Fasten in der Familie

Am Aschermittwoch, dem Tag nach dem Faschingsdienstag, also jenem Tag, an dem wir noch gefeiert und getanzt und Unmengen an Krapfen gegessen haben, beginnt die Fastenzeit.

Seit Jahren verzichte ich danach 40 Tage lang auf Süßigkeiten.

Das fällt mir anfangs schwer und ich bemerke, wie viel Süßes ich eigentlich „nebenher“ esse, als schnelle Jause,  als Belohnung, zur Stressregulation oder weil die Kollegen auch etwas essen. Mir fällt bewusst auf, wie „unbewusst“ ich durch den Tag gehe. 

Das ist vermutlich ganz im Sinne von Fasten.

Was ist eigentlich Fasten?

Fasten bedeutet, dass man weniger isst als sonst oder eine Zeit lang ganz aufs Essen verzichtet. Viele Katholiken essen kein Fleisch und schränken sich auch sonst bei der Nahrungsaufnahme ein. Das ist die traditionelle, strenge Auslegung des Fastens.

Viele Menschen interpretieren das Fasten neu.

Sie reduzieren ihre Reizüberflutung und verzichten z.B. auf Soziale Medien, aufs Smartphone oder aufs Fernsehen. Manche lassen für 40 Tage alle Genussmittel weg, z.B. Alkohol oder das Rauchen. Wieder andere verzichten auf Konsum und kaufen sich nichts Neues.

Warum fasten wir?

Christen sind aufgerufen, sich durch das Fasten von Dingen zu befreien, die von Gott und dem Glauben ablenken. Durch Beten, Fasten und die Sorge füreinander sollen Gläubige Buße tun und so Gott wieder näher kommen.

Ich möchte das weniger streng interpretieren und so umschreiben, dass es in unseren „Zeitgeist“ passt: Fasten befreit Kopf und Gedanken, es verschafft Zeit und Raum, um sich mit sich selbst und dem Leben auseinander zu setzen. Ich kann meine Gefühle mehr wahrnehmen, spüren was mir guttut und mich auf das Wesentliche besinnen.

Was macht das Fasten mit uns?

Alleine der Verzicht auf Süßigkeiten ist bei mir Anstoss genug, mich mit meinem Alltag und meinen Gefühlen auseinanderzusetzen.

Ich nehme das Familienleben anders wahr und sehe bewusst, was wichtig ist.

Beispielsweise sitzen wir oft am Samstag Nachmittag zu Kaffee und Kuchen zusammen. Wenn ich nun diesen Kuchen backe und serviere, steht nicht der Genuss im Vordergrund, sondern die Fürsorge für meine Familie, die Gespräche und die gemeinsam verbrachte Zeit.

Auch passiert es mir oft, dass ich ein bitterlich weinendes Kind mit einem Keks oder Gummibärli trösten möchte und erst dann feststelle, wie viel wichtiger eigentlich die Umarmung und ruhige Worte sind.

Wie wir Fasten in die Familie integrieren

Den Kindern ist natürlich aufgefallen, dass Mama keine Schokolade mehr isst und wir haben ausführlich über das Thema Fasten geredet. Ich habe ihnen erklärt, dass ich bewusst auf etwas  lieb Gewonnenes verzichten möchte. Nicht nur damit ich nach 40 Tagen sagen kann: „Ich habe es geschafft“. Nein, auch weil aus dem Verzicht Gutes entsteht.


Da ist uns die Idee gekommen, in der Familie auf Nörgeln, Jammern und Schimpfen zu verzichten.  Die Kinder haben  gleich verstanden, dass wir uns auf einen respektvollen Umgang miteinander besinnen und, ganz im Sinne des Fastens, Sorge füreinander tragen wollen. 

Wenn wir auf Nörgeln und Schimpfen verzichten, entsteht daraus was Gutes.

Und ja, anfangs ist es wirklich schwer, sich auf das Positive zu konzentrieren und am Abendbrottisch nicht zu jammern. Auch während einer hitzigen Diskussion zwischen den Kindern, werden die Stimmen schon mal laut oder eine Beleidigung wird ausgesprochen. Bemerkenswert ist aber, dass dann entweder eines der Kinder (!) oder auch ich unterbreche und wir alle bemerken, dass wir ja genau das fasten wollten.

Der „Mehrwert“ des Fastens – warum tun wir uns das an?

Fasten hat mit Verzicht zu tun, soll uns also (ein bisschen) schwerfallen und uns etwas abverlangen.  

Leichter fällt es uns, wenn wir erkennen, dass daraus Gutes entsteht.

Das Bewusstsein für den eigenen Körper, die Besinnung auf sich selbst und mehr Zeit und Raum für den Glauben - das alles sind so zu sagen die Früchte unseres Fastens. Und natürlich die Konzentration auf ein liebevolleres Miteinander und ein erfülltes Familienleben. Dafür lohnt es sich, sich anzustrengen.

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