Himmels-Sehnsucht

In meinem Bekanntenkreis gab es gerade einen schrecklichen Todesfall: ein junger Familienvater, der seine schwangere Frau und zwei weitere kleine Kinder zurücklässt, verstarb innerhalb kürzester Zeit nach einer Krebsdiagnose. Unvorstellbar und entsetzlich. Doch neben der Trauer und dem Schmerz, den selbst ich „aus der Ferne“ empfand, war es wie ein Weckruf für mich: Sie kommt, die Stunde - auch meines Todes. Vielleicht eben sehr viel früher oder zumindest ganz anders als gedacht.

 

Himmelssehnsucht- zu viel oder zu wenig?

Ich gestehe, dass dieses Thema vielleicht nicht auf den ersten Blick das „Familienblog-tauglichste“ ist und eher harte Kost. Wo und wie hat das Sterben aber überhaupt Platz in unserem Leben?

Ist es nicht verrückt, dass wir diese einzige 100% Tatsache – das Sterben - so gerne ausklammern?

Als gläubiger Christ bin ich überzeugt, dass unser Erdendasein eine Pilgerreise hin zu einer ewigen Herrlichkeit ist. Eine Vorbereitung und ein Wimpernschlag im Vergleich zu dem, was bevorsteht. Aber, das muss ich schon sagen, die Vorstellung, meine Liebsten – meinen Mann, Kinder, die Großfamilie, Freunde etc. zurückzulassen, ist schon eine sehr harte und traurige Aussicht.

Diesbezüglich ist es, denke ich, normal, erstmal nicht in Jubel auszubrechen, wenn es um den Tod geht.

Es ist ein schönes Zeichen dafür, dass ich mein Leben hier auf Erden eben einfach sehr gerne habe.

Wenn jemand sich ständig nur aufs Sterben freuen würde, scheint er dieses Leben ja als sehr unerträglich zu sehen und es wirkt ein bisschen so, als würden ihm seine Mitmenschen nichts bedeuten.

Wenn ich darüber nachdenke, ist diese Beschreibung eher die theoretische Kehrseite von dem, was das Gängige ist: statt ständig in Himmelssehnsucht zu verfallen, ist die Tendenz, sich nicht aufs Sterben zu freuen, davor Angst zu haben oder sogar komplett reißaus zu nehmen.

Die Frage stellt sich: Wie sollen wir uns hinsichtlich des Todes aber eigentlich verhalten?

 

Einmal sind wir schon ins Leben gekommen

Vielleicht kennst du diesen Vergleich: für das Sterben also das „Eintreten in ein neues Leben bzw. den Himmel“ dient das Bild der Geburt also das „Eintreten in diese Welt“. (Hier kriegen wir also doch noch die Kurve zum Familienblog ;))

Es gibt eine Anekdote von Zwillingen, die sich im Bauch der Mutter unterhalten. Der eine Zwilling ist voll Vorfreude und glaubt an ein Leben „nach dem Bauch“. Er sagt: „Bestimmt kommt danach etwas Großes und Schönes“. Der andere aber denkt, mit der Geburt sei alles vorbei: „Ich habe keine Lust hier im Engen rumzustrampeln- bringt sowieso nichts“, meint er, während sich der erste versucht fit zu machen und für das Neue zu wappnen. Er ist voller Zuversicht und sagt dem anderen: „Ganz sicher, es gibt da jemanden, der uns liebt, wir sehen sie nicht, aber du kannst sie doch jetzt schon immer wieder spüren und hören. Denkst du nicht, wir werden sie ganz neu und noch besser kennenlernen und sehen können im nächsten Leben?“, jedoch erwidert der der andere: „Das, was uns umschließt ist bedeutungslos und reiner Zufall. Es gibt kein neues Leben.“

 

Das Wesentliche an dieser Anekdote ist, so finde ich, dass dieses vermeintlich „ferne“ und evtl. „irrelevante“ Thema der Geburt der Babys bereits einen großen Einfluss auf die Zeit während der Schwangerschaft hat. Für den Ersten gibt es Vorfreude und Hoffnung und das, was gerade ist, wird mit diesem Ausblick „noch schöner“ und macht Sinn. Beim anderen überschattet dieses "Bald ist es Aus und Vorbei“ bereits seine Zeit im Bauch. Der Stress und die Angst vor dem „Nichts“ nach der Geburt ist spürbar. 

Ob wir mit Sehnsucht und Vorfreude auf das „Leben nach dem Tod“ erfüllt sind oder nicht, hat ganz konkrete Auswirkungen auf das Dasein hier und jetzt.

Die beste Vorbereitung aufs Sterben scheint die Gewissheit, dass es gut weitergeht und wir den, der uns bereits jetzt „umschließt“, begegnen werden und noch anders kennenlernen dürfen (wie die Zwillinge die Mutter bei der Anekdote).

 

Ganz viel Himmels-Sehnsucht

Ich denke, es braucht mehr Himmels-Sehnsucht, denn sie tut bereits im jetzigen Leben gut und sortiert es: wenn ich mich auf meine „Hauptberufung“, also den wesentlichsten Aspekt, besinne, dann ist meine Bestimmung die Ewigkeit.

Durch Christus sind wir unsterblich, der Tod hat keine Macht mehr und wir gehen im Sterben in eine neue Wirklichkeit über.

Ich kann mich also bereit machen, indem ich dem Himmel mehr Raum gebe – in meinen Gedanken und Vorstellungen, in meinem Gebet. Hier empfehle ich den Vortrag eines sehr lieben Bekannten, der mir dabei geholfen hat und gute Anregungen gibt.

Schön finde ich, dass ich oft fast unbemerkt im katholischen Glauben bereits lebe, was ich dann später bewusst entdecke oder überlege: Eines der wohl geläufigsten Gebete, das Ave-Maria bzw. der Rosenkranz verdeutlicht, welche Momente im Leben die wirklich Wichtigen sind: „Jetzt und in der Stunde unseres Todes“ heißt es da. Aber auch „Führe alle Seelen in den Himmel“.

Den Himmel will ich. Und mich darauf freuen. Dabei hilft, mich mit den wunderbaren Dingen, die wir über den Himmel wissen, zu beschäftigen. Im Katechismus oder der Bibel nachzuschlagen. In der Offenbarung 21,4 heißt es: „Er (Gott) wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen.“

 

Bereit machen

Diese Zusage also ist der Plan und das Ziel, das Gott für mich möchte. Keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Das Schönste vom Schönen und noch darüber hinaus hat er für mich vorbereitet.

Ich möchte daran glauben und die Freude darüber bereits jetzt in meinem Leben wirken lassen.

Ich möchte dadurch gelassener mit den Schwierigkeiten in diesem Leben umgehen. Und ich möchte nutzen, was Gott mir in diesem Leben an die Hand gegeben hat, um bereit zu sein: Die Sakramente – allen voraus die Eucharistie, denn in ihr habe ich bereits auf dieser Welt Einheit mit ihm und lasse ihn in mir wirken, aber auch die Beichte, um alles, was mich von ihm und seiner Fülle abschneidet, zu kappen. Ich möchte vorbereitet sein: Ihn JETZT zu suchen, ihm JETZT mein Herz zu schenken - das ist die beste Vorbereitung. Denn Jetzt wird irgendwann nichts anderes sein, als die Stunde meines Todes.

Ähnliche Artikel

Ein Artikel von

Weitere Artikel des Autors lesen