Was tun, wenn die Volksschulzeit zu Ende geht? - Weiterführende Schulen
In der 4. Klasse Volksschule steht die Wahl der weiterführenden Schule an, die Eltern und Kind einige Zeit beschäftigt.
Manche Eltern sind der Meinung, dass hier der Grundstein für das gesamte weitere Leben gelegt wird und sind bei der Auswahl dementsprechend ehrgeizig. Das ist nichts schlechtes, aber bitte informieren wir Eltern uns vorher ein wenig und reden mit dem Kind darüber– am besten schon am Anfang der 4. Klasse.
Welche Schulformen gibt es zur Auswahl nach der 4. Klasse Volksschule?
Es gibt zwei Schulformen in Österreich – die Mittelschule (vormals Neue Mittelschule bzw. Hauptschule) und die AHS (Gymnasium), die nach der Volksschule besucht werden .
Außerdem Schulformen wie die Rudolf-Steiner-Schule oder Waldorfschule, die einen anderen Lehrplan haben.
Mittelschule und AHS (Gymnasien) haben den selben Lehrplan.
Die Mittelschule bereitet auf einen beruflichen Bildungsweg oder auf Weiterbildung in der Oberstufe vor. Die AHS vermittelt breites Allgemeinwissen und schließt nach 8 Jahren mit der Reifeprüfung (Matura) ab.
#1. Die Mittelschule
Der Lehrplan der Mittelschule nimmt Rücksicht auf unterschiedliche Lerntempi und das Potential der Schüler. In den Fächern Deutsch, Mathematik und Lebende Fremdsprache wird zwischen zwei Leistungsniveaus mit den Bezeichnungen „Standard“ und „Standard AHS“ unterschieden, die im Zeugnis vermerkt werden.
Mitteschulen können folgende Schwerpunkte haben:
- Sprachlich-humanistisch-geisteswissenschaftlich
- Naturwissenschaftlich-mathematisch
- Ökonomisch-lebenskundlich
- Musisch-kreativ
- sowie Sonderformen wie einen Sport- , Musik-, Informatik- oder MINT-Schwerpunkt.
#2. Die Allgemeinbildende Höhere Schule (AHS)
Alle AHS haben bis zur dritten Klasse haben einen identen Lehrplan, dann wird unterschieden in
Gymnasium: zusätzlich Latein, Chemie (4.Klasse), kein Textiles oder technisches Werken.
Realgymnasium: zusätzlich Geometrisches Zeichnen, Chemie (4. Klasse), mehr Mathematik.
Wirtschaftskundliches Realgymnasium: Chemie (3. und 4. Klasse), mehr Textiles oder Technisches Werken, mehr Musikerziehung.
Das hier sind nur grobe Unterteilungen, um sich einmal einen Überblick zu verschaffen.
Bei der Besichtigung der Schulen – ich rate zum Tag der offenen Tür – wird die Stundentafel noch viel genauer erklärt, es gibt Schwerpunkte zusätzlich zum Lehrplan oder „Schulversuche“.
Was will das Kind und was kann das Kind?
#1. Interessen und Wünsche des Kindes und der Eltern
Am besten setzt sich die Familie im Vorfeld zu einem Gespräch zusammen und jeder darf seine Wünsche und Vorstellungen äußern.
Vor allem dem Kind ist unbedingt Gehör zu verschaffen!
Es muss schließlich die nächsten vier oder acht Jahre in der neuen Schule verbringen. Das Lernen und die soziale Entwicklung wird ihm leichter fallen, wenn es sich in der Schule wohlfühlt.
Viele Kinder bevorzugen die Schule, in die die beste Freundin/bester Freund geht.
Das muss nicht unbedingt die beste Wahl fürs eigene Kind sein, wenn es andere Interessen oder Fähigkeiten hat. Es wird in der neuen Schule Freunde finden – auch wenn es im Moment eine schreckliche Vorstellung für das Kind ist.
#2. Talente, kognitive Fähigkeiten und Wissen
Durch Beobachtung des Kindes und im Austausch mit der Lehrperson – die kennt das Kind in schulischer Umgebung schließlich am besten – wird klar, wo die Stärken und Talente des Kindes liegen.
Wie verhält sich das Kind beim Lernen? Wie kann mein Kind Wissen aufnehmen, verarbeiten und abspeichern?
Hat das Kind ausreichend Kompetenzen erlernt? Kann es angeeignetes Wissen abrufen und wiedergeben z.B. Rechtschreibung?
