Warum wir unseren Kindern (noch immer) vorlesen

Warum lesen wir unseren 6 und 8 Jahre alten Töchtern noch immer vor und was steht in unserem Bücherschrank?

Schon mit einem halben Jahr haben wir begonnen, unseren Kindern vorzulesen. Anfangs ganz einfache Pappbilderbücher, später längere Geschichten mit bunten Bildern und nach wie vor ist Vorlesen bei uns eine der gemeinsamen Lieblingsbeschäftigungen. Unsere Töchter sind (fast) 6 und 8 und können eigentlich schon selber lesen, das tun sie auch sehr gern. Die große Tochter liest unsere alten 5 Freunde Bücher und so ziemlich alles mit Tieren, das sie findet. Oft liest sie auch ihrer kleinen Schwester etwas vor und gemeinsam lieben sie Hörspiele und Tip-Toi-Bücher.

Trotzdem, das gemeinsame Vorlesen auf der Couch oder im Bett fordern sie nach wie vor ein und genießen es – und wir auch!

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Was bringt Vorlesen?

Durch Tonie-Boxen, Hörspiel-Apps und diverse Tabletprogramme könnte man annehmen, dass Vorlesen an Wichtigkeit verliert. Es ist ja alles für die Kinder selbst bedienbar und unterhaltsam. Doch durch das Vorlesen geschieht automatisch Sprachförderung: der Erwachsene spricht die Wörter richtig aus, betont Satzteile, gibt Stimmungen wieder, spielt mit der Stimme. Das alles prägt sich beim Kind mehr ein, wenn es „live“ passiert. Außerdem wird die Grammatik gefestigt und der Wortschatz erweitert, je öfter man das gleiche Buch vorliest, desto besser bleiben neue Begriffe hängen und werden „gespeichert“!

Beziehungspflege

Vorlesen hat aber noch einen ganz wichtigen Faktor, den ein technisches Gerät nie ersetzen kann: es ist gleichzeitig Bildung, Erziehung und Beziehungspflege. Meistens wird beim Vorlesen gekuschelt, jüngere Kinder sitzen oft noch am Schoß und der Körperkontakt ist ganz wichtig. Dadurch spüren die Kinder einerseits: Mama oder Papa haben jetzt nur für mich Zeit, sie sind da und ganz nahe – andererseits gibt ihnen die körperliche Nähe auch Sicherheit. Bilderbuchgeschichten können schon ganz schön aufregend sein, durch die Bilder wird das oft nochmals verstärkt und viele Bücher greifen Themen der Kinder auf emotionaler Ebene auf: Angst, Wut, Streit, Unsicherheit, Spannung, Mut, klein oder groß Sein, Unbekanntes wagen, Freunde finden… manchmal weiß man als Eltern auch erst viel später, was Kinder bei einem Buch wirklich anspricht und beschäftigt.

Wertebildung durch gemeinsames Lesen

Bei unseren Töchtern merken wir, dass bei den vorgelesenen Büchern einiges „nachwirkt“. Es ergeben sich manchmal im Anschluss, manchmal auch in ganz anderen Situationen immer wieder intensive Gespräche über Themen des Buches.

Wieso hat jemand so gehandelt? War das gut? Was würde ich in so einer Situation (anders) machen?

Kinder bewerten Gehörtes genau so wie Erlebtes. Wie passt das in meine Weltsicht, in mein Wertesystem? Wie „funktioniert“ die Welt, das soziale Miteinander, unsere Gefühle und soziale Fähigkeiten wie Empathie, Rücksicht, Mitleid, Hilfsbereitschaft? Unsere Kinder lernen, ihre Gedanken und Sichtweisen zu formulieren und zu verbalisieren. Sie schaffen es immer besser, über das Gehörte nachzudenken und die allgemein gültigen Aussagen darin auch für ihr Leben umzulegen:

Der Räuber Hotzenplotz will wirklich ein besserer Mensch werden – man kann das schaffen! Das kleine Gespenst erkennt, dass Wünsche manchmal nicht so toll sind wie gedacht und wir Hilfe brauchen. Der kleine Wassermann hat mutig Neues erkundet und dabei Freunde gefunden und der kleine Mann war winzig und gleichzeitig großartig.

Was lesen wir vor?

Je älter unsere Kinder werden, desto länger werden die Bücher! Wir wählen sehr bewusst aus, was wir gemeinsam lesen und greifen gern zu den Klassikern und Büchern mit „guten“ Werten. Ist immer alles aktuell und zeitgemäß? Nicht unbedingt, aber wir erklären unseren Kindern während des Lesens auch, wenn bestimmte Begriffe nicht mehr zeitgemäß sind oder wie das „früher“ war, z.B.: mit den Telefonen.

