Junges Mädchen schminkt sich

Wie die Gewohnheiten Jugendlicher auf Unverständnis der Eltern stoßen

Es ist für Eltern oft zum „aus der Haut fahren“: Die Art und Weise wie Kinder und Jugendliche Musik hören und wie sie generell Dinge ansehen, anhören und aufnehmen irritiert und stört.

Neulich im Bad: Unsere Große (13, fast 14) macht sich fertig zum Freundinnentreffen. Glättet die Haare, schminkt sie ein wenig. Es dauert. Wie immer. Aber das allein ist nicht das Problem. Es ist auch nicht die Musik an sich, die aus dem Bad strömt, die uns wahnsinnig macht. Es ist die Art und Weise, wie sie diese anhört.

Swipe-Kultur

Fragmente, wo man nur hinhört. Kein Lied wird ganz angehört, es gleicht dem „swipen“, wie es auf Kanälen wie TikTok üblich ist. Nur die vermeintlichen besten Passagen haben es in ihren Ohren verdient gehört zu werden, dann geht es zur nächsten Passage.

Kein Song verdient es ganz gehört zu werden.

Das erzeugt in unseren Ohren eine Art Dauerraschen. Alles geht ineinander über, alles ist Eins. Die Art und Weise wie wir Musikhören „gelernt“ und praktiziert haben, scheint obsolet. Ganzen Alben, mit viel Geduld, mit dem Gestus, dass sich womöglich auch mal ein Song nicht beim ersten Mal erschlossen hat.

Im Heute hätte ein solcher Song, in der allgemeinen „Swipe-Kultur“ keine Chance mehr. Er wäre sofort weggewischt und käme nie wieder aufs Tapet.

Sind wir Eltern einfach nicht up to date?

Sind wir als Eltern, beide leicht über 40, also hoffnungslos veraltet und halten an alten Kulturbegriffen und Rezeptionsgewohnheiten fest? Denken an eine Zeit mit dicken Büchern, Doppel-Alben und Serien und Filmen, in denen auch mal eine Zeitlang so gut wie nichts passieren durfte und endlos lange Kamerafahrten zum guten Ton gehörten und zur Atmosphäre beitrugen?

Womöglich sind wir da altmodisch. Und womöglich mischt sich auch die unvermeidliche Dosis Verklärung und Nostalgie in diese Wahrnehmung mit hinein. Aber unserer Meinung nach wäre es ratsam, das beste aus „beiden Welten“ zu haben. Sowohl für uns als auch für unsere heranwachsenden Kinder.

Durch die Schnelllebigkeit der Jugend geht vieles verloren.

Gut möglich nämlich auch, dass wir ein wenig träge geworden sind. Uns nicht mehr im Detail mit den neusten Entwicklungen und Trends beschäftigten. Fakt ist aber auch, dass durch die neue, schnelle Hör- und Sehweise bei jungen Menschen etwas verloren geht: Die Fähigkeit, sich tiefer und genauer mit Dingen zu beschäftigen und einigen Songs, Filmen und generell Informationen auch mal eine „zweite Chance“ zu geben.

Wir Eltern müssen uns leider mit den "neuen" Gewohnheiten abfinden.

Vermutlich werden wir aber nicht viel ändern können. Und uns mit dem Hör- und Sehgewohnheiten unserer Mädels (10 und fast 14) abfinden müssen. Aber wir können sie auch auf bestimmte Phänomene hinweisen: Auf „alte“ Filme, aber andere Musik, auf unsere Weise wie wir Kunst und Kultur rezipieren und aufnehmen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und wer weiß, was davon hängen bleibt. Sowohl bei ihnen als auch bei uns. Es ist eine spannende Wechselbeziehung und Wechselwirkung.

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