Entelterung - Weg der Loslösung

Aus Liebe handeln – statt aus Angst zu reagieren: Aufbruch in eine neue familiäre Beziehungskultur Aufbruch in deinen emotionalen & familiären Klimawandel.

Wie gerne würden wir von unseren Eltern das haben: emotionale Reife, liebevolle Zugewandtheit, ein reguliertes Nervensystem und Worte, was in ihnen vorgeht; ein Zustandsbewustsein und die Fähigkeit, Verantwortung für die eigene Befindlichkeit zu übernehmen; Menschen, die ein „Nein“ als ganzen Aussagesatz sehen lassen können und mit ihrer Frustration umgehen. Und ja: Wir kommen mit genau diesen Erwartungen auf die Welt - und werden mitunter schon sehr früh und sehr bitter von unseren Eltern enttäuscht, die genau das soeben Erwähnte und von uns Ersehnte nicht gelernt haben, nicht lernen wollen, und/oder es ebenso wenig - oder noch weniger - bekommen haben, als wir.

 

Kein Elternshaming

Entelterung® ist kein Elternshaming, kein Drama, kein „einfach mal die Wut rauslassen und auf den Tisch hauen“. Entelterung® ist auch NICHT der Kontaktabbruch mit den Eltern. Im Gegenteil:

Es ist die aktive Auseinandersetzung mit deinem dich Beziehen auf deine Eltern.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Eltern noch am Leben sind, oder schon verstorben.

Entelterung® ist dein Weg der Loslösung.

Aus ungesunden emotionalen Verstrickungen aussteigen

Entelterung® ist der Prozess, aus einer ungesunden, hinderlichen emotionalen Verstrickung mit den eigenen Eltern/Schwiegereltern/Geschwistern/primären Bezugspersonen (möglicherweise auch mit der/dem Partner:in) auszusteigen. Es ist der Prozess des Erwachsenwerdens. Es geht darum, den Eltern nicht mehr mit den gleichen kindlichen Anpassungsstrategien zu begegnen, die als Kind nötig waren, um in der Familie einen Platz zu haben. Wenn du zum Beispiel das „brave“ Kind warst, und Konflikte vermieden hast, indem du dich angepasst (unterworfen) hast, dann ist es an der Zeit, für dich und für das, was dir wichtig ist, einzustehen und auch in Gegenwart deiner Eltern nach deinen Vorstellungen zu handeln. Das ist besonders wichtig, wenn du selbst Kinder hast, die dich „beobachten“. Ebenso gilt das für dich, wenn du die Rebellin oder der Unsichtbare im System warst. Heute geht es darum dir zu überlegen, wer und wie du sein willst, anstatt automatisch auf deine „Erziehung“ oder dessen Gegenteil zurückzugreifen.

Wenn man als Kind nicht als ganzer Mensch gesehen wurden

Besonders prekär wird die Sache dann, wenn du selbst in einer Subjekt - Objekt - Beziehung aufgewachsen bist, in dem du nicht als „ganzer Mensch“ gesehen wurdest, sondern als jemand, der sich anzupassen hat, ohne nachzufragen. Das ist Gehorsam. Erreicht wird Gehorsam („Du machst, was ich sage!“) mit üblen Mitteln wie: Bestrafung, Belohnung, Zuckerbrot und Peitsche, Erpressung, Manipulation, Angstmachen, Drohen, Gemein-Sein, ein schlechtes Gewissen machen, Double Binds - also psychischemotionale Gewalt oder durch körperliche Gewalt. Bei all diesen „Methoden“ wird Macht missbraucht, werden Grenzen überschritten; sie sind respektlos und moralisch ekelhaft.

Damit Strafen, Drohungen, Belohnungen, Lob, Erpressung usw wirken, müssen Eltern ihr Kind kennen und eine „mentale Landkarte“ von ihm/ihr haben. Sie müssen wissen, was ihrem Kind wichtig ist, damit die Strafe auch ihre manipulative, schmerzhafte Wirkung tut: Wenn ich dir etwas entziehe, dann muss ich wissen, dass du es gern hast, dass es eine Bedeutung hat für dich: Fernsehverbot, Hausarrest, Liebesentzug. Wenn ich als deine Mutter deinen Erziehungsstil subtil abwerte („Du wir’s schon sehen, was du von dem Zirkus hast!“), bin ich unreif, gemein und abwertend, verletzend, bestrafe dich für dein Andersdenken- und sein. Das bedeutet, dass Eltern ihre Kindern mit diesen Methoden vorsätzlich manipulieren. Nicht unbewusst. Sondern weil es wirkt.

Eine Strafe kann dazu führen, dass ein Kind nicht nur in den Kampf-oder-Flucht-Modus gerät, sondern sogar in einen Erstarrungszustand verfällt, den die Eltern fälschlicherweise als Folgsamkeit oder Kooperation interpretieren. Das Kind „folgt“ - das elterliche Verhalten wird normal.

Wenn du herausfinden möchtest, ob deine Handlungen gemein sind oder einfach nur ein Fehler, achte darauf, ob du vorhersehen kannst, wie sie dein Kind beeinflussen werden.

