Der Hohe Advent - mit Vollgas in Richtung Weihnachten
Die letzte Woche vor Weihnachten wird auch „Hoher Advent“ genannt. Advent kommt vom lateinischen Wort „advenire“, was so viel heißt wie ankommen. Wir warten auf Gottes Ankunft in der Welt. „Veni, veni, Emmanuel“ heißt es in einem meiner Lieblings-Adventlieder.
Zoltan Kodaly hat in diesem Lied die so genannten O-Antiphonen vertont. Wir hoffen auf das Kommen des Erlösers, Jesus Christus.
Mit dem 17. Dezember beginnt aber auch der Endspurt der Weihnachtsvorbereitungen: gschäftiges Treiben überall!
Eine Unruhe macht sich breit: Habe ich an alles gedacht?
Äußerlich mag alles vorbereitet sein: Das Essen, die Geschenke, der festlich gedeckte Tisch. Aber ist meine Seele auch bereit oder hinkt sie in der Hektik einfach nur noch hinterher?
Was ist Weihnachten?
Im ganzen Trubel der Weihnachtsvorbereitungen vergessen wir oft den eigentlich Grund des Festes: Gott wird Mensch! Der große Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, kommt als kleines Kind zu uns auf diese Welt, die so unperfekt ist, damit wir unperfekte Menschen immer mehr Kinder Gottes werden!
Weihnachten ist also kein Fest, das Menschen erfunden haben, auch wenn es uns in den Einkaufsmeilen gerne so präsentiert wird: Gott selbst hat uns dieses Fest geschenkt!
Das Staunen der Kinder
Kinder haben noch das natürliche Staunen - oft über einfache, unscheinbare Kleinigkeiten. Vielleicht gelingt es uns in der letzten Advent-Woche, das Staunen ein bisschen einzuüben. Aber das ist alles andere als leicht!
Ein Kind geht ganz im Augenblick auf: Wenn ich unsere Kinder zum Beispiel beim Lego Spielen beobachte, merke ich, dass sie die Welt um sich herum vergessen und ganz da sind.
Aber wann sind wir ganz da?
Sind wir in Gedanken nicht schon immer mindestens drei Schritte weiter? Wir machen uns allzu oft Sorgen über das Morgen. Dabei können und dürfen wir das Heute gestalten, bestaunen und bedanken! Auch das, was in unseren Augen nicht perfekt ist.
Ich möchte dir ans Herz legen, dass du dir in der letzten Woche des heuer so kurzen Advents vor allem Zeit für eine innere Vorbereitung nimmst:
Persönliches Gebet
„Beten heißt reden wie mit einem Freund“
Wir spüren, wie gut uns wertvolle Freundschaften tun und so ist es auch mit der Freundschaft zu Gott. Aber wie so oft: keine Zeit! Das Gebet geht sich leider nicht aus. Ich möchte dich einladen, gerade in der letzten Adventwoche die gute Beziehung zu Gott bewusst zu pflegen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
#1: vorgefertigte Gebete
zum Beispiel das "Vater unser", das sehr viele Bitten aus dem Alltag beinhaltet, das "Gegrüßet seist du Maria", bei dem wir uns an das Wunder der Verkündigung erinnern, den Rosenkranz, der etwas länger dauert, aber wunderschön ist, und viele mehr. Manchmal weiß ich nicht, wa sich mit Gott reden soll. Da helfen mir die vorgefertigten Gebete, innerlich zur Ruhe kommen und mein Herz zu öffnen.
#2: freies Gebet
ganz persönlich, alles, was uns beschäftigt, Gott anvertrauen. Ihn teilhaben lassen an unseren Freuden, aber auch unsere Sorgen ihm hinhalten.
#3. Stoßgebete
sind richtige Anker, die zwischendurch im turbulenten (Familien-)Alltag ausgeworfen werden können. Mir hilft zum Beispiel immer der kurze Blick zum Kreuz, das in der Küche hängt oder zum Muttergottes-Bild. So als kurze Anbildung zur übernatürlichen Welt.
#4. gesungenes Gebet
so genannter Lobpreis, da gibt es eine große Auswahl - je nach Stimmung, Lust und Laune - mal schwungvoll zum Tanzen, mal ruhig zum Nachdenken.
#5. die großen Gebete der Kirche
Es lohnt sich, besonders in diesen Tagen vor Weihnachten einen Blick in die liturgischen Texte vom Tag zu werfen und diese auf sich wirken zu lassen. Die erste Anlaufstelle dafür ist der Schott-Beuron.
Dort finden sich alle Bibeltexte und Gebete, die für Tag vorgesehen sind. Manchmal muss man die Messtexte auch zweimal lesen: die Sprache der Liturgie, des kirchlichen Feierns, ist oft so dicht und verschachtelt, dass wir Mühe haben, konzentriert dran zu bleiben. Aber es lohnt sich: da ist von Hoffnung und Sehnsucht die Rede und genau das trifft uns mitten ins Herz.
Die Äußerlichkeiten an Weihnachten sind schön, aber sie nähren oft nicht unser Inneres.
#6. Heilige Messe
Die Messe ist immer einen Besuch wert, denn sie ist die intensivste Form der Freundschaftspflege mit Gott. Besonders schön sind in diesen Tagen auch die Rorate-Gottesdienste: In unserer Pfarre bereits um 6 Uhr, nur mit Kerze beleuchtet und mit wunderbarer Bläser-Musik - wirklich stimmungsvoll.
Freundschaften verkümmern, wenn wir uns nicht aktiv darum bemühen. Allzu schnell werden wir uns fremd. So ist es auch mit Gott: Das optimale Zeitfenster fürs Gebet gibt es eigentlich nicht. Bete also, wann immer und wo immer du kannst. Fang einfach an!
Versöhnung
Wir sehnen uns danach, dass vieles besser wird in unserem Leben. Wir sehnen uns nach Heil und Heilung. Uns wird an Weihnachten meist noch deutlicher bewusst, dass wir irgendwie unrund laufen. Es gibt viele Baustellen in unserem Leben: zerbrochene Beziehungen, Streitigkeiten in der Familie, herausfordernde Arbeitsbedingungen oder nervige Kollegen. Die Liste ließe sich noch beliebig verlängern.
Wirklich heilen kann nur Gott.
Und genau darin liegt die Sehnsucht von Weihnachten: Dass wir jenen Frieden finden, den die Engel den Hirten am Feld verkündeten. Frieden ist nicht nur das Gegenteil von Krieg - also Frieden im Außen und im Großen. Frieden beginnt schon im Kleinen, im eigenen Herzen, in der Familie. Unsere große Sehnsucht, und das wird uns an Weihnachten meist schmerzlich bewusst, sind heile, gute Beziehungen - zu mir und zu den anderen.
Was können wir tun, um in den Frieden zu kommen?
Wir können dem/ der anderen bewusst verzeihen. Ich will nicht immer die alten Geschichten aufwärmen.
Es gibt auch Menschen, mit denen eine Versöhnung nicht möglich ist - aus welchen Gründen auch immer. Wenn dieser umversöhnte Zustand dauerhaft anhält, besteht die Gefahr, dass mein Herz vergiftet wird. Die Kirche stellt dir jedoch genau dafür ein wunderbares Sakrament zur Verfügung: Das Sakrament der Versöhnung, die Beichte.
Geh zur Beichte!
Beichten ist nicht so einfach, es kostet meistens große Überwindung, aber es schenkt dir langfristig Frieden. Es gibt Situationen, die du nicht selber lösen kannst. Wie befreiend ist es, wenn du das in der Beichte Christus anvertrauen kannst. So beginnst du, immer mehr mit mir im Frieden zu sein. Wenn du Frieden ausstrahlst, wird sich langfristig deine Umgebung verändern.
Unperfekt
Weihnachten ist überladen von allzu hohen Erwartungen - an mich, an die anderen, an das Fest selbst. Immer dann, wenn ich mich die Perfektions-Welle überrollt und ich das Gefühl habe, nichts läuft so, wi es eigentlich soll, denke ich an Betlehem.
In Betlehem war es auch nicht perfekt - ganz im Gegenteil.
Menschenmassen, alle auf der Suche nach einer Bleibe und für die Heilige Famile bleibt nur eine Grotte außerhalb der Stadt und eine Futterkrippe als Babybett. Betlehem ist für mich ein Symbol dafür, dass Gott gerade die Unvollkommenheit liebt und dort ganz anwesend sein möchte. Ganz da sein - bin ich es auch?