Der Umgang mit dem eigenen Körper
Wir leben in einer „körperlichen“ Zeit. Das bedeutet auch Beurteilungen und Verurteilungen am laufenden Band. Doch was heißt das für ein junges Mädchen, sprich: der Tochter?
Das Ritual in der früh ist bei unserer Tochter (14) etabliert und fixiert. Bevor unser Wecker klingelt, schleicht sie bereits ins Bad, glättet ihre Haare, schaut, dass sie keine Augenringe hat und auch sonst alles in Ordnung ist. Was bei uns ob des schieren Zeitaufwandes oft für Verwunderung sorgt, ist bei ihr ganz normaler Alltag.
Doch mit dem „Badritual“ ist es noch nicht getan. Danach geht es um das Outfit. Damit verbundene Codes müssen ganz genau beachtet werden. Ist es „trendy“, damit sie dazugehört und ist es individuell genug, dass sie auch ihren eigenen „Style“ zeigen kann. Das sind die Hauptfragen, die sie letzten Endes antreiben.
Ist das oberflächlich, wie wir es als Eltern oft und zu oft wahrnehmen und auch so bezeichnen? Womöglich ja. Aber es ist auch ein Ausdruck der zu Beginn aufgestellten These einer „körperlichen Zeit“.
Denn letzten Endes ist die ganze „Oberfläche“ von Kleidung und Codes nur der Versuch ihren Körper zu inszenieren. Dabei geht es um eine Mischung aus Präsentation und Verstecken.
Dann kommen weitere Fragen, mit denen sie auf uns zukommt, wenn im Bad alles erledigt ist und das Outfit aus ihrer Sicht passt. Sie fragt, ob sie „zu viel“ oder „zu wenig“ zeige, ob es zu „offenherzig“ oder „zu langweilig“ sei. Das alles natürlich vor dem Hintergrund, dass sie in der Klasse Blicken und den ebenen benannten Urteilungen und Beurteilungen ausgesetzt ist.
Da sind nämlich zuerst einmal die Mädchen, die sowohl Optik als auch Körper laufend beurteilen. Wie zeigt das Gegenüber seinen „Style“, wie hebt sie sich ab und gehört sie überhaupt „zu uns“.
Danach erst folgen die Urteile über den Körper: Macht sie Sport, ist sie zu dick oder dünn und ist das Outfit nicht auch ein wenig „billig“, weil sie eben zu viel zeigt?
Dazu kommen natürlich die Jungs, die Mädchen wiederum unter ganz anderen Gesichtspunkten bewerten. Ist das Mädchen „begehrenswert“ oder doch eher nicht?
Ist sie „girlfriend material“ oder doch eher nur Typ „beste Freundin“?
Das mediale Dauerfeuer
Die männlichen Blicke waren vermutlich nie wirklich anders. Aber ich behaupte, dass diese Urteile, die ich oben kurz beschrieben habe, im heute einfach virulenter und präsenter sind. Denn zu all diesen Blicken, die quasi fast schon natürlich sind, kommt ein mediales Dauerfeuer dazu, wie es sonst in der Kulturgeschichte nur selten vorherrschte.
Während es früher wohl Schönheitsideale durch Kunst, Künstler und Bilder oder durch Bücher gab, waren es später Zeitungen und Fernsehen und sind es heute all diese Medien und zusätzlich noch die sozialen Medien. Und vor allem: Es gibt nicht nur eine „Instanz“, sondern es gibt ganz viele Instanzen, die am Körper von jungen Mädchen imaginär „herumzerren“ und diese gewissermaßen so normieren, wie es die jeweilige Instanz will.
Verwirrung und Irritation
Das führt zwangsläufig zu Verwirrungen und Irritationen. Wie findet man sich darin als junges Mädchen zurecht? Was können Eltern tun und wie können sie helfen? Ich denke mit Verständnis und mit wohlwollender Diskussion. Beurteilungen und Verurteilungen sind außerhalb der eigenen vier Wände ohnehin schon omnipräsent.