Ungesunde Beziehungsmuster erkennen und aussteigen

Diese Art sich aufeinander zu beziehen ist in vielen Familien heute noch Gang und Gebe - auch wenn die kleinen Kinder von damals heute weit in ihren Dreißigerin oder Vierzigern (oder darüber) sind. In einem Fall arbeitete ich mit einer 75jährigen Dame, die immer noch von ihrer 95jährigen Mutter emotional erpresst wurde indem sie ihr drohte, ihr Erbe zu ihren Ungunsten aufzuteilen. Es gilt zu lernen, solche Beziehungsmuster zu erkennen und heute daraus auszusteigen; und Stellung zu beziehen, wenn zB dein 80jähiger Vater zur 50jähirgen Tochter sagt: “Du treibst es aber ganz schön weit, junge Dame!“ Ziehst du dich weiterhin beschämt und kleinlaut in dich zurück oder entscheidest du dich, deinen Vater zu überraschen und etwas Neues zu tun oder zu sagen? Was könnte es, aus deinem besten Selbst heraus gesagt und getan, sein?

Wenn du dich entscheidest, etwas Gutes und Neues zu tun, das nicht typisch für dich ist, wirst du die „Landkarte“ verletzen, die andere Menschen von dir haben. Dadurch gewinnst du ihre Aufmerksamkeit und sie beginnen, dich auf eine neue Weise zu betrachten. Wenn du konsequent in dieser Richtung handelst, wird sich ihre Landkarte von dir verändern und sie werden auch anders mit dir interagieren.

Ekelhafte Elternschaft

Wenn ein Kind ekelhafte Elternschaft erlebt, dann hat das einen traumatischen Effekt auf sein Gehirn: Die Lesefähigkeit kollabiert, es bekommt, wie es der amerikanische Therapeut David Schnarch so treffend ausdrückte: „Spaghettigehirn“. Je häufiger ein Kind dieser Traumatisierung ausgesetzt ist, umso mehr gehen die grausamen Handlungen der Eltern in einem Nebel unter. Was aber noch passiert ist besonders erschreckend: Eine normale, gesunde Ekelreaktion veranlasst dich dazu, dich von widerlichen Objekten oder Personen fernzuhalten. Wenn etwas dich anekelt, möchtest du einfach nur weglaufen.

Aber wenn deine Eltern wiederholt ekelhafte Dinge tun, löst das auch Hass in dir aus, selbst wenn du diese Gefühle nicht zugeben möchtest. Wenn ein Kind durch seine Eltern Hass und Ekel erlebt, entsteht eine Art emotionaler Superkleber. Dieser dreht die normale Ekelreaktion um und veranlasst das Kind, zu den Eltern hin zu laufen, anstatt sich von ihnen zu distanzieren.

Die vernebelten Erinnerungen tauchen allerdings wieder in Form von Projektionen zB dem Partner oder Kindern gegenüber auf. Die bekommen dann oft etwas ab, was in der Form, in diesem Ausmaß, nicht zu ihnen gehört.

Spätestens unsere Kinder beginnen, uns im Nebel zu suchen, wollen uns klar/sichtig haben. Deswegen triggern sie uns, übertreten unsere Grenzen, damit wir der Wahrheit ins Gesicht sehen und uns endlich nebelfrei und neu - gleichwertig auf Augenhöhe - auf unsere Eltern, auf unseren Partner und unsere Kinder beziehen. Sie stecken ihre Finger gnadenlos in unsere blinden Flecken. Damit wir uns nicht länger selbst unterdrücken, indem wir uns im Nebel vor möglichen Konsequenzen verstecken. Weil eines vergessen wir bei der ganzen Sache: Heute sind wir erwachsen. Und so ein erwachsenes Verhalten, ein Stellungbeziehen, fordern Kinder ein.

Wenn alleine der Gedanke an die eigenen Eltern Stress auslöst

Haben wir Eltern, die selbst nicht gut reguliert sind, springt unser autonomes Nervensystem schon bei den Gedanken an unsere Eltern in den Stressmodus (Figth/ Flight), weil dysregulierte Eltern Signale der Gefahr senden, anstatt Quelle der Sicherheit zu sein. Mit unserer Landkarte von ihnen wissen wir schon, was sie beim nächsten Familienbesuch sagen werden. Und wir bekommen Angst und verziehen uns wieder in den Nebel und befinden uns somit in einer Dauerregression. Wir verschwinden, anstatt uns zu zeigen und etwas Neues zu tun. Das missfällt unserem Partner („Wo ist meine Frau?“) und verwirrt unsere Kinder („Wo ist meine Mutter hin verschwunden?“), denen wir ja „beibringen“ und vorleben wollen, wie Erwachsensein geht.

