Autorität der Eltern: Wofür und wie?
Moderne Eltern scheuen sich oft davor, Autorität ihren Kindern gegenüber auszuüben. Dabei gibt sie Sicherheit und hilft Kindern, sich weiterzuentwickeln.
Seitenlang wurde bereits über Autorität geschrieben, gute Autorität und schlechte. In egalitären Zeiten wie diesen wagen Eltern das Wort „Autorität“ kaum in den Mund zu nehmen, hat es doch etwas Altmodisches, Anrüchiges an sich.
Wolfgang Bergmann, ein bekannter deutscher Pädagoge, hat dem Wort Autorität in seinen Büchern wieder einen guten Beigeschmack verliehen. Michael Winterhoff, auch ein bekannter Pädagoge, der sich mit Bergmann einige inhaltliche Debatten lieferte, brachte Autorität ebenso wieder neu in die Diskussion: Es gäbe ein natürliches Autoritätsgefälle zwischen Eltern und Kindern.
Aus der Sicht des Kindes kommen Eltern mit dem Leben zurecht. Sie kennen sich aus und wissen, was in jeder Lage zu tun ist. Es gibt ihnen nicht nur das Recht, Entscheidungen für das Kind zu treffen, ein Kind geht davon aus, dass sie es tun. Und zwar auch dann, wenn das Kind sagt: „Ich will aber nicht“.
Auch dann, wenn sich das Kind auf den Boden wirft und mit dem Kopf durch die Wand will, rechnet es damit, dass seine Eltern klaren Kopf bewahren, Für und Wider abwägen und eine Entscheidung treffen, die mehr als nur seinen momentanen Zustand und seine Wünsche berücksichtigt. Dafür sind sie schließlich erwachsen.
Kinder haben unmittelbare Wünsche
Ein Kind hat Wünsche, die sich meist auf das Unmittelbare beziehen. Langfristiges Denken, das Einbeziehen der Bedürfnisse anderer und Notwendigkeiten sind dem Kind noch fern. Es liegt nicht in den Fähigkeiten eines Kleinkindes, entscheiden zu können, ob etwas gesund, sicher, teuer, höflich oder notwendig ist, um nur einige Beispiele zu nennen. Es bedeutet auch ein Stück Kindheit, diese Kriterien außen vor lassen zu können. Es wird diese Fähigkeiten mit der Zeit entwickeln, sofern wir ihm als Erwachsene diese Denkweise beibringen. Und genau dafür werden wir immer wieder Entscheidungen treffen, Grenzen ziehen, Nein sagen müssen. Genau dafür ist es wichtig, Regeln zu formulieren und deren Einhaltung einzufordern. Auf diese Weise wird das Kind erlernen, dass das Leben sich nicht immer nach den eigenen Wünschen richten kann, weil es gilt, auf viel mehr zu achten.
Wünsche müssen nicht erfüllt werden
„Die Welt hat ihre eigenen Gesetze“, sagt Wolfgang Bergmann, „die mit den kindlichen Wünschen immer wieder zusammenprallen. Dies zu erkennen und damit umgehen zu können, ist ein wesentlicher Entwicklungsschritt. Es ist eine zentrale Voraussetzung, damit ein Kind seine Fähigkeiten und seine Intelligenz weiterentwickeln kann. Wenn Eltern dies verabsäumen, indem sie voller Eifer den Wünschen des Kindes nachkommen, hindern sie es daran, wichtige Erfahrungen zu machen.“
Kinder entwickeln dann ein Trugbild: „Ich kann mir die Welt nach meinen Wünschen gefügig machen“. Ein Trugbild, das zu bitteren Enttäuschungen führt, sobald nicht mehr nur die eigenen Eltern ihr Leben mitgestalten. Die Schule, die Klassenkollegen, und viel später der Arbeitsplatz werden dann zu einem harten Kontrastprogramm. Im Fachjargon spricht man dann von sozial auffälligen Kindern.
Autorität der Eltern gibt Kindern Sicherheit
Autorität, richtig ausgeübt, hat für Kinder nichts Bedrohliches, nichts Erdrückendes. Es fühlt sich für sie eher sicherheitsspendend an. Autorität erdet. Autorität hat etwas Beruhigendes.
Es stärkt das Selbstbewusstsein, Eltern zu haben, die selber Selbstbewusstsein genug haben, Nein sagen zu können.
Die nicht vor jedem Trotzanfall in die Knie gehen, sondern mit Gelassenheit und Festigkeit zugleich dem Sturm ins Auge sehen können und das Kind aus seiner Misere herausholen. Eltern, die nicht fortlaufend sagen: „Aber nur dieses eine Mal“.
Kinder haben ein Recht darauf, dass Eltern sich als Autorität sehen und diese auch ausüben. Sie haben aber auch ein Recht darauf, dass Eltern dies ebenso liebevoll wie konsequent tun. Denn Konsequenz bedeutet nichts weiter als Berechenbarkeit für beide Seiten.