Hat mein Kind Legasthenie, Dyskalkulie oder Lese– Rechtschreibschwäche?

Es kann vorkommen, dass sich bei einem Kind, das einen überaus intelligenten Eindruck macht, in der Schule unerwartete Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens, des Schreibens, oder des Rechnens ergeben.

Oft sind es Lehrer, die die Eltern auf die plötzlichen Schwierigkeiten aufmerksam machen.

Viel häufiger merken aber die Eltern schon in einem frühen Lernstadium selbst, dass das Kind, das bisher keinerlei Schwierigkeiten hatte, Dinge zu erlernen, das kreativ und wissbegierig ist, gerade beim Schreiben oder Rechnen lernen Schwierigkeiten aufweist. Obwohl man zu Hause fleißig übt, macht es überdurchschnittlich viele Fehler und wirkt zeitweise abgelenkt.

Wenn das zutrifft, macht es Sinn, sich über folgende Bereiche zu informieren: 

 

#1. Legasthenie (Primärlegasthenie)

Legasthenie (Primärlegasthenie) ist eine spezielle Problematik normal intelligenter Kinder beim Lesen und/oder Schreiben, ohne dass dafür eine äußere Ursache festgestellt werden konnte (physische, Seh- oder Hörprobleme, psychische Belastungen, Versäumnisse beim Lernen in der Schule werden ausgeschlossen).

Statistisch gesehen kommt Legasthenie viel häufiger vor, als vermutet.

Eltern, Lehrer und Schüler trifft dabei keine Schuld, denn Legasthenie ist die Folge von differenten Sinneswahrnehmungen mit biogenetischer Verursachung. Dadurch entstehen beim Schreiben und/oder Lesen Zeiten von Unaufmerksamkeit, die wiederum Wahrnehmungsfehler zur Folge haben.

#2. Lese- Rechtschreibschwäche (LRS )

Anders als bei der Legasthenie, ist die Lese- Rechtschreibschwäche (LRS ) IMMER erworben. Sie wird durch bestimmte Lebensereignisse hervorgerufen. Es handelt sich somit um ein „erklärbares“ Phänomen beim Lesen- und/oder Schreiben lernen, welches sich durch besondere Lebensumstände, zu wenig lernen oder schwere Belastungen (Krankheit, Schulwechsel, Trennung von Bezugspersonen, Tod von lieben Personen…) hervorgerufen wird. Entspannt sich die Lebenssituation, so kann das Phänomen bei gleichzeitig vermehrtem Üben (!) wieder verschwinden.

Daher spricht man auch von einer vorübergehenden Lese-Rechtschreibschwäche.

#3. Dyskalkulie

Als Dyskalkulie wird die Schwierigkeit im Umgang mit Zahlen, Zahlenräumen, Mengen und beim Erlernen der Grundrechnungsarten bezeichnet. Sie beruht, wie die Legasthenie, auf differenten Sinneswahrnehmungen.

Was mache ich, wenn ich vermute, dass mein Kind betroffen ist?

Der erste Weg sollte zur Lehrperson des Kindes führen.

In einem ausführlichen Gespräch sollte Ihre Vermutung mitgeteilt werden, um gemeinsam weitere Schritte zur endgültigen und sicheren Abklärung, wie auch Diagnose, planen zu können.

Verständnisvolle Lehrpersonen können durch deren Verhalten den Schulalltag für legasthene/dyskalkule Kinder maßgeblich verbessern. Sie können dafür sorgen, dass die Motivation und das Selbstwertgefühl des Kindes erhalten bleiben und Lernen weiterhin Freude bereitet und nicht, wie leider sehr oft, zur Qual für das gesamte Familiensystem wird. 

Lehrpersonen haben anhand von den bestehenden Gesetzen in Österreich die Möglichkeit, legasthene/dyskalkule Kinder, bei denen eine Legasthenie/Dyskalkulie gesichert festgestellt wurde, wohlwollend zu beurteilen (sie sind dazu aber nicht verpflichtet).  Dies setzt voraus, dass sie über ein umfassendes Wissen über die Problematik verfügen, aus welchem dann das Verständnis, dem Kind den Schulalltag zu erleichtern, resultiert.

 

Was können Eltern tun?

  • Geben Sie Ihrem Kind IMMER Rückhalt und haben Sie Verständnis, für die schwierige schulische Situation. Für dyskalkule/legasthene Kinder ist das Erlernen, der für sie schwierigen Teilbereiche, absolute Schwerarbeit und das muss von Seiten der Erwachsenen honoriert und akzeptiert werden.
  • Stellen Sie beim Kind klar, dass jeder Schreiben, Lesen, Rechnen lernen muss und dass kein Weg daran vorbei führt. Gemeinsam, mit viel Geduld, Anstrengung und Übung kann viel erreicht werden.
  • Haben Sie Geduld, wenn die Fortschritte langsam vorangehen und loben Sie Ihr Kind regelmäßig für dessen Anstrengungen (!), weniger aber für die Resultate, da diese sehr oft nicht denen, von nicht dyskalkulen/legasthenen Kindern entsprechen.
  • Geben Sie dem Kind Zeit, Geborgenheit und Liebe, und akzeptieren Sie die Schwierigkeiten, die das Kind ein Leben lang im Bereich der Kulturtechniken begleiten werden, auch wenn das nicht einfach ist.

 

Fachliche Hilfe:

Diplomierte Legasthenie/DyskalkuliertrainerInnen wurden im Rahmen ihrer umfassenden Ausbildung speziell für die Arbeit mit legasthenen/dyskalkulen Kindern (aber auch Jugendlichen und Erwachsenen) geschult und wissen auch um deren möglichen zusätzlichen Sekundärproblematiken. Sie können auch im Umgang mit Lehrpersonen behilflich sein.

Legasthenie/DyskalkulietrainerInnen erstellen nach einem ausführlichen Anamnesegespräch und einem pädagogischen Test, zur Bestätigung der Diagnose, einen umfassenden Trainingsplan, der speziell auf das Kind abgestimmt ist. Zudem erhalten Sie als Eltern Anleitungen, wie Sie ihr Kind bestmöglich beim Training der Sinneswahrnehmungen unterstützen können. Sie erhalten Informationen zu Sekundärproblematiken, die sich vielleicht durch soziale oder psychosomatische Auffälligkeiten zeigen.

 

Quelle: EÖDL

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