Vom „Segen“ der Zwickeltage
Schulfrei. Zwickeltag. Schulautonomer Tag. Für uns klingt das nicht immer wunderbar, sondern bedeutet oft auch Stress.
Und nein, der Stress ist nicht dadurch verursacht, dass wir unsere Kinder „betreuen“ lassen müssten. Aus dieser Zeit sind wir mit unseren Mädels – 12 und 16 Jahre alt – schon länger heraußen. Notfalls kann auch die „Große“ auf die „Kleine“ aufpassen und somit sind wir einigermaßen freigespielt, auch an schulfreien Tag unserer beruflichen Tätigkeit nachzukommen.
Es ist etwas anderes: Wir haben bei diesen Zwickeltagen – man mag sie auch Brückentag oder wie auch immer nennen – immer das Gefühl, dass andere Eltern wesentlich mehr mit ihren Kindern unternehmen. Denn diese Tage führen ja meist zu langen Wochenenden.
Unsere Kinder erzählen dann oft zuhause: XY fährt nach Rom, nach London, nach Wien, nach Italien oder sonst wo hin.
Bei uns türmt sich zuhause aber beispielsweise die Bügelwäsche, die Wohnung müsste mal wieder grundsätzlich durchgeputzt werden und auch die Rechnungen stapeln sich in einer Weise, die eher nicht optimal ist.
Sprich: Diese langen Wochenenden bedeuten nur allzu oft, dass wir sie nutzen, um wieder klar Schiff zu machen. Meist verschlingt das zumindest einen, manchmal aber auch zwei Tage. Am dritten Tag sind wir dann vor allem erschöpft.
Es ist eine tiefe Erschöpfung, die sich auch mit schlechtem Gewissen verbindet. Hätten wir den Haushalt Haushalt sein lassen sollen und etwas mit unseren Kindern unternehmen?
Sind diese anderen Eltern, die ihren Kindern offenbar so viel mehr bieten, so etwas wie „Wundereltern“, Superhelden oder sonstige übersinnliche Wesen, gegen die wir nicht bestehen können? Oder fehlt uns einfach die notwendige Gelassenheit, um richtig mit dem Haushalt umzugehen, um uns die Zeit richtig einzuteilen?
Gut möglich auch, dass es daran liegt, dass wir nicht auf den Segen von Oma und Opa zurückgreifen können, weil diese mehr als 200 Kilometer entfernt wohnen und sich somit nicht so einfach mal so rekrutieren lassen, um einen etwa beim Bügeln oder ähnlichem kräftig unter die Arme zu greifen.
Machen wir vielleicht zu viel Aufsehen um unsere Tätigkeiten, Termine und Organisation, die nun einmal mit zwei Kindern zu erledigen sind? Sollten wir mehr „im Stillen“ agieren, einiges liegen lassen und dann halt am Abend alles erledigen, was so zu tun ist?
Unter Umständen lassen wir uns aber auch blenden.
Nur die Anzahl der Rückmeldungen unserer Kinder lässt uns glauben, dass jeder deutlich mehr unternimmt und mehr „bietet“. Wir sollten wohl auf unsere Kinder hören, in deren Stimme nie ein vorwurfsvoller Ton mitklingt. Sie sind glücklich, so wie sie sind. Und der eine oder andere Thermentag, der eine oder andere Wienbesuch oder ausgiebige Wochenenden auf der Almhütte der Osttirol-Oma gehen sich ja doch immer aus. Es sind oft die kleinen Dinge – oder zumindest die im Vergleich kleineren – die genau so glücklich und womöglich noch glücklicher machen können.
Am wichtigsten ist nämlich der Zusammenhalt in der Familie, der Respekt voreinander.
Auf dieser Ebene gelingt uns sehr viel, darauf sind wir stolz. Wenn wir jetzt auch noch daran arbeiten, dass der „Schrecken“ der Zwickeltage nicht zu nahe an uns herankommt, wir es gelassener angehen und die Erwartungshaltungen abschütteln, die wir uns gewissermaßen selbst auferlegen, dann wären wirkliches Glück und wirkliche Zufriedenheit in greifbarer Nähe.
Und der nächste „Zwickeltag“ kommt bestimmt. Es ist sogar so, dass ein weiterer ebensolcher bevorsteht im Moment, in dem ich diese Zeilen schreiben. Und indem ich sie schreiben, indem ich mir bewusstwerde, was unser „Problem“ mit diesen Tagen ist, umso mehr sehe ich der Sache entspannt entgegen. Und tatsächlich sind wir dieses Mal recht gut dabei, der Haushalt ist im Griff und ein Thermentag steht wieder einmal an.
Offenbar machen wir unsere Sachen also doch nicht ganz so schlecht. Auch wenn wir nicht einfach so mal vier Tage London aus dem Ärmel schütteln können.