Die bittere Medizin – Wie mit dem Widerstand von Kindern umgehen?
„Erziehung ist (k)ein Kinderspiel: Es kann eine schwierige Aufgabe sein, Kindern Medizin zu verabreichen, auch wenn die meisten Präparate schon sehr kindgerecht schmecken. Wie gehen wir mit kindlichem Widerstand um?
Hier ein Fallbeispiel:
Willy, 4 Jahre, weigert sich, seine Medikamente zu nehmen. Auch hat er den ganzen Tag schon nichts getrunken. Er hat hohes Fieber und es besteht die Gefahr der Austrocknung.
Jedes Mal ist es eine Diskussion, ein Verweigern, ein Brüllen, ein Zappeln.
Die Mutter versucht es mit Erklärungen, gut Zureden, Versprechungen „Wenn du brav bist, dann bekommst du ...“, schließlich mit Drohungen: „Wenn du jetzt nicht endlich den Mund aufmachst, bekommst du keine Geschichte!“ Das Klima schaukelt sich auf, Willy wehrt sich mit Händen und Füßen, wird hysterisch, beschimpft und schlägt die Mutter. Sie ist verzweifelt. Sie hat die Verantwortung, meint es nur gut mit ihrem Sohn und wird von ihm so schlecht behandelt. Was tun?
Ob gesund oder krank, wenn sich Kinder schlecht benehmen, sollten Eltern dies keinesfalls persönlich nehmen. Sie sind Reibebaum, das ist natürlich. Die Eltern sollten es als ihr Privileg sehen, die schönen und auch die schwierigen Seiten der Kindheit zu erfahren.
Hier ein möglicher Ansatz, wie Sie das Problem lösen können.
Schritt 1: „Sich mit dem Widerstand verbünden“. Wie geht das?
Willy braucht zunächst Verständnis dafür, dass ihm die Medizin so gar nicht schmeckt, dass es ekelig für ihn ist und dass er sich so gar nicht wohl fühlt. Das muss ihm kindgerecht gesagt werden, damit es bei ihm ankommt.
In der Fachsprache heißt das „Spiegeln“.
Beim "Spiegeln" geht es darum, das Problem aus der Sicht des Kindes beschreiben. Dann wird sich Willy erleichtert fühlen und er kann all seinen Frust bei der Mama deponieren. Noch immer eine Herausforderung für Eltern. Das erfordert Geduld, doch dürfen Sie wissen: Wenn der ganze Frust ausgespuckt ist, fühlt sich Ihr Kind erleichtert, der erste Schritt, um seinen Widerstand zum Schmelzen zu bringen. Dauer: maximal 5 Minuten.
Schritt 2: Ihr Kind ist nun reif für Erklärungen, weil sein Verstand wieder arbeiten kann
Erst wenn Willy sich ganz und gar verstanden und angenommen fühlt, ist er reif für eine Erklärung, warum ihm gerade jetzt diese ekelhafte Medizin zugemutet wird, obwohl auch die Mutter es ihm viel lieber ersparen würde. Sie sagt ihm mit ruhiger Festigkeit, dass sie ihm das Medikament auf alle Fälle geben muss, und dass alles viel schneller und besser geht, wenn Willy mittut, anstatt sich dagegen zu wehren. Sie weiß, dass er schon sehr vernünftig sein kann, wenn er will. Sie fragt ihn, was er braucht, damit es leichter für ihn wird. Es kann auch eine Belohnung in Aussicht gestellt werden, wie Kuscheln, eine schöne Geschichte, etc.
Schritt 3: „Bist du bereit?“
Bevor es zu langatmig wird, schaut sie ihm tief in die Augen und fragt: „Bist du bereit?“ Sie wartet eine Sekunde, denn Willy muss sich ja innerlich überwinden. Mutter sagt nun entschlossen: „Mund auf!“ oder lenkt ihn vielleicht mit einem Liedchen oder Mini-Geschichte ab.
Sollte Willy weiterhin hysterisch agieren, muss die Mutter konsequent handeln. Am besten wickelt sie ihn in eine leichte Kuscheldecke, damit er nicht strampeln und schlagen kann und sie tut, was sie angekündigt hat. Vielleicht kann Papa mithelfen. Danach wird Willy noch ein wenig gehalten, getröstet, liebevoll versorgt, ins Bettchen gelegt, etc.
Wenn sie Sicherheit und Verständnis spüren und dass man ihnen etwas zutraut, beginnen alle Kinder zu kooperieren und sind bereit, auch schmerzhafte Eingriffe zuzulassen.