Wie sollen Eltern mit den Versprechungen ihrer Kinder umgehen?

Wie viel Vertrauensvorschuss können wir unseren Kindern geben, wenn sie uns etwas versprechen? Was antworten wir auf den vorwurfsvollen Einwand: „Nie traust du mir etwas zu!“

Szene 1: „Nur dieses eine Zucki!“ „Aber dann hast du keinen Appetit auf Gemüsesuppe!“ „„Biiiittte!“ „Versprichst du mir, brav zu essen?“ „Jaaa!“ „Na, ausnahmsweise!“ Die Mutter/der Vater gibt dem herzzerreißenden Flehen seiner Tochter/seines Sohnes nach. Beim Mittagstisch jedoch heißt es: „Ich bin nicht hungrig!“ „Du hast mir doch versprochen…!“

Szene 2: „Kann ich mir nur diesen einen Film ansehen? Dann mache ich bestimmt meine Hausübung!“

Szene 3: „Du musst mir diese Jean kaufen! Dann werde ich das ganze Wochenende für die Schularbeit pauken!“

Was sagt Ihr Gefühl?

In solchen Situationen geht es meist darum, dass Ihr Nachwuchs sein momentanes Ziel „auf die Schnelle“ erreichen will.

Wer setzt sich durch?

Eltern müssen ihren Kindern ermöglichen, Durchsetzungsvermögen zu trainieren, dürfen aber nicht die Kontrolle über das Geschehen verlieren.

Wie verhalten Sie sich, wenn Ihr Kind Druck macht?

Hören Sie auf Ihr „Bauch-Gefühl“:

  • Fühle ich mich erpresst?
  • Will ich meine Ruhe haben?
  • Wie groß ist das Herzensanliegen oder die Verzweiflung meines Kindes?
  • Verpasst es Wesentliches, wenn ich nein sage?
  • Wie paktfähig ist es? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie sein Versprechen einhält?
  • Und meine Durchsetzungskraft, die vereinbarte Gegenleistung einzufordern?


Wenn schlechte Muster einreißen, wird das Kind die Eltern immer weniger ernst nehmen und es gibt einen Autoritätsverlust, der Erziehung immer mühsamer macht.

Führungskompetenz zeigen statt nachträglich schimpfen

Dies alles hat mit meiner eigenen Klarheit, meiner Führungskompetenz und dem Entwicklungsstand meines Kindes zu tun! Oft erlebe ich ein führungsschwaches Nachgeben seitens der Eltern. Sie lassen später die Sache einfach unter den Tisch fallen oder machen dann, wenn ein Versprechen nicht eingehalten wird, ihren Kindern Vorhaltungen – was unnötigen Streit zur Folge hat.

Was lernt das Kind daraus?

„Wenn ich lästig genug bin, kriege ich sie/ihn herum!“ „Sie wird schon vergessen oder nachgeben, wenn ich mit dem großen Augenaufschlag komme!“ „Bei meinen Vorwürfen wird sie weich!“ „Sie soll dann ruhig keppeln. Hauptsache, ich habe meine Jean.“ Durch solche „Siege“ wird die Charakterbildung des Kindes wird negativ beeinflusst: Einerseits führen nachträgliche Beschimpfungen zu einem negativen Selbstbild, andererseits lernt das Kind, fiese Mitteln von Druck und Manipulation einzusetzen. Auf alle Fälle spürt es die mangelnde Führungskompetenz der Eltern, bis hin zu deren Hilflosigkeit. Das wird es nicht etwa danken, sondern weiter ausnützen. Erwachsen geworden, machen sie es den Eltern vielleicht auch zum Vorwurf.

Kinder nicht mit Versprechungen überfordern

Es hat sicher nichts mit Charakterschwäche zu tun, wenn ein 2-jähriges Kind sich nicht um sein Versprechen kümmert, sondern es ist schlichtweg überfordert!

Paktfähigkeit und Bedürfnisaufschub sind eine Frage der Reife.

Unter drei Jahren darf man das nicht voraussetzen. Das muss erst in kleinen Schritten trainiert werden. Fällt es nicht sogar uns Erwachsenen oft schwer, gute Vorsätze umzusetzen? Es liegt an den Eltern, zu wissen, wie viel Paktfähigkeit sie ihrem Kind schon zumuten können und wie sie es dabei unterstützen können, Versprechungen einzuhalten.

Den Spieß umdrehen: zuerst die Leistung, dann die Belohnung

Gerade kindliche Wünsche sind ein gutes Mittel, Kinder zu motivieren, um bestimmte Ziele zu erreichen. Oft genügt es, den Spieß einfach umzudrehen: Zuerst erbringt das Kind die angestrebte Leistung, danach erhält es die vereinbarte Belohnung. Aber Vorsicht! Nicht jede Leistung muss belohnt werden: Suppe essen, Hausaufgaben machen, Schularbeitsvorbereitungen, etc. sollen nicht erkauft werden, sondern gehören zu den selbstverständlichen kindlichen Rechten oder Pflichten. Die Belohnung ist das Resultat selbst: satt sein, gute Noten bekommen, das schöne Gefühl, etwas geleistet zu haben.

Dass Eltern mit Anerkennung nicht sparen sollen, ist selbstverständlich.

Unterstützung geben

Wenn ein Kind ein Versprechen gemacht hat, dann ist es gut, wenn Eltern taktvoll im rechten Moment daran erinnern. So können sie bei aufkommenden Schwierigkeiten (ich bin schon müde, ich habe keine Lust, etc.) Unterstützung geben und damit die Chancen erhöhen, dass Ihr Kind die Bewährungsprobe „Versprechen einhalten“ besteht.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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