Warum ich mir eine Auszeit im Kloster nehme
Fern der Familie und auf dem Berg bin ich alle paar Jahre ein paar Tage in einem Kloster. Dort habe ich Zeit für mich und für Gott und kann genießen, in Ruhe ausschlafen, wandern und beten zu können.
Wenn ich mich so richtig ausgelaugt fühle und nach innerer Erneuerung sehne, verbringe ich ein paar Tage im Kloster. Ich besuche dort kein Seminar oder Exerzitien, sondern verbringe einfach einige Tage im Schweigen. Das ist für mich ein totales Kontrastprogramm zu meinem Alltag. Vor ca. 15 Jahren habe ich durch eine Bekannte ein besonderes Kloster entdeckt, in dem ich alle paar Jahre ein paar Tage der Stille genieße. Das klingt für manche vielleicht etwas schräg – Erholung finden im Kloster? Ist das nicht ein Ort mit streng geregeltem Tagesablauf und vielen fixen Gebetszeiten?
Sicher. Klöster sind keine „Urlaubsorte“. Und sie sind sehr unterschiedlich. Das Kloster, von dem ich spreche, ist sehr besonders. Es wird von den Betlehemschwestern geführt, einem sehr jungen kontemplativen Orden. Es liegt hoch oben am Berg, in der Nähe von Salzburg und allein die Fahrt mit dem Zug bzw. der Aufstieg zu Fuß ist ein Abenteuer für sich. Die Wanderung von Schwarzach auf die Kinderalm dauert ca. 2,5 Stunden. Natürlich könnte man mit dem Auto fahren, doch ich bevorzuge die andere Variante. So kann ich langsam, Meter für Meter von meinem turbulenten Alltag in die Ruhe eintauchen.
Reduzieren und auf das Wesentliche konzentrieren
Den Aufenthalt plane ich einige Monate im Voraus. Die Schwestern haben nicht immer Zeit und Platz für Gäste. Wenn ich einen passenden Termin gefunden habe, kümmere ich mich früh genug um die Kinderbetreuung. Meist übernimmt Georg diese Aufgabe, außer er ist beruflich sehr eingespannt. Wenn das alles gut geregelt ist, kann ich meinen Aufenthalt in Ruhe planen. Bisher war ich meist 3-4 Tage dort, einmal sogar eine Woche. Ich packe nur das Nötigste ein: Schreibzeug, Tagebuch, Bibel, Handy, eine Trinkflasche, Waschzeug, ein paar Kleidungsstücke zum Wechseln. Ich trage funktionelle Kleidung, die man leicht per Hand waschen kann und die schnell trocknet, dazu meine Wanderschuhe und -stöcke. Sonst brauche ich dort oben nichts.
Wenn ich angekommen bin, gehe ich zuerst ins Empfangszimmer und melde ich mich per Telefon bei der Gastschwester. Sie teilt mir mein Zimmer bzw. meine „Zelle“ zu und erklärt mir das Nötigste. Keine Angst, der Ort gleicht in keiner Weise einem Gefängnis… 😉 Ganz im Gegenteil – die Zellen sind sehr einfach und liebevoll eingerichtet. Da ich schon öfter hier war, brauche ich keine längere Einführung mehr. Ich weiß, dass im Klausurbereich des Klosters das Stillschweigen gewahrt wird und dass man Besucher nur im Außenbereich treffen kann. Begegnet man einem anderen Gast oder einer Schwester, begrüßt man einander mit einem freundlichen Nicken. Es gibt also keinen Smalltalk, was ich sehr angenehm finde. Ich komme ja nicht her, um andere Leute kennenzulernen, sondern um Zeit mit mir selbst und mit Gott zu verbringen. Hat man einmal den dringenden Wunsch, mit jemandem zu sprechen, kann man sich einen Termin mit einer Schwester ausmachen. An den Gebetszeiten und Messen kann man teilnehmen, muss aber nicht. Die Mahlzeiten werden alleine in der Zelle eingenommen. Dazu wird ein Tablett mit Essen in der Küche hergerichtet, das man sich zu bestimmten Zeiten holen kann. Das Essen ist sehr einfach, meist fleischlos und wenig gewürzt, aber sehr liebevoll hergerichtet. Braucht man eher deftiges Essen, sollte man sich etwas von zu Hause mitnehmen. Ich hab meist etwas Cabanossi, Nüsse oder Kekse im Rucksack. So habe ich auf jeden Fall genug Kalorien für meine Wandertouren. Die Berge liegen da oben direkt vor der Haustür. St. Veit ist auch als Luftkurort bekannt.
Also: herrlichste Natur, beste Luft, guter geistlicher Boden und ungestörte Zeit. Für mich die perfekte Kombination, um innerlich und äußerlich aufzutanken.
Ein innerer Rhythmus, der gut tut
Wie verbringe ich dann diese freien Tage? Auf dem Schreibtisch liegt eine kleine Broschüre mit Empfehlungen, wie man die Tage der Stille gestalten kann. In Anlehnung daran versuche ich, einen inneren Rhythmus zu finden, der mir gut tut. Am Morgen schlafe ich so lang, bis ich von selbst aufwache. Allein das ist schon Luxus. Dann rede ich mit Gott und lasse mich von ihm inspirieren. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich schon vor dem Frühstück einen Spaziergang machen soll und verbringe den restlichen Tag mit Lesen, Beten und Malen und Ruhen in der Zelle. Manchmal bin ich einen ganzen Tag draußen unterwegs und gehe dann als Abschluss in die abendliche Messe.
Oft komme ich mit offenen Fragen, die ich mit Gott bespreche.
Das Gespräch mit Gott geschieht eigentlich die ganze Zeit, da ja sonst niemand zum Reden da ist. Ich spüre seine Gegenwart sehr stark, weil alle Ablenkungen und Unterbrechungen des Alltags wegfallen. Besonders die Mahlzeiten allein in der Zelle erlebe ich als gute Zeiten der Gemeinschaft mit Gott. Und die Wanderungen… Ich lerne Achtsamkeit, entdecke neu das kindliche Staunen und freue mich an Gottes wunderbarer Schöpfung.
Die Zeit vergeht im Nu und dann heißt es wieder Abschiednehmen. Die Vorfreude auf meine Familie ist groß, und doch weiß ich, dass ich das Alleinsein vermissen werde. Ich werfe einen Umschlag mit meiner freiwilligen Spende in das Körbchen im Empfangszimmer und weiß, dass ich wiederkommen werde. Wer weiß – vielleicht schon nächstes Jahr?