Freizeitaktivitäten als Familie: Wie viel ist eigentlich zu viel?
Die Semesterferien sind vorbei. Gefühlt war die halbe Stadt im Ausland. Ist das nicht zu viel des Guten?
Ägypten, Italien oder zumindest ein paar Tage in Wien. Das sind die Kurzurlaubsziele, die uns als Familie zu Ohren kamen. In den Semesterferien gibt es damit offenbar nur ein Credo: Nichts wie weg! Koste es, was es wolle!
Wer mit seinen Kindern dennoch zuhause bleibt, scheint bestimmte Signale auszusenden.
Entweder darf man sodann als Rabeneltern tituliert werden, weil man seinen Kindern nichts oder zumindest zu wenig Abwechslung bietet. Oder es steht im Raum, dass ein spontaner Kurzurlaub bei einem zu knappen Familienbudget einfach nicht drinnen ist.
Meine Vermutung deshalb: Beide Subtexte und impliziten Anschuldigung will kein Elternteil der Welt auf sich sitzen lassen! Deshalb wird brav mitgespielt, der nächste Kurzurlaub bereits geplant oder gar schon gebucht und auch ansonsten darauf geschaut, dass in Ferienzeiten bloß keine Langeweile aufkommt.
Wissenschaftliche Erkenntnisse, die besagen, dass Langeweile gut für die kindliche Entwicklung ist, werden dabei gekonnt zur Seite gewischt. Kreativität bei Kindern und Jugendlichen entsteht gerade dann, wenn einmal nicht jede freie Sekunde mit Familienunternehmern und Familienausflügen und Familienurlaub vollgekleistert wird! Aber das wäre wieder eine andere Geschichte.
Jedenfalls haben wir heuer nicht „mitgespielt“.
In den Semesterferien waren wir de facto „nirgends“; es sei denn die Skipiste zählt als ein Ort abseits des Alltags, was ich meinerseits zu argumentieren wüsste.
Wir sind aber zumindest nicht im Ausland gewesen: Nicht am Strand in Italien, nicht in den Häuserschluchten von London und auch sonst nirgends, wo sich Eltern gerne mit ihren Kindern in Zeiträumen so herumtreiben.
Sind wir deshalb schlechter Eltern oder müssen wir uns gar – in neudeutsch – als „Geringverdiener“ bezeichnen lassen? Ich denke nicht. Weder haben wir unseren Kindern in den Semesterferien nichts geboten noch hätten wir es uns nicht leisten können.
Es war eine bewusste Entscheidung! Weniger ist mehr.
Denn eine Reise, vor allem wenn sie nur wenige Tage dauert, bedeutet immer auch Stress. Warum fliehen vom Alltag, wenn es zuhause auch fein ist?
Warum fliehen, wenn man den Alltag auch zuhause wegschieben kann?
Wir haben es nicht bereut. Wir sind zur Ruhe gekommen. Haben viele Brettspiele gespielt. Filme geschaut. Lange und gute Gespräche geführt. Uns bewusst Zeit genommen und auch uns als Eltern freigespielt. Arbeit auch mal – wenn möglich – Arbeit sein lassen und die oftmals so zentral gesetzte und oft besungene Work-Life-Balance gelebt, mit einem Ausschlag hin zu Life.
Man sagt ja, dass derjenige oder diejenige, die reist, etwas zu erzählen hat. Das mag stimmen. Das stimmt sogar ziemlich sicher. Ein Tapetenwechsel regt die Fantasie an und das Ungewohnte und Neue ist aufregend, faszinierend und neu und somit der Stoff, aus dem gute Geschichte sind.
Aber warum nicht auch zuhause an guten Geschichten basteln?
In Zukunft davon erzählen, wie man in den Semesterferien oder in sonstigen Ferien mit seinen Kindern de facto überhaupt nichts unternommen hat, zumindest aber nichts, das sich zu ausführlich ausgestalteten fabelhaften Geschichte eignen würde.
Warum nicht auch einmal „langweilig“ sein, warum nicht auch einmal „zurückschalten“ und sich auf die Werte besinnen, die als Familie wirklich wichtig sind?
Da wären etwa: Gemeinschaft, Geborgenheit, Zusammenhalt, tiefgehende Gespräche oder Verständnis. Das alles lässt sich auch zuhause umsetzen, wenngleich natürlich ein Ortswechsel – und damit schon einmal allein ein geographischer Abstand zum Abstand – dabei hilfreich sein kann.
Aber wir versuchen eben diese „Auszeit“, diesen Abstand zum Familienalltag, in unsere eigenen vier Wände zu bekommen.
Mit gutem Effekt: Es hat nicht nur funktioniert, sondern es hat auch definitiv Potenzial!
Und zwar dahingehend, dass es uns auch im Alltag – also im tatsächlichen Alltag – gelingt, Auszeiten und Ruhezeiten zu finden. „Geübt“ dafür haben wir in den Semesterferien ja zum Glück genug.