Warum Kuscheltiere wieder hoch im Kurs sind
Es gibt Tage, da mache ich mir leichte Sorgen, um meine geistige Gesundheit. Denn selbst wenn mein Sohn schon außer Haus ist, kuschle und rede ich noch mit seinem Lieblingskuscheltier, um es kurz später liebevoll auf seinem Bett zu drapieren. Doch was macht die Faszination von Kuscheltieren eigentlich aus? Und warum mutiert selbst mein Neunjähriger seit Corona wieder zum Kleinkind, anstatt altersgerecht cool, selbstständig und unabhängig zu werden?
Gesa Steinberg, Kinderpsychologin am Institut für Neuro- und Sozialpädiatrie in Hamburg Ost geht davon aus, dass Kuscheltiere für Kinder eine „Personen mit Persönlichkeit“ sind, mit dem das Kind seine eigene Erfahrungen teilen und somit Erlebnisse besser verarbeiten kann. Das Kuscheltier wird dabei zum engsten Vertrauten, dem man alles anvertrauen kann, auch Dinge, die man den Eltern nicht erzählen möchte oder kann.
Gerade in der heutigen Zeit erleben Kinder viele Herausforderungen. Regeln, die eingehalten werden müssen, sowie Bedürfnisse wie mehr soziale Kontakte, Freiheiten und Abwechslung, die nicht erfüllt werden können. Aggressions- und Wutanfälle sind oft die Folge. Kuscheltiere sind die idealen Partner dafür. Die eigenen Gefühle können ohne Konsequenzen und Folgen am Kuscheltier ausgelebt werden. Das Kuscheltier hält dies aus, erduldet alles und widerspricht nicht. Es behält Geheimnisse für sich und macht alles mit, unabhängig davon wie es behandelt wird. Ähnlich der Funktion eines Tagebuchs.
Die eigenen Gefühle können ohne Konsequenzen und Folgen am Kuscheltier ausgelebt werden.
Jedes Mal, wenn ich meinen Neunjährigen genervt bitte nicht so kindisch zu sein, meint er „Das war nicht ich! Das war Bello!“. Auch das ist völlig normal, meint die Kinderpsychologin. Situationen wie diese bieten die großartige Change zu beobachten, was unsere Kinder gerade beschäftigt. Und herauszufinden, welche Bedürfnisse sie haben. Wenn das Lieblingstier meines Sohnes daher ein Bussi nach dem anderen fordert und kuschelt was das Zeug hält, dann gibt mein Neunjähriger damit nur indirekt zu, dass er mehr Halt und Nähe benötigt, auch wenn er sich altersgemäß richtig entwickelt und unter Freunden eigentlich schon viel zu alt zum Kuscheln ist.
So gesehen bin ich wieder beruhigt und sehe meine Kommunikation mit dem Kuscheltier als Möglichkeit, indirekt mit meinem Sohn sprechen zu können. Ihm vermitteln zu können, dass wir ihn liebhaben, unabhängig davon wie er sich gerade fühlt und was gerade in der Welt passiert. Gerade in Momenten, in denen er mich nicht an sich heranlässt, weil er einfach seine Ruhe haben möchte.