Kinder bei Wutanfällen begleiten
Kinder brauchen Unterschiedliches, wenn sie wütend sind. Wichtig ist, ihre Wut zu erlauben und sie ihnen entsprechend zu begleiten.
Um wütende Kinder begleiten zu können, brauchen wir ein paar grundlegende Voraussetzungen.
#1 Selbst ruhig bleiben
Wenn wir selbst ganz ruhig und gelassen bleiben, überträgt sich diese Ruhe mit der Zeit auf unser Kind. Wir unterstützen es damit, sich schneller wieder zu beruhigen. Werden wir allerdings selbst ärgerlich oder wütend, dann schaukeln sich unsere beiden Emotionen auf, der Wutausbruch wird heftiger und dauert viel länger.
#2 Verständnis zeigen
Wir kennen alle Situationen, in denen es nicht so läuft, wie wir das wollen. In denen jemand etwas tut, das wir nicht wollen oder wir etwas nicht bekommen, das wir jetzt und sofort gerne hätten. Dann entsteht oft Ärger, Zorn oder Wut in uns. Manchmal können wir, wenn wir uns der unangenehmen Konsequenzen bewusst sind, die ein Wutausbruch hätte, „zusammenreißen“ und es nicht zeigen, aber es brodelt ja trotzdem innerlich.
Kleine Kinder können sich nicht „zusammenreißen“, denn es fehlt ihnen dazu der Gehirnanteil, der für das logische, rationale und abstrakte Denken zuständig ist, weil er noch gar nicht oder sehr wenig ausgebildet ist.
In den Gedanken von 2-3-Jährigen gibt es kein „wenn/dann“, weil es dazu entweder einer logischen Schlussfolgerung bedarf oder eine Vorstellung von Zeit braucht. Und beides ist in diesem Alter nicht möglich.
Von einem kleinen Kind zu erwarten, es könne sich Konsequenzen seines Handelns überlegen und etwas tun oder nicht tun, um unliebsame Konsequenzen zu vermeiden, ist so, als würden wir davon ausgehen, dass es einen schweren Koffer tragen kann. Dass der Körper dafür noch nicht groß und stark genug ist, können wir sehen und daher ist es klar für uns, dass das nicht möglich ist. Wir können aber nicht sehen, dass das Gehirn noch nicht „groß und stark“ genug ist, um rational, logisch und abstrakt denken und handeln zu können.
#3 Wut erlauben
Die Hauptsache ist, dass Wütendsein erlaubt ist und dem Kind das Gefühl vermittelt wird, dass seine Wut ok ist. Da Kinder nicht zwischen ihren Taten, ihren Gefühlen und sich selbst trennen können (siehe oben, das Gehirn ist auch diesbezüglich noch nicht so „groß und stark“), fühlen sie sich als ganzer Mensch abgelehnt, wenn ihre Gefühle abgelehnt werden. Dies gilt natürlich auch für Trauer. Daher ist es auch wichtig, dass das Kind weinen darf und es für die Eltern ok ist, wenn ihr Kind gerade traurig ist.
Ist Verständnis, Erlaubnis und Ruhe da, dann gibt es viele verschiedene Herangehensweisen. Einem Kind hilft die verbalisierte Akzeptanz seiner Gefühle, also z.B. „ich sehe, du bist wütend und das ist ok“ oder „ich verstehe, dass es gerade schlimm für dich ist, wenn du dies oder jenes jetzt nicht bekommst oder nicht darfst und es ist ok, wenn du wütend bist.“
#4 Auf das Kind eingehen
Andere Kinder werden durch das Verbalisieren aber noch wütender, da ist es hilfreich, einfach nur da zu sein. Manche Kinder wollen gestreichelt oder in den Arm genommen werden. Andere lassen sich nicht angreifen. Es gibt auch Kinder, die in ihrer Wut alleine sein wollen. Anderen ist es wichtig, dass jemand da ist.
Manchen Kindern hilft es, wenn sie die Wut in den Boden stampfen oder in ein Kissen schlagen können. Andere beruhigen sich schnell, wenn sie Softbälle oder Stofftiere gegen die Wand werfen können. Einfach nur laut schreien kann auch helfen.
Welche die für unser Kind „richtige“ Art der Begleitung ist, können wir nur durch Ausprobieren und Ernstnehmen der jeweiligen Rückmeldungen des Kindes feststellen, denn jedes Kind hat ganz individuelle Wünsche, ob und wie es begleitet werden möchte.