Warum wir uns (nicht) auf die Weihnachtszeit freuen

Die Weihnachtsbeleuchtung in den Städten hängt schon. Die ersten Christkindlmärkte haben bereits geöffnet. Doch eigentlich ist es noch später Herbst.

Es ist ein Gefühl, das wohl viele Eltern teilen: Advent, Nikolaus und Weihnachten kommen Jahr für Jahr schneller.

Das mag am eigenen Alter liegen. Oder an den unsicheren, komplexen Zeiten, in denen die Zeit ob der Überfrachtung durch Nachrichten und Ereignissen immer schneller zu vergehen scheint.

Gut möglich, dass dahinter aber auch eine objektive Ebene lauert: Nikoläuse, Weihnachtsmänner & Co. kommen Jahr für Jahr früher in den Handel, erste Glühweinstände sperren immer zeitiger im November auf und auch ansonsten feiert die fröhliche Durchkommerzialisierung des Advents und der Weihnachtszeit fröhliche Urständ.

Mittendrin in allen diesem mehr oder minder kontrolliertem und kontrollierbarem Wahnsinn: Wir als Familie.

Wir als Familie, die im November eigentlich ganz andere „Sorgen“ hat.

Schularbeiten wollen geschrieben sein, Arbeit bewältig. Beides kulminiert in der sogenannten ruhigen Adventszeit: Es wirkt oft so, als müsste alles noch unbedingt vor den Weihnachts-Feiertagen erledigt werden, weil danach das Jahr von neuem beginnt und in diesem absolut keine Zeit sein wird, Dinge zu erledigen.

Daneben gilt es noch – schließlich will das Familienleben und das Zusammensein gepflegt sein und den auferlegten Pflichten als Vater und Mutter nachgekommen sein – Kekse in rauen Mengen zu backen. Und war da nicht auch noch die Weihnachtsbeleuchtung, die Krippe und ganz generell die Weihnachtsdeko am Dachboden, die zeitgerecht gefunden und aufgebaut werden musste?

Kurzum: Es ist alles etwas viel.

Es sind viele Aufgaben, viele Erledigungen, viele Sachen zum Organisieren und insgesamt es zu viel, um so etwas wie Ruhe oder Besinnlichkeit empfinden zu können.

Das „Hamsterrad“ dreht sich immer schneller, auch weil man dann in der Adventszeit auch wie gehabt und wie im Ritual vorgeschrieben ruhig und besinnlich um den Adventkranz sitzen und zur Ruhe kommen sollte.

Innerlich: Tausende Aufgabe, tausende To-Dos, die allerdings weggeschoben werden, weil diese in diesen Ruheinseln eigentlich keine Rolle spielen sollten.

Denn: Neben all den äußeren Hektik-Einflüssen, die hier bereits kurz beschrieben wurden, gibt es auch „innere“ Einflüsse. Das wäre etwa die eigene Erwartungshaltung an ein harmonisches Zusammensein und auch die Erwartung hinsichtlich einer ruhigen Adventszeit. Letzteres wohl auch deshalb, weil es einfach so sein muss. Andere Familien bekommen das schließlich auch hin.

All das führt bei sämtlichen Familienmitgliedern zu Stress. Zu kleineren und größeren Gereiztheiten. Zu kleineren oder mittleren Streitigkeiten. Das