Wenn Mama und Papa streiten

Lotta und Luis sind sieben Jahre alt und besuchen die erste Klasse der Grundschule. Als sie eines Tages nach Hause kommen, verhalten sich deren Eltern „komisch“. Schweigend sitzen sie am Tisch und essen gemeinsam zu Abend. Mama schweigt, Papa wirkt genervt. Als die beiden dann eine Diskussion beginnen und Lotta und Luis im Bad sind, um sich für die Nacht fertig zu machen, fühlen sich die Geschwister nur noch schlecht.

Sind etwa sie schuld, dass sich Mama und Papa in letzter Zeit immer häufiger streiten, dass die Stimmung angespannt ist?

Werden sie sich womöglich sogar trennen? Dies haben die Kinder nämlich in der Schule mitbekommen. Die Eltern eines Kindes ließen sich vor kurzem scheiden und das Kind musste sich entscheiden, bei wem es seine meiste Zeit verbringen würde. Lotta und Luis wissen, dass das für dieses Kind sehr schlimm war. Plötzlich fühlen sich Lotta und Luis nur noch elend. Was, wenn ihre Eltern die nächsten sind, die sich trennen? Was würde dann passieren, wie würden sie das aushalten? Sie mochten doch Mama und Papa beide gleich gerne.

Als Papa ins Bad kommt und sieht, dass Lotta und Luis den Tränen nahe waren, holt er Mama dazu. Gemeinsam erklären diese den Kindern, dass sie momentan einige Probleme hatten, für die sich schwer, aber doch eine Lösung finden würde. Sie konnten den Kindern versichern, dass es nichts mit ihnen, sondern mit Papas Arbeit und mit einigen Dingen, die das Haus der Familie betrafen, zu tun hatte. Sie erklärten, dass sich Lotta und Luis keine Sorgen machen mussten, dass sie als Eltern das Problem angehen würden.

Zum Schluss umarmten sich alle vier, es gab einen „Familienkuss“ und die Kinder konnten beruhigt zu Bett gehen, mit der Sicherheit, dass Mama und Papa sich lieb hatten und sich nicht trennen würden.

 

Soweit die von mir frei nacherzählte Geschichte von Lotta und Luis, geschrieben von Kirsten Brünjes, erschienen im Bibellesebund.

Warum erzähle ich diese Geschichte?

Ich denke, dass es vielen Eltern ähnlich ergeht. Man ist bemüht, Streit und Unstimmigkeiten so gut es geht von den Kindern fern zu halten, doch es passiert uns immer wieder, dass wir es nicht zur Gänze schaffen, Diskussionen und Streitereien von ihnen abzugrenzen.

Es geht als Familie nicht darum, Streit und Zwistigkeiten zu vermeiden.

Diskussionen nicht stattfinden zu lassen, zu schweigen „um den lieben Frieden willen“. Es geht beim Streit vielmehr um das WIE gestritten wird.

Schaffen wir es, konstruktive Kritik aneinander zu üben, ohne ausfällig oder gemein dem Anderen gegenüber zu werden? Gelingt es uns, die Kritik des Anderen anzunehmen, darüber nachzudenken und im gemeinsamen Gespräch eine Lösung zu finden, die vielleicht nicht für alle perfekt, aber doch akzeptabel ist?

Unser Umgang prägt Kinder

Unser Umgang in der Familie miteinander prägt Kinder in jedem Fall. Ob positiv oder negativ, das hängt von uns ab. Wenn wir es gewohnt sind, konstruktiv zu streiten und uns danach wieder zu versöhnen, können Kinder gestärkt und mit der Fähigkeit „streiten zu können“ ins Leben gehen. Sie wissen darüber Bescheid, dass es nicht immer harmonisch im Zusammenleben sein muss. Aber sie haben auch die Sicherheit, dass es eine Lösung gibt, wenn man sich darum bemüht, was oft hart sein kann. Diese besteht darin, den Anderen anzuhören und gemeinsam darum bemüht zu sein, einen Ausweg zu finden. Dieser muss darin bestehen, dass nicht einer immer zu Gunsten des Anderen nachgibt oder der Andere immer Recht bekommt.

Kinder fühlen sich, wenn Mama und Papa streiten immer (!) schlecht. Wie sie dieses Unwohlsein äußern, hängt vom Charakter und von der Persönlichkeit, wie auch vom Alter des Kindes ab. Meist haben sie die Sorge, dass es an ihnen gelegen hat, dass sie etwas falsch gemacht haben und deshalb Streit zwischen den Eltern herrscht – sie fühlen sich also schuldig.

Folgen des Streits

Kleine Kinder reagieren oft mit somatischen Beschwerden. Wird zu Hause viel gestritten, kann sich das häufig in Bauchschmerzen, Übelkeit, oder im schlimmsten Fall durch nächtliches Einnässen äußern.

Schlechte Träume zeigen sich, wenn Kinder Angst haben.

Sind sie bereits älter, kann Aggression oder Rückzug eines der Kompensationsmittel sein, die Kinder und Jugendliche äußern, wenn ihnen die schlechte Stimmung zu Hause zu viel wird.

Daher ist wichtig, dass wir als Eltern sensibel sind für die Bedürfnisse unserer Kinder und sie dem Alter entsprechend miteinbeziehen, wenn wir es nicht vermeiden konnten, und die Konflikte mit unserem Partner vor ihnen ausgetragen haben. Dies erfordert einiges an menschlicher Reife und Übung, doch es lässt sich schaffen und aus Fehlern lernen wir. Sich entschuldigen und Fehler eingestehen zu können sind die grundlegendsten Fähigkeiten, die uns helfen aus Streitigkeiten wieder heraus zu kommen.

 

Tipp:

Zu Beginn habe ich die Geschichte von Lotta und Luis erzählt. Die Erlebnisse der beiden Kinder sind von Kirsten Brünjes, erschienen im Bibellesebund. Für Kinder ab ca. 5 Jahren sind diese als CD oder als Download erhältlich. Zu fast allen Lebensthemen, die Kinder im Grundschulalter beschäftigen, lassen sich sehr wertvolle Kurzgeschichten, kombiniert mit einer dazu passenden Bibelstelle, finden.

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