Nur wenige Eltern stellen sich, konfrontieren sich in Folge selbst mit ihrer vielleicht dahinterliegenden Angst, mit ihrer eigenen Biografie, mit ihrer Einsamkeit, mit ihrem Nebel, mit ihrer eignen und erlebten Grausamkeit, mit der Kälte ihrer eigenen Eltern. Sich selbst zu konfrontieren, mit den eigenen Untaten und destruktiven Verhaltensweisen ist sehr schmerzhaft und beschämend. Das wäre allerdings echte Reue, die eine Annäherung und den Gedanken an Verzeihen ermöglichen würde.

Auf sich stolz sein

Wenn sie das aber nicht tun, geben sie nicht ihr Bestes. Im Gegenteil! Sie halten am Alten fest und gehen weiter und tiefer in ihre alten Muster der Abwertung oder Verachtung in der Hoffnung, dass es wieder so wird, wie früher. Dass DU wieder so wirst, wie früher. Ziel der Entelterung® ist wie gesagt, dass du dich auf eine Art und Weise beziehst, die dich auf DICH stolz macht.

Das ist der Beginn von Selbstwertschätzung und Selbstliebe.

Und das macht dich unabhängig von der Liebe und Wertschätzung von anderen. Es macht dich frei, Liebe zu geben und anzunehmen. In bedingungsloser Achtung deiner Grenzen.

Was ist zu tun?

  1. Schritt: Du musst auftauchen wollen und hinsehen wollen - mit dem Wissen, dass es schmerzhaft und unangenehm werden wird. Dabei hilft professionelle Begleitung - denn blinde Flecken haben ihren Namen nicht umsonst. Du wirst dich deiner Angst stellen müssen und lernen müssen, dich in Gegenwart deiner Eltern zu regulieren - auch wenn diese es nicht sind oder versuchen, dich aus der Fassung zu bringen. Das kannst du üben!
     
  2. Schreib dein Drehbuch neu, und überlegst dir authentische Antworten, anstatt auf alte Stichworte zu reagieren. Schreib dir eine neue Rolle auf den Leib und lass dir dabei von jemandem über die Schulter schauen. Nur so findest du deine blinden Flecken und erkennst deine Handlungsmuster als auch die deiner Eltern.
     
  3. Kannst du der Wahrnehmung deines Partners/deiner Partnerin/deines Kindes/deiner Freunde was deine Eltern betrifft trauen? Wenn ja, dann schau aus ihren Augen auf deine Eltern. Beobachte, was sie mit welcher Absicht tun, finde ein Muster. beobachte ich in deiner automatischen Reaktion.
     
  4. Du musst auf Entzug gehen. Auf Entzug von deinen angewöhnten Verhaltensweisen und Automatismen. Insbesondere auf Dramaentzug. Wie oft hast du dich über deine Eltern irgendwo beschwert, Drama gemacht, und es hat sich nichts verändert? Wer dich jammern lässt, hilft dir nur, diese Art von Beziehung aufrecht zu erhalten.
     
  5. Du musst dich für dein Wachstum entscheiden und neu gestalten anstatt gewohnt zu ertragen.

 

Wie Entelterung® entstanden ist

Mein Mann und Kollege Martin Wall und ich haben im ersten Lockdown den Kurs zur Entelterung® entwickelt, in dem wir unsere Teilnehmer:innen ermutigen, nicht länger zu warten, sondern Beziehungsgestalter:innen zu werden und selbst genau jene Veränderung zu sein, die sie gerne in ihren Eltern sehen würden. Wir leiten in online Vorträgen, im live Austausch und in einer über die Kursdauer hinaus ausdauernden 1:1 Mailbegleitung an, die eigenen Eltern so zu sehen, wie sie sind - in all ihrem Bemühen und in all ihrem Hinwegsehen über die Auswirkungen ihrer Handlungen auf ihre erwachsenen Kinder und Enkelkinder. Wir ermutigen unsere Teilnehmer:innen, hinzuschauen - auch wenn das Hinschauen unangenehm ist und in einer Enttäuschung über die eignen Eltern mündet. Das Ende einer Täuschung als Beginn, das eigene Leben vorwärts zu leben anstatt rückwärts zu hoffen. Treffen wir neue Entscheidungen im System verändern sich unsere Beziehungen.

www.entelterung.at

Mag. Sandra Teml-Wall
Psychologische Beraterin, Supervisorin & Autorin mit besonderer Leidenschaft Eltern- & Paarcoach, Entelterung®Expertin, Verfechterin des emotionalen Klimawandels in Familien
www.wertschaetzungszone.at

Mag. Martin Teml-Wall MSc
Psychologische Berater, systemischer Aufstellungsleiter, Entelterung®Experte
www.imkreis.at
www.entelterung.at

Literaturempfehlungen:

  • Teml-Wall, Sandra, Teml-Wall, Martin: Ent-Eltert Euch! Wie wir die emotionalen Abhängigkeiten von unseren Eltern überwinden und endlich uns selbst leben“, München, GU, 2023
  • Mik, Jeannine, Teml-Wall, Sandra: Mama, nicht schreien!, München, Kösel Verlag, 2019
  • Mik, Jeannine, Teml-Jetter, Sandra: Keine Angst, Mama!, München, Kösel Verlag, 2021

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