Kann es sein, dass mein Kind Opfer von Mobbing/Bullying geworden ist? Teil 1/2
Eine Geschichte zum Einstieg
Lena ist elf. Bisher bestach sie jeden mit ihrer Fröhlichkeit und Unbeschwertheit. Bereits morgens sprühte sie vor Energie, zeigte Interesse an Neuem und blickte dem Tag fröhlich entgegen. Seit einigen Wochen wirkte sie sehr blass, zog sich in sich zurück und wirkte traurig und unsicher. Nachts wachte sie häufig auf, am Sonntagnachmittag und nach den Ferien wirkte sie mittlerweile fast depressiv. Als sie am Montag morgens regelmäßig erbrach und sich letztendlich weigerte in die Schule zu gehen, wusste ihre Mama, dass etwas nicht stimmte. Erzählen wollte sie aber nichts. Erst nach einiger Zeit fanden ihre Eltern heraus, dass Lena am Schulweg und im Bus massiv gemobbt wurde. Die Täter hatten ihr „geschworen“, dass sie, falls sie einen Erwachsenen zu Rate ziehen würde, noch Schlimmeres zu erleiden haben würde.
Was ist Bullying?
Bullying ist eine besondere Form aggressiven Verhaltens, bei der ein Kind immer wieder und systematisch den direkten, aber auch indirekten negativen Handlungen eines, oder mehrerer Kinder ausgesetzt ist (nach Olweus 2006).
Forschungsergebnisse zeigen, dass Bullying mittlerweile auch schon im Kindergarten und in der Volksschule in beträchtlichem Ausmaß auftritt. Gerade in den letzten Jahren wurden die Art und Weise, wie Kinder bedrängt und zum Teil gequält werden, immer vielfältiger und grausamer.
"Irgendetwas stimmt nicht..."
Beim Opfer löst Bullying meist Anpassungsprobleme, Angststörungen, Schlafstörungen, soziale Isolation und das Auftreten von schulischen Leistungsproblemen aus. Und letzteres ist meist der Punkt, an dem Erwachsene, Eltern und Lehrer manchmal erstmals bemerken, dass beim betroffenen Kind „irgendetwas nicht stimmt“.
Aus Angst, dass die Situation in der Schule oder unter den Peers noch schlimmer wird, trauen sich Opfer nämlich häufig nicht, Hilfe aus dem Erwachsenenkreis zu holen. So bleibt dieser Zustand oft leider viel zu lange unbemerkt und betroffene Kinder leiden still, bis oft unübersehbare körperliche oder psychische Symptome auftreten und das Ganze somit an die Öffentlichkeit bringen.
Weitreichende Folgen
Mittlerweile streitet wohl niemand mehr ab, dass Bullyingerfahrungen, besonders in den frühen Kindergarten- und Schuljahren, gravierende Konsequenzen für den Betroffenen und dessen weiteren Persönlichkeitsentwicklung haben. Somit wird Bullying von Psychologen als kritisches Lebensereignis betrachtet, das die normale Entwicklung des Kindes massiv beeinträchtigt.
Wo kann mein Kind zum Opfer werden?
Bullying und Mobbing treten überall dort auf, wo Menschen regelmäßig miteinander in Kontakt sind und wo Opfer keine Chance haben, sich den Tätern zu entziehen. Somit wird ersichtlich, dass Kindergarten und Schule Orte sind, an welchem Kinder häufig Opfer sind, da hier langfristig keine Flucht vor den Tätern möglich ist. Waren früher meist Jungen die Täter, so konnte in den letzten Jahren beobachtet werden, dass auch Mädchen zunehmend zu Täterinnen werden. Die Art und Weise, wie gemobbt wird, kann sich unter den Geschlechtern unterscheiden. So zeigen Jungen vermehrt physische Handlungen, während Mädchen eher auf psychisches, aggressives Verhalten den Opfern gegenüber zurückgreifen.
Die "Täter"
Kinder, welche sich zu Tätern entwickelt haben, zeigen bereits in der frühen Kindheit geringere Fähigkeiten zur Verhaltensregulation und Emotionsregulation und wurden bereits häufiger selbst Opfer von Gewalterfahrungen in den ersten Lebensjahren, als Kinder, welche sich der eigenen Emotionen bewusst sind und Fähigkeiten zur Emotionsregulation erworben haben. Sie zeigen ein schwieriges Temperament, und weisen einen Mangel an Empathie und prosozialem Verhalten auf. Daher ist es unerlässlich, ihnen Möglichkeiten der gewaltfreien Kommunikation anzubieten, und sie in der Entwicklung von prosozialen Verhaltensweisen zu unterstützen.
Oft fehlt in Schulen leider die nötige Zeit, Mobbing präventiv vorzubeugen, indem bereits in den ersten Schulwochen, in welchen sich die Klasse formiert, Hierarchien entstehen und Rangordnungen ausgefochten werden, aggressiven Tendenzen mittels spezieller gruppendynamischer Programme vorgebeugt werden könnte. Leider kommt es aber auch vor, dass Lehrer nicht hinsehen und hoffen, dass sich das Ganze schon von selbst regeln würde, oder hoffentlich doch nicht so schlimm wäre.
Wie Eltern ihr Kinder in dieser schwierigen Situation beistehen und unterstützen können, erfährt ihr hier: "Was können Eltern tun, wenn ihr Kind Opfer von Bullying geworden ist? Teil 2/2"!