Die Eltern trennen sich. Und was nun? Teil 1/2
Eine Trennung bzw. Scheidung der Eltern ist für alle Familienmitglieder eine belastende Situation.
Im Familien- und Freundeskreis habe ich mitbekommen, dass das Gespräch, bei dem die Kinder über die Trennung informiert werden, sehr prägend ist: Viele Kinder können sich Jahre später noch erinnern, wie das Gespräch verlaufen ist, an welchem Ort sie waren und wie sie sich dabei gefühlt haben.
Das war meine Motivation nachzufragen, wie man ein Gespräch am besten angehen kann.
Ich durfte Mag. Eva Gitschthaler, Landesleiterin von RAINBOWS Salzburg, einige Fragen stellen. Der Verein RAINBOWS unterstützt Kinder und Jugendliche von 4 bis 17 Jahren in stürmischen Zeiten: bei Trennung, Scheidung oder Tod naher Bezugspersonen. Außerdem werden Eltern Coachings und Hilfen angeboten.
Wann und wie sage ich dem Kind, dass sich Mama und Papa trennen?
Eva Gitschthaler: Mit diesen Fragen kommen Eltern zu uns und nutzen schon vor einer Trennung unser Beratungsangebot, was sehr gut ist für die Kinder. Kinder haben feine Antennen und spüren lange bevor die Trennung ausgesprochen wird, dass etwas nicht stimmt. Wenn das Gespräch dann stattfindet, haben Kinder oft ein "Aha-Erlebnis".
Endlich lässt sich einordnen, was sie schon lange gespürt haben.
Deswegen unser Credo: Sobald Eltern die Entscheidung getroffen haben - offen mit den Kindern darüber sprechen.
Wann ist ein guter Zeitpunkt?
Eva Gitschthaler: Am besten sagen die Eltern es den Kindern gemeinsam. Im Gegensatz zu einem Todesfall, den man den Kindern sofort mitteilen muss - meist geht es ja auch nicht anders- kann man das Gespräch über eine Trennung besser vorbereiten und einen guten Zeitpunkt wählen. Dieses Gespräch sollte nicht überhastet beim Abendessen stattfinden und möglichst auch nicht, wenn am nächsten Tag Schule oder Kindergarten ist. Ein guter Zeitpunkt wäre beispielsweise an einem Samstag Nachmittag.
Wie formuliere ich als Elternteil, dass Mama und Papa sich trennen?
Eva Gitschthaler: Wichtig ist, dass die Eltern nicht „herumdrücken“ und einfache, klare Worte benutzen wie zum Beispiel: „Wir trennen uns.“
Sobald ein „würde“ oder „vielleicht" auftauchen, haben die Kinder und Jugendlichen immer noch die Hoffnung, dass die Eltern wieder zusammenkommen.
Im nächsten Schritt sollten Mama und Papa mitteilen, dass sie nicht mehr zusammen leben können, aber sie bleiben immer Eltern.
Und die Liebe zwischen Eltern und Kindern bleibt für immer.
Direkt nach einem Trennungsgespräch haben vermutlich noch nicht viele Eltern einen Plan, wie es genau weitergeht. Sollen die Eltern es den Kindern trotzdem mitteilen?
Eva Gitschthaler: Ja. Der, der sich trennen möchte, hat ja meist schon länger darüber nachgedacht. Bestenfalls gibt es schon eine Idee, wie es in Zukunft sein wird.
Paare bleiben manchmal noch zusammen wohnend, weil die Suche nach einer weiteren Wohnung eine große finanzielle Belastung ist. Man kann dem Kind durchaus sagen, dass Papa sich eine Wohnung suchen wird, das aber noch Zeit braucht. Das Kind wird dann auch besser verstehen, warum Mama und Papa sich aus dem Weg gehen oder dass Papa in einem anderen Zimmer schläft (wir reden hier von Paarbeziehungen ohne Gewalt und ohne Missbrauch).
Es ist immer das Wichtigste, die Bedürfnisse des Kindes zu beachten.
Das Kind darf nicht das Gefühl haben, es sei nun für sich selbst verantwortlich. Eltern sollten niemals fragen: „Wo möchtest du denn wohnen?“, weil das Kind in einen Loyalitätskonflikt geraten würde. Das Kind kann diese Entscheidung nicht treffen, daher müssen Mama und Papa entscheiden, wie oft das Kind den anderen Elternteil treffen wird.
Wer tut sich leichter mit der Trennung - jüngere oder ältere Kinder?
Eva Gitschthaler: Es ist spannend, dass sich die Kleinen oft leichter tun - auch im Umgang mit einem neue Partner. Viele Paare warten, bis die Kinder älter sind, was aber ungünstig ist, weil dann alle jahrelang dahinleiden.
Jugendliche sind am Gefährdetsten. Sie sind nicht nur mit der Trennung der Eltern konfrontiert, oft haben sie selbst schon eine erste Beziehung und sind in der Phase, in der Ablösung passieren sollte.
Bei Jugendlichen sind Schuld und Verantwortung große Themen.
Wie spreche ich mit dem Kind und wie bereite ich mich auf das Gespräch vor?
Eva Gitschthaler: Als Elternteil sollte ich offen sein und ganz klar erklären, was Sache ist. In Beratungen sagen wir den Eltern, dass Kinder Fragen stellen werden - die einfach eine nach der anderen beantwortet werden sollen. Oft ist es mit einer Frage und einer Antwort getan und das Thema taucht nicht mehr auf, die Angst davor ist meist größer.
Unbedingt dem Kind gegenüber auf Elternebene bleiben!
Das Kind kann und darf dem enttäuschten Partner keinen Trost bieten! Da sind auch die Eltern gefordert, bei sich zu bleiben und im Gespräch mit den Kindern unbedingt die unterschiedlichen Ebenen einhalten.
Ich kann nicht oft genug betonen: Der Blick aufs Kind ist wichtig!