Das spiegelt sich auch im Zeugnis wider. Für die Aufnahme in die AHS wird ein gutes Zeugnis verlangt.
Darüber hinaus spielt die Lernbereitschaft, das Durchhaltevermögen, die Selbstständigkeit und das Zeitmanagement eine Rolle.
Ich bin ganz klar der Meinung, dass Überforderung und Leistungsdruck den Kindern nicht guttun und eine Mittelschule eine Bereicherung sein kann.
Also bitte nicht in der 4. VS-Klasse mit viel Nachhilfe ein „Sehr gut“ im Zeugnis erzwingen!
Auswahl nach inhaltlichen, pädagogischen und praktischen Kriterien
Die inhaltliche Richtung der Schule war für uns bald klar und somit sind schon einige Schulen weggefallen.
Wir haben dann auch überlegt, ob ein bestimmter pädagogischer Ansatz z.B. kooperatives selbstständiges Lernen, Montessori oder auch ein reformpädagogischer Ansatz für uns bzw. für unsere Tochter in Frage kommen.
Und schließlich die praktischen Überlegungen: Wie ist der Weg zur Schule und wie viel Zeit benötigt das Kind? Oft gibt es in der Früh einen „Sonderbus“ mit geänderter Streckenführung oder einen zusätzlichen „Schülerzug“, der super Verbindungen bietet.
Mittags oder am Nachmittag schaut das aber oft anders aus. Bietet die Schule eine Nachmittagsbetreuung mit Mittagessen an? Wäre eine Ganztagesschule für das Kind interessant?
Wenn das Kind eine Lernschwäche hat oder anderweitig Unterstützung braucht, wird in dieser Schule darauf Rücksicht genommen bzw. bietet die Schule Sonderkurse an?
Die Atmosphäre spielt sicher auch eine wichtige Rolle: Wie groß ist die Schule? Ist sie neu oder schon sehr abgewohnt? Wie ist die Ausstattung?
Werden neue Medien, Laptop oder iPad schon ab der zweiten Klasse zum Schreibwerkzeug der Wahl?
Ist die Schule eine Privatschule und kostet Schulgeld?
Maximal drei Schulen in die engere Auswahl nehmen
Drei bis fünf Schulen sollen in die engere Auswahl kommen. Es empfiehlt sich, zwei (maximal drei) Tage der offenen Tür zu besuchen, mit Schülern, Lehrern und dem Schulleiter zu sprechen und sich unbedingt ein eigenes Bild zu machen.
Es gibt immer Schulen, die gerade besonders beliebt und in Mode sind. Und über jede Schule weiß jemand eine schlimme Geschichte zu erzählen.
Manche Schulen bilden auch „Orientierungsnachmittage“ und Probeunterricht an, bei denen das Kind noch mehr Einblicke in die Schule erhält.
Ich plädiere für das Bauchgefühl von Mama und Papa und vor allem dem des Kindes.
Wo es sich wohlfühlt, wird es gut zurechtkommen und gut lernen.
Fristen und Prüfungen
Tag der offenen Tür oder auch die Homepages der Schulen bieten einen guten Überblick, wann was zu erledigen ist.
Viele Schulen verlangen eine Aufnahmeprüfung/Aufnahmegespräch bzw. einen Eignungstest. Am besten schon beim Erstkontakt mit der Schule nachfragen, was erforderlich ist und wer von der Schule als geeignet angesehen wird.
Viele Schulen betonen, dass sie Wert legen auf eine zwanglose Atmosphäre bei der Eignungsprüfung, um einen möglichst authentischen Eindruck vom Kind zu bekommen. Angestrebertes Wissen wird dem Kind nur beim Test helfen, später aber weniger.
Gleichzeitig finde ich es wichtig, dass auch das Kind die Möglichkeit hat, einen guten und richtigen Eindruck seiner zukünftigen Schule zu erhalten.
Nicht zu früh festlegen
Ich glaube, die Schulwahl funktioniert gut, wenn die Eltern im engen Austausch mit dem Kind stehen und nach dessen Wünschen und nach eigenen Vorstellungen schon mal einige Schulen vorsortieren.
Dann zwei Schulen ansehen, die passen könnten.
Und dann kommt es eh immer anders als man denkt – das Kind fühlt sich nicht wohl oder es schafft den Aufnahmetest nicht.
Daher bin ich der Meinung, dass man trotzdem offen für alles bleiben sollte, auch wenn es bedeutet, dass das Kind nicht ins Gymnasium der 1. Wahl kommt oder eine Mittelschule anfangs ohne (Schul-)Freunde besuchen wird.