Wenn der Familienurlaub mit einer Katastrophe endet

Familienurlaube haben auch einen Zweck: Erinnerungen für Kinder zu schaffen, die bleiben. Unser Urlaub bleibt ebenfalls in Erinnerung, aber aus unüblichen Gründen.

Wir waren – wie fast jedes Jahr – noch kurz vor Schulbeginn eine Woche am Meer. Die Bedürfnisse unserer Kinder – mittlerweile 12 und 16 Jahre alt – ändern sich aber: So wurde es dem einstigen Strandurlaub zunehmend eine Mischform: Ein paar Tage am Strand und ein paar Tage, die wir mit Ausflügen in Wasserparks oder nahegelegenen größeren Städten zum Shopping verbringen.

So weit so gut. So weit so flexibel.

Und so weit so verständlich. Nur, dass aus dem eigentlich gemütlich gedachten Strandurlaub somit etwas ganz anderes wurde. Nicht, weil wir als Eltern die neue „Mischform“ nicht akzeptieren könnten. Im Gegenteil, wir genießen diese Form, die die richtige Mischung aus Abenteuer, Entdeckungen und Gemütlichkeit versprechen.

Um es kurz zu machen: In diesem Urlaub wurden wir bestohlen! Und nicht nur irgendwie und ein wenig, sondern massiv. Unser letzter Tag führte uns auf der Heimreise nach Bologna, um dort noch zwei bis drei Stunden vergnügliches Shopping mit unseren Mädels zu erledigen. Sie hatten einige Marken und einige Geschäfte im Blick.

Als war am frühen Nachmittag zu unserem Auto zurückkamen war dort die Katastrophe perfekt: Die Hinterscheibe war zerschlagen, die Koffer, Laptop und Schmuck und vieles mehr einfach futsch. Ein darauffolgender Besuch bei der Polizei vor Ort zerstreute die Hoffnung, dass wir unsere Wertgegenstände jemals wiedersehen würden. Mit improvisiert „geflicktem“ Fenster ging es dann geknickt heimwärts.

Waren damit die ganzen schönen Urlaubserinnerungen zunichte gemacht?

Überschattete dieses überaus unangenehme Erlebnis die letzten, sehr schönen Tage? Ich versuchte dieses Thema auf der stundenlangen Fahrt, bei der die Stimmung verständlicherweise sehr gedrückt war, aufzugreifen. Ist es für uns möglich, die schönen Erinnerungen zu behalten und das Negative, das uns gerade eben widerfahren war, auszublenden bzw. zu isolieren? Schließlich hatten diese letzten Stunden, die wir verzweifelt vor unserem Auto und auf der Polizeistation verbrachten, wenig von Urlaub. Es war eher Stress pur, zu dem sich neben Verzweiflung auch das Gefühl von Verlust und Hilflosigkeit mischte.

Für uns als Erwachsene brachten diese Stunden einiges an Erkenntnis: Wir hingen tendenziell weniger an Klamotten und Habseligkeiten als unsere Mädels. Überhaupt tat uns deren Verlust und der Verzweiflung mehr weh, als die unsere.

Die Wut auf die Diebe war groß.

Nicht weil sie unsere Sachen gestohlen hatten, sondern weil sie unseren Kindern ein Gefühl der Hilflosigkeit, des Verlustes und der Unsicherheit geben. Einen Teil des eigenen Hab und Gutes auf diese Weise zu verlieren, schmerzt, verunsichert, macht unruhig, bringt einem zum Nachdenken.

Wir diskutierten noch über mögliche Beweggründe des Diebstahls: Waren es Profis, die aus dem Diebstahl Profit schlagen wollten? Waren es verzweifelte Menschen am Rande des gesellschaftlichen Abgrundes, die damit versuchten, wenigsten noch ein paar Euro zu verdienen und damit ein paar Monate über die Runden zu kommen? Konnten solche Taten überhaupt gewissermaßen erklärt oder gar entschuldigt werden?

Es ergab sich jedenfalls ein interessantes Gespräch. Und damit passierte etwas, das ich insgeheim erhofft hatte: Wir redeten nicht mehr über unseren Urlaub, sondern über die Taten in Bologna. Wir konnten diese Taten in gewisser Weise isolieren. Über den Urlaub selbst wurde kein Wort gesprochen. Und zwar nicht deshalb, weil er so extrem überschattet wurde, sondern weil uns diese Zeit zu kostbar erschien, zu schön, um sie mit dem Unsäglichen in Verbindung zu bringen, das uns am letzten Tag widerfahren war…

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