„Ein wenig öko“ – als Familie auf dem Weg zur Nachhaltigkeit
Selbst Gemüse pflanzen, den Kindern bewusstmachen, woher das Essen kommt und bewusst einkaufen: Umweltschutz in der Familie hat viele Gesichter. Wie sich eine Familie auf den Weg der Nachhaltigkeit gemacht hat.
Eine Nachbarin sagte vor zwei Jahren, als ich mit dreckigen Gummistiefeln an den Füßen und einer Zucchini in der Hand die Kellertreppe raufkam:„Ihr seid schon ein wenig öko, gell?“ Sie meinte das ein wenig scherzhaft und vielleicht auch belächelnd. Ich antwortete: „Ja sind wir, und stolz drauf.“
Als echtes Stadtkind habe ich als Jugendliche mit Freunden wandernd in den Bergen die Natur lieben gelernt. Ursprünglich und rein, allgewaltig, faszinierend.
Mein Essen kam aber weiterhin aus dem Supermarkt und über Verpackungen und Transportwege machte ich mir überhaupt keine Gedanken.
Erst seit ich Kinder habe, muss ich gestehen, wächst die Sehnsucht, einen Beitrag zu leisten für den Erhalt unserer Umwelt.
Wir sind als Familie sicher noch keine Spezialisten, aber auf einem guten Weg, denke ich.
Unsere Kinder sollen wissen, wo das Essen herkommt
Vor fast fünf Jahren zogen wir von der Stadt aufs Land in eine Wohnung mit Garten. Neu gebaut, war es uns überlassen ihn zu gestalten. Ein echtes Familienprojekt. Es dauerte seine Zeit und nach und nach verwandelte sich unser 100 m² Garten in einen Naschgarten mit Kräuterschnecke, Säulenobstbäumen, Beerensträuchern und Weinstöcken. Ein großes Hochbeet voll mit Salat und Gemüse. Alles sehr überschaubar.
Die Kinder halfen fleißig beim Aussuchen, Pflanzen und Gießen. Die Steine für unsere Kräuterschnecke fischten wir eigenhändig aus einem nahen Bach. Gemeinsam beobachteten wir, wie alles wuchs. Brauchten wir Dünger, wurden Brennnesseln geschnitten und gesammelt, Pferdemist bei einem Nachbarn geschaufelt und alles verteilt. Manchmal eine echte Geduldsprobe und klar, wir wären bei so manchem weniger gereizt und um einiges schneller gewesen, aber uns war es wichtig, diese Dinge mit unseren Kindern gemeinsam zu machen.
Mein Mann und ich hatten die Entscheidung getroffen, unsere Kinder auf unseren Weg mitzunehmen. Sie sollten wissen, wo ihr Essen herkommt, wie es wächst und was es auch für Mühe kostet, bis alles dann so ess-bereit ist, wie wir es im Supermarkt finden.
Ein bisschen selbst versorgen: In der Wohnung möglich?
Das Staunen steht am Beginn der besten Dinge im Leben, davon bin ich überzeugt.
Die ersten Früchte aus dem eigenen Garten waren das Highlight unserer Arbeit – eine Handvoll für jeden. Nicht gerade viel, aber es machte Lust auf mehr! Wir hatten beobachtet, wie die Bienen kamen und von den Blüten unserer Pflanzen kosteten, wie aus den Blumen Früchte wurden, wie aus gestreuten, winzigsten Samen Karotten emporschossen und wie alles da so in Beziehung miteinander stand. „Öko“ – ja so war das, denn Ökologie ist der Begriff für biologische Wechselbeziehungen – und wir als Familie mittendrin.
Wir konnten nur staunen über Gottes Schöpfung und durften erahnen, was wohl der Auftrag des Menschen sein muss, Verantwortung dafür zu übernehmen.
Nach einer Drei-Kilogramm-Korotten-Ernte auf einer Fläche von knapp einem Quadratmeter im Hochbeet wuchs die Vision von einem Gemüsegarten. Ein bisschen mehr als nur naschen, wirklich essen und ein bisschen selbst versorgen – so unsere Idee. Ist das auch in einer Wohnung möglich?
Wo ein Wille, da ein Weg. Der Bauer, dem die Wiese nahe unserem Haus gehört, kannte uns aus der Kirche und war bereit, uns einen Teil zu verpachten.
Wir durften uns ca.400 m² abstecken und bebauen.
Miteinander arbeiten: Aus der Wiese wird ein Gemüsebeet
Aus einer Wiese ein Gemüsebeet zu machen ist wirklich nicht so einfach. Wichtigste Ausrüstung: Schaufel und Gummistiefel!
© iStock
Die meiste Arbeit hatte mein Mann und es kamen ein paar helfende Hände aus der Familie dazu. Dann wurde endlich gepflanzt – alles, was man sich so vorstellen kann.
Jeder hatte eine Aufgabe. Und ja, unseren Kindern fiel nach einiger Zeit auch jede Menge Unsinn ein, den sie am Feld, im Erdhaufen mit ausgegrabenen Steinen anstellten, aber das ist eben so mit Kindern.