Im letzten Jahr haben wir etliche Bücher gelesen, nur einige Favoriten davon möchten wir hier aufzählen:

 Räuber Hotzenplotz, Band 1-3

Auf diese Bücher sind wir durch Fam. Büchsenmeister gekommen! Als Kind haben wir sie sicher auch gelesen, aber sie waren nicht mehr ganz auf unserem Radar. Unsere Kinder haben oft gelacht und mitgefiebert, besonders überraschend war dann die Wandlung des Räubers im letzten Band. Sie litten mit dem einst bösen Räuber mit, der nun zu Unrecht verdächtigt wurde.

 Das kleine Gespenst

Ein weiterer Klassiker, der unsere Kinder und uns (wieder) entzückt hat. Das kleine Gespenst hat eigentlich Pech und stiftet dadurch Verwirrung und Unheil, mit der Hilfe von alten und neuen Freunden gibt es aber ein glückliches Ende.

 Der kleine Wassermann

Der kleine Wassermann ist ein neugieriger kleiner Kerl, der seine nähere und weitere Umwelt entdecken möchte und dabei viel erlebt. Manches zeigt menschliche Selbstverständlichkeiten durch eine erstaunte und faszinierte „Brille“.Unsere Kinder sind mitten in der magischen Phase und fanden die Welt der Wassermänner ganz wunderbar.

 Pippi Langstrumpf

Die Bücher über Pippi mit den unglaublichen Ideen und Erlebnissen, ihrer Stärke und dem Humor hat unsere Kinder – wie schon Generationen vor ihnen – schwer begeistert. Wir Eltern sind (vermutlich berufsbedingt) eher dankbar, dass unsere Kinder meistens keine Pippis sind, aber das Vorlesen machte uns ebenfalls Spaß!
Zu Weihnachten gab es dann die DVD-Box, die zu einem langen Film-Marathon zu Silvester führte.

 Die Kinder von Bullerbü

Die Kinder im Dörfchen Bullerbü erleben eine Kindheit im Rhythmus der Natur, ein Auf und Ab der Jahreszeiten, des Schuljahres und des Dorflebens (mit aller harten Arbeit für die Erwachsenen). Ein bisschen ist es die „heile Welt“, die vor allem wir Erwachsene uns für unsere Kinder wünschen. Ich weiß noch, dass ich als Kind genau so eine Stube wie Lisa haben wollte, mir einen Fleckerlteppich gewünscht habe und mich im Sommer bemüht habe, die Erdbeeren so aufzufädeln wie die Mädchen im Buch. Ganz ähnlich war es bei unseren Töchtern; nach dem dritten Mal Lesen ging es bei ihren Spielen lange Zeit nur um Wassergeister, Kätzchen, Krebse fangen, Hütten und Heuböden…

 Der kleine Mann / Der kleine Mann und die kleine Miss

Die Sprache von Erich Kästner ist zum Vorlesen nicht immer ganz einfach – nach vielen Otfried Preußler und Astrid Lindgren Büchern vielleicht auch einfach ungewohnt für uns.
Aber die Geschichte des winzig-kleinen Buben, der ein großer Star als Zirkusartist wird, ist einfach liebenswert! Seine Sehnsucht nach einem Freund im zweiten Buch, der ihm ähnlich ist, ist außerdem ein Thema, das jedes Kind kennt.

 Die Chroniken von Narnia

Das ist unser aktuelles „Projekt“, derzeit lesen wir Band 2. Anfangs fanden die Kinder es (fast zu) aufregend, aber die Entstehung von Narnia zog sie schnell in ihren Bann. Die Geschichte mit all ihrer Symbolik und dem Sinngehalt berührt auch uns innerlich jedes Mal wieder tief.
Unsere Kinder verstehen jetzt mit (fast) 6 und 8 den Inhalt und auch die Bedeutung schon gut! Gerade bei diesen Büchern merkt man auch, wie wertvoll das miteinander Lesen ist, denn es ergeben sich – auch durch die Vorbereitung unserer älteren Tochter auf die Erstkommunion – Gespräche über religiose Inhalte.

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Wir hoffen, dass unsere Kinder noch lange das gemeinsame Lesen genießen, denn unsere Bücherliste ist noch lang! Die Tintenherz Bücher, die Bücher von Jostein Gaarder, Harry Potter, Der kleine Lord, Der geheime Garten und noch so viele mehr… Wer weiß, vielleicht wechseln wir uns bald mit dem Lesen ab!

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