Lockdown 2.0.: Wie wir als Familie die „Wiederholung“ erleben

Ab spätestens April 2020 kam die Hoffnung auf, dass wir nie wieder einen Lockdown erleben müssen. Im Mai war die Freude groß, als alles wieder Richtung Normalität tendierte. Jetzt erleben wir ein Déjà-vu.

Keine Veranstaltungen mehr, die Gastronomie geschlossen, die Freizeitmöglichkeiten sehr stark eingeschränkt. So zeigt sich der November und wohl auch noch der Dezember in Österreich. Die derzeit verhängte Ausgangssperre empfinden wir als Familie nicht allzu schlimm. Spätestens um 20.00 Uhr sind wir unter der Woche ohnehin zuhause, ab 21.00 Uhr sind die Kinder dann meist im Bett. Danach genehmigen sich die Eltern dann noch nach Lust und Laune ein gutes Gläschen Wein oder fällt ebenfalls sehr bald müde ins Bett. 

Doch die Situation ist dennoch anders als „normalerweise“. Die Arbeitstreffen haben sich Schritt für Schritt wieder in den virtuellen Raum verlagert. Papa und Mama sitzen in getrennten Räumlichkeiten und arbeiten ihre Termine ab, schreiben ihre E-Mails und Texte und gehen sonstigen Beschäftigungen nach. Wer glaubt, dass dadurch für Essen und Spielen mehr Zeit bleibt, der irrt. Eher gleicht die Situation einem Spagat, einem Sowohl-als-Auch, einem Gefühl, dass beide Ebenen – Eltern und Beruf – auf irgendeine Weise zu kurz kommen. 

Fehlende Optionen

Auch die Abende fühlen sich anders an. Das völlige Fehlen jedweder Option seine Zeit, ob einzeln oder als Paar, draußen bei einem Konzert oder in der Gastronomie zu verbringen ist auf eine seltsame Weise belastend. Nicht, dass man sonst jeden Tag weggegangen wäre, manchmal waren es auch Wochen ohne „Ausgang“. Aber der Zwang, die Stille, die fehlenden Möglichkeiten sind irritierend und belastend. Ein gutes Konzert hat nämlich schon oft die gedrückte Stimmung, wenn der Haussegen mal etwas schief hing, wieder aufgeheitert – wovon alle Seiten profitierten. 

Die Euphorie das späten Frühlings, dass bald alles wieder in einem Normalzustand sein würde, ist bei sehr vielen Menschen verflogen.

Man ist dabei automatisch dazu „gezwungen“ hinzusehen, was zuhause manchmal unrund läuft. Das Problem zusätzlich ist, dass man nicht einfach so zeitweise „aussteigen“ kann und damit einen neuen, frischen Blick auf die Konflikte bekommt. Man ist gewissermaßen in diesen gefangen, fast ohne sich selbst seelisch und perspektivisch außerhalb neu „aufzuladen“.

Auch der Blick von unserem Wohnzimmer auf die Stadt gibt uns kaum Kraft. Die einst eher strahlende leuchtende Stadt ist dunkler geworden. Sie wirkt, wie die Menschen in ihr, müde und ermüdet. Gespräche mit Menschen in der Stadt untertags, sofern es zu welchen kommt, gehen in eine ähnliche Richtung. Viele können sich kaum aufraffen, das alles „wieder durchzustehen“. Die Euphorie das späten Frühlings, dass bald alles wieder in einem Normalzustand sein würde, ist bei sehr vielen Menschen verflogen. Jetzt ist die Frustration da, dass alles wieder „von vorne“ anfängt. 

Bei unseren Kindern herrscht, abgesehen von der Maskenpflicht in der Schule, noch weitestgehend Normalität. Aus dieser wollen wir sie auch nicht herausreißen. Sie gehen nach wie vor normal in die Schule und in die Nachmittagsbetreuung. Wir haben zum einen Vertrauen in die vor Ort getroffenen Maßnahmen, andererseits wollen wir bewährte Strukturen für sie erhalten – so lange es geht. 

Vorbereitung auf die „Wiederholung“

Ehrlich gesagt, tun wir es aber auch für uns als Eltern. Wir verstehen diese Zeit der relativen Normalität, zumindest in Bezug auf den Schulalltag, als eine Schonfrist. Als eine Zeit, in der wir uns sammeln können, vorbereiten. Wir versuchen in dieser Zeit neue Strategien zu erproben. 

Strategien, die es uns ermöglichen, dass es dieses Mal etwas runder läuft. Dass es nicht zu Wutanfällen unserer Mädels kommt, die ihre sozialen Kontakte vermissen und von einem Tag auf den anderen ihrer „Normalität“ beraubt wurden. Mit der Erfahrung, die wir in der Zeit des ersten Lockdowns gemacht haben, können wir die Sache jetzt anders aufstellen.

Mit mehr Zeit, mehr Muße, mehr Geduld und einer Souveränität, die man sich im ersten Total-Lockdown erst erarbeiten musste. Die technischen Tools dafür beherrscht man mittlerweile im Schlaf, die Kommunikationskanäle sind klar und, im Gegensatz zum ersten Mal auch vorbereitet und vorhanden. 

Andererseits ist die Erinnerung an den ersten Lockdown noch frisch. Sorge, dass alles wieder „aufbrechen“ könnte und ursprüngliche Konflikte wieder schneller da sind, als uns lieb ist, sind sehr präsent.

Jetzt können wir nur abwarten. Und hoffen, dass es mehr als nur eine Schonfrist ist und wir nicht mitten hinein in den zweiten Total-Lockdown schlittern.

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