Mit der ganzen Familie in und durch die Fastenzeit gehen
Der Euphorie des Faschingsdienstags folgt eine Zeit des Verzichtes. Dem Jubel eine Zeit der Trauer. So könnte es oberflächlich wirken. Doch es geht um wesentlich mehr.
Bewusst oberflächlich gehalten: Am Faschingsdienstag haben wir noch ausgiebig Faschingskrapfen gegessen, uns verkleidet und zu Mittag wurde auf gar nichts verzichtet, schon gar nicht auf Fleisch. Papa und Mama haben sich ein gutes Fläschchen Sekt aufgemacht und sind danach ein wenig zum närrischen Treiben in ihrem „Grätzl“ gegangen.
Wie anders ist da der folgende Aschermittwoch! Radikaler Fleischverzicht! Im besten Fall keine Süßigkeiten! Alkohol ist absolut tabu! Und wofür? Vor allem Kinder scheint es unklar zu sein. Klar ist: Verzicht ist wenig optimal und heißt, auf geliebte Dinge und kulinarische Genüsse verzichten zu müssen. Natürlich kann man das religiös unterfüttern. Von der Leidensgeschichte Jesu reden, der für uns gelitten hat und uns schließlich vor dem Tod erlöst hat.
Unser Verzicht erscheint winzig verglichen mit den Leiden, die Jesus auf sich genommen hat.
Bitte nicht falsch verstehen: Es ist wichtig darüber zu reden! Schon alleine deshalb, damit diese Tage und später auch die damit verbundenen Feiertage nicht einfach so „in der Luft hängen“ und als leere Rituale dastehen, von denen sich weder Sinn noch Notwendigkeit greifen oder begreifen lässt.
Aber: Meine Erfahrung ist, dass sich das „Äußere“ dieser Tage nur schwer auf das eigene Innere übertragen lässt. Zumindest dann nicht, wenn es bei dem „Äußeren“ der Bibelerzählung bleibt und deren Essenz nicht auf das „Inneren“ des eigenen Daseins übertragen wird.
Was bedeutet Verzicht für uns?
Soll heißen: Wir müssen uns fragen, was Verzicht für uns bedeutet und warum er wichtig ist. Es reicht nicht zu sagen, dass wir verzichten, weil Jesus gelitten hat. Es muss uns klar sein, dass auch wir Höhen und Tiefen durchleben und dass uns die Tiefen stärker machen. Dass der Verzicht auch bedeutet, dass das Schöne und Gute danach nur umso schöner und besser ist.
Verzicht bedeutet für uns als Familie zuallererst vom Alltäglichen und Selbstverständlichem Abstand zu gewinnen.
Braucht es diesen reflexhaften Griff zum Müsliriegel wirklich? Muss es diese Süßigkeit wirklich sein? Oder bei Papa: Ist das Feierabendbier wirklich notwendig?
Genuss oder Angewohnheit?
Hinter all dem steht die Frage: Ist das alles noch Genuss, oder ist es schon eine – mehr oder weniger – verzichtbare Angewohnheit? Was passiert mit mir als Einzelnem, wenn wir es weglassen, wenn wir ganz generell loslassen und uns losmachen von Gewohnheiten und fixierten Ritualen, die wir eigentlich gar nicht benötigen würden?
Ich glaube bzw. wir glauben, dass wir so in der Fastenzeit zu neuen Erkenntnissen gelangen. Jede und jeder auf seine Art und Weise und seinem Reflexionsvermögen entsprechend. Die Fastenzeit ist jedenfalls so viel mehr als Verzicht! Und so viel mehr als eine Tradition, die sich aus einer biblischen Erzählung speist.