„Terrible two“: Zwischen Trotz und Selbstfindung

Wenn das Kind mit zwei Jahren plötzlich verrückt geworden zu sein scheint und man als Eltern das Gefühl hat, sich in ein Raubtiergehege verirrt zu haben, gilt es, selbst ruhig zu bleiben, um die Wogen wieder zu glätten. Leichter gesagt als getan.

Am Anfang war da ein kleines Baby. Man wusste gar nicht so recht, was man damit machen sollte. Es konnte nichts und tat auch nicht wirklich viel. Außer das Übliche eben, und das oft: schreien, trinken, Windeln füllen und schlafen. Und von vorn. Somit war die ganze Sache zwar nicht besonders aufregend, dafür aber recht überschau- und kontrollierbar.

Rund um den ersten Geburtstag herum, begann sich dann immer mehr eine kleine Persönlichkeit zu entwickeln und ein Charakter zu formen. Zudem konnte das kleine Menschlein inzwischen bereits sitzen, krabbeln und auch etwas laufen. Nachdem außerdem das Interesse an der Kommunikation geweckt war („Mami“. „Ohhh sie hat Mami gesagt! Sag nochmal Maaa-mi“…Ja, auch diese Errungenschaft würden später so manches Mal gerne rückgängig machen: „Ich will kein Mami mehr hööööören! Ruuuuuhe!“), wurde der Alltag schon bedeutend abwechslungsreicher und weit weniger eintönig.

Man könnte sich daran gewöhnen, hat sich von den Strapazen der Geburt und ersten, vielen langen/kurzen Nächten mit Baby erholt. So mancher beginnt über ein Geschwisterchen nachzudenken…

Die Miniversion eines pubertierenden Teenagers

Doch dann ist er da. Der zweite Geburtstag und mit ihm das berüchtigte 3. Lebensjahr: die Phase „Terrible two“. Das Trotzalter. Oder wie immer man es nennen mag. In Wahrheit kann man es nicht gut benennen und hat vielmehr das Gefühl, es (an manchen Tagen) mit der Miniversion eines überdurchschnittlich „schwierigen“ pubertierenden Teenagers zu tun zu haben.

Von himmelhoch jauchzend (Grenzenlose Begeisterung angesichts eines Stück Kuchens beispielsweise) bis hin zu Tode betrübt (Jemand hat sich erlaubt, das Kuchenstück mundgerecht klein zu schneiden. Es ist jetzt nicht mehr essbar.) ist alles dabei.

Mit 2 ½ beherrschen wir auch bereits die Teenagerfloskeln schlechthin: „Mami raaaus“, „Geh weg“, „Das ist mein Zimmer“, „Neeein, kein Bussi“. Zusätzlich mit im Sortiment: Wutausbrüche in der Öffentlichkeit (Im Gegensatz zum echten Teenie ist dem Zweijährigen vollkommen egal, was andere von ihn denken. Der Gruppenzwang scheint wohl erst ab Kindergarteneintritt Einzug zu halten), Atemnot aufgrund von Schreianfällen, das „Hände-vor’s-Gesicht-und-sich-zu-Boden-werfen“ à la Dramaqueen.

Terrible two – was tun?

Die genervte, gestresste Mutter (ich) steht also so manches Mal ratlos daneben und überlegt, was man da machen könnte.

Was hilft nicht?

  • Mitschreien: Sehr verlockend, macht aber alles nur noch schlimmer. Das Kind ist bereits total verunsichert und das letzte, was es braucht, ist eine Bezugsperson, die genauso instabil und verwirrt reagiert.
  • Auslachen und die (zugegebenermaßen übertrieben wirkenden) Gefühlsausbrüche nicht ernst nehmen.
  • Das Kind ohne Begründung inmitten seiner „Krise“ allein lassen.

Was kann helfen?

  • Sich Zeit nehmen und dem Kind ebenfalls Zeit geben. Einfach versuchen, eine Weile ruhig daneben zu sitzen (ich weiß, manchmal ein Ding der Unmöglichkeit) oder etwas Abstand zu wahren und zuzuwarten.
  • Nicht überstürzt reagieren, sondern getroffene Entscheidungen, Vorhaben, etc. erklären und kindgerecht begründen.
  • Sinnvolle Regel aufstellen und deren Einhaltung auch konstant einfordern (z.B. Gegessen wird im Sitzen, angesichts der Verschluckungsgefahr, aber vor allem: Ich will hier nicht schon wieder putzen!!!).

Im Trotzalter entdecken Kinder die Umwelt

So schwer es mir auch fällt und so oft und leicht ich auch die Nerven verliere, ich weiß, meine Tochter hat selten einfach böse Absichten. Sie will mich nicht einfach nur ärgern. Sie ist unter größter Anstrengung dabei, sich selbst und ihre Umwelt zu entdecken, sich ganz langsam ein „Weltbild“ zu erarbeiten. Ihr Zeitverständnis ist meist ganz anders als meines und ihre Prioritäten sind ebenfalls vollkommen anders organisiert. Die kleine Welt eines Kindes mag häufig unbedeutend oder angesichts unserer Wichtigkeiten, Pflichten und Termine sogar vernachlässigbar erscheinen, aber in den Augen der Kleinen bleibt es: Die ganze Welt. Und sie haben gerade erst begonnen, diese zu entdecken.

Ähnliche Artikel

Ein Artikel von

Blog

Weitere Artikel des Autors lesen