealen nachjagen sollen und die Art und Weise, wie man auszusehen hat, ist genau vorgegeben. Dass die Schönheit im Auge des Betrachters liegt, will schon lange keiner hören.

Doch was passiert, wenn unsere Töchter schon seit dem Kindesalter ihre Mütter beobachten, wie diese sich sehr streng selbstkritisch im Spiegel betrachten und nie zufrieden sind? Was macht es mit unseren Kindern, wenn sie von uns Eltern mitbekommen, dass wir alle abnehmen wollen, weil wir so aussehen wollen, wie die unechten Ideale in den Medien? Mittlerweile wissen wir, dass diese Bilder ohne Ende retourschiert werden.

Dennoch jagen wir denen nach und sind enttäuscht, dass sich an unseren Bäuchen kleine Falten bilden, wenn wir uns hinsetzen – egal ob wir Size Zero oder Konfektionsgröße 40 tragen.

Tabuthema Essstörungen

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Deutschland brachte bereits 2010 eine Broschüre heraus, in  der Eltern, Angehörigen sowie Lehrkräften erklärt wird, welche Anzeichen sie bei Kindern beobachten können, wenn diese eine Essstörung entwickeln. Schon damals hatte in Deutschland jedes 5. Kind zwischen 11 und 17 Jahren ein erhöhtes Risiko, eine Essstörung zu entwickeln.

Aber auch Österreich bleibt nicht verschont. Laut Gesundheitsministerium waren 200.000 Österreicher*innen zumindest einmal in ihrem Leben an einer Essstörung erkrankt. Betroffen sind vor allem junge Menschen, in 90-97% handelt es sich dabei um Mädchen bzw. junge Frauen. Die Zahl der Erkrankten hat sich dabei in den letzten 20 Jahren verzehnfacht, wobei man hier von offiziellen Zahlen aufgrund der Spitalsaufenthalte spricht. Die Dunkelziffer soll deutlich höher sein. Das sind die Zahlen aus dem Jahr 2015. Damals sprach man von rund 7.500 betroffenen Jugendlichen. Während der Covid-Pandemie hat sich die Häufigkeit von schweren Essstörungen beinahe um die Hälfte erhöht.

Hilfe holen!

Wenn Sie selbst unter einer Essstörung leiden, oder den Verdacht haben, jemand in ihrer Umgebung leidet darunter, holen Sie Hilfe! Bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, oder bei einer der vielen Organisationen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, wie zum Beispiel Österreichische Gesellschaft für Essstörungen oder Netzwerk Essstörungen.

Kritische Einstellung zum eigenen Körper

Man sieht also, dass der kritische Fokus auf unsere Körper uns nicht guttut. Leider wird gerade durch soziale Medien ein Bild geprägt, welches krankhaft und unrealistisch ist.

Doch nicht nur hier, denn die Einstellung zu unserem Körper wird uns bereits in der Kindheit in eigener Familie in die Wiege gelegt. Wird ein Kind schon im frühen Alter aufgrund seines Aussehens bewertet, lernt es schon sehr früh, dass das Aussehen eine wichtige Rolle spielt und man gewisse Maße erfüllen muss, um als „in Ordnung“ abgestempelt zu werden. Dies kann in beide Richtungen gehen – egal ob man als Pummelchen oder als zu mager betitelt wird. Deshalb wir heutzutage der Begriff „Body Neutrality“ geprägt.

 

Body Neutrality – wenn man nicht bewertet, sondern annimmt

Als die kleine Schwester von „Body Positivity“ soll man bei der neutralen Betrachtung des Körpers den Fokus ganz weg von unserem äußeren Erscheinungsbild ablenken.

Unser Selbstwertgefühl soll nicht von unserem Aussehen beeinflusst werden.

Während wir bei der Body Positivity lernen sollen unseren Körper zu lieben, so wie er ist, versucht die Bewegung der Body Neutrality diesem Druck der Selbstliebe zu entkommen, indem der Körper als das betrachtet wird, was er ist – ein Körper. Nicht mehr und nicht weniger. Weder gut noch schlecht. Weder richtig noch falsch. Weder schön noch hässlich. Doch wie soll man diese Einstellung den Kindern vermitteln?

Weg mit den falschen Idealen!

Am besten beginnt man bei sich selbst. Man kann kritisch hinterfragen, welche Vorbilder man hat. Macht man Sport, um gesund zu sein? Oder weil man Size Zero tragen will?

Manchmal werden richtige Dinge aus falschen Gründen getan.

So ist es gut, den Kindern zu vermitteln, dass man nur diesen einen Körper hat und man sich deshalb gut behandeln soll: dies kann man mit der richtigen Ernährung tun, indem man dem eigenen Körper alle wichtigen Nährstoffe zur Verfügung stellt und auch mit Sport, weil Bewegung nun mal guttut.

Aber auch Dinge, wie weniger Stress, mehr Zeit für sich, oder mehr Hobbys, die einen glücklich machen, gehören zum gesunden Lebensstil dazu. Redet mit euren Kindern darüber. Sie lernen viel und gerne. Wenn man denen, anstatt Süßigkeiten zu verbieten, immer wieder erklärt, warum Zucker reduziert gehört und welche Konsequenzen ungesunde Ernährung hat, werden sie wachsamer und treffen später im Leben häufiger die richtigen Entscheidungen, wenn es um die Essenswahl geht.

Vorbild sein!

Immer wieder gesunde Speisen konsumieren und anbieten. Sich bewegen. Das heißt nicht, dass man sich zum Joggen zwingt. Es gibt so viele lustige Sportarten und man kann auch jeden Tag etwas anderes ausprobieren. Hauptsache, man bleibt in Bewegung. Inlineskaten im Park, Spaziergänge, Ballspiele, Radfahren, Roller fahren, fangen spielen, oder Treppen steigen anstatt Aufzug zu nehmen – jede Bewegung ist eine Investition in die Zukunft.

Wenn also Kindern beigebracht wird, auf den eigenen Körper aufzupassen, ist das der beste Anfang für einen gesunden Umgang damit.

Bewertende Bemerkungen vermeiden

Falls Kinder von anderen Personen bewertet werden, kann man mit denen darüber reden und erklären, dass es nicht richtig ist, was diese Personen sagen. Vermeidet man selbst solche Bemerkungen – auch über andere Personen („die hat aber zugenommen“, „mit der Figur sollte er sowas nicht anziehen“), lernen Kinder von Anfang an, dass Äußerlichkeiten keine zentrale Rolle im Leben spielen.

In Kombination mit dem gesunden Lebensstil sind somit die besten Grundsteine für ein gesundes Selbstbild gelegt.

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