Dann hieß es warten, gießen, jäten, gießen, warten … Für Kinder manchmal unvorstellbar, wie lange das dauern kann.
Bei so manchem Besuch unseres kleinen „Ackers“ mussten wir Zertrampel-Verluste verzeichnen. Auch das ist einfach so mit Kindern.
Endlich genießen
Keine Tomate, keine Karotte und keine Zucchini schmeckt so gut wie die, die du selbst gepflanzt hast!
Langsam konnten wir ernten und begannen wirklich von den Dingen zu essen, die unserer Hände Arbeit hervorgebracht hatten. Vor jedem Essen wurde gefragt, ob das auch unser Gemüse sei.
Wie viel und welches Gemüse?
Aber auch wie viel man wovon braucht, war ein Lernprozess. Grünkohl in allen Variationen hing unseren Kindern nach anfänglicher Begeisterung schon zu den Ohren raus und Rote Rübe war nur vorübergehend ein Hit. Zu wenige Kartoffeln, zu viel Kraut. Wir mussten da auch langsam reinwachsen. Manches war zu wenig, manches zu viel. Doch es gibt immer jemanden im Freundeskreis oder in der Familie, der sich über Gemüse freut, das man übrig hat.
Gemeinsam weiterdenken!
Wir beschlossen, wirklich chemiefrei und bio zu bleiben auf unserem kleinen Acker und in unserem Garten. Das bedeutete, Schädlinge mit der Hand aufzulesen, krankheitsbefallene Pflanzen mit Naturmitteln zu behandeln und einiges zu verlieren.
Manches wäre anders sicher schöner anzusehen oder ertragreicher, aber für uns kein Thema und so dürfen auch unsere Kinder mit hineinwachsen in den Umgang mit der Schöpfung und Mutter Natur.
Wie wichtig Wasser ist und vor allem wie kostbar, das lernten wir im vergangen Sommer. Die Dankbarkeit für Regen fand sich in so manchem Gebet!
Bewusstsein auch beim Einkaufen
Da wir keinen Bauernhof haben, sondern in einer Wohnung wohnen, müssen wir dennoch einiges einkaufen. Hier machten wir uns früher noch keine großen Gedanken.
Mit der Zeit begannen wir jedoch, immer mehr regionale Produkte zu kaufen. Schafmilch von einer Bäuerin in der Nähe, Eier von einer Freundin, Fleisch von Freunden drei bis vier Mal jährlich etc. Das ist nicht spektakulär, aber es macht für uns einen Unterschied. Alles besprechen wir immer mit unseren Kindern. Wir wollen wissen, wo unser Essen herkommt und reden darüber, warum wir keine Avocados von „übers Meer“ kaufen und wie viele Vitamine wohl überhaupt in so manchen Früchten, die eine so weite Anreise hatten, um bei uns im Regal zu liegen, noch stecken könnten.
Wir trennen den Müll, achten darauf, Recyclingprodukte zu kaufen, kochen unseren eigenen Sirup und backen meist auch unser Brot selbst.
Das alles kam nicht von heut auf morgen, es war ein Prozess.
Wir verzichten auf Palmfett
Unlängst sahen wir uns dann den Film „The Green Lie“ an und fassten im Familienrat den Beschluss, so gut es geht auf Palmfett zu verzichten. Bei unserem ersten Einkauf nach diesem Vorsatz – den machten wir als ganze Familie – stellten wir erschrocken fest, was nun alles nicht mehr in unserem Einkaufswagen landet.
Das war schon eine echte Umstellung.
Nachdem wir bei einer Autofahrt an den See dann noch im Radio hörten, dass wir pro Woche fast eine Kreditkarte Mikroplastik zu uns nehmen, entschieden wir, auch hier einzusparen und darauf zu achten, Plastikmüll zu vermeiden.
Kleine, aber gemeinsame Schritte für den Umweltschutz
Das klingt jetzt vielleicht nach „Pseudo-Heldentat“ – es sind nur kleine Schritte, das weiß ich, aber für uns sind es wichtige Schritte, gemeinsame Schritte.
Und irgendwie ist unser Weg eine logische Schlussfolgerung aus den vielen kleinen Schritten, die wir gegangen sind, weil alles zu dem großen Ganzen gehört: verantwortungsvoller Umgang mit unserer Umwelt.
Hätte mir das jemand vor zehn Jahren erzählt, dass ich mal Bohnen koche, die nicht aus der Dose, sondern aus meinem Garten kommen, hätte ich wahrscheinlich gelacht. Aber diese drei kleinen Wunder, für die mein Mann und ich Verantwortung tragen dürfen, erinnern mich daran, dass es sich lohnt, an ihr „Morgen“ zu denken, auch wenn es so manchmal etwas mühsamer ist.
Angesichts der großen Diskussionen, die in Zeitungen herumschwirren, bekommt man häufig das Gefühl, dass man als Einzelner sowieso nichts verändern kann. Unsere Kinder wachsen mit der Selbstverständlichkeit auf, dass eben nicht alles selbstverständlich ist, dafür bin ich dankbar. Denn wir sind überzeugt davon, dass jeder seinen Beitrag leisten kann und somit auch mit kleinen Schritten die Welt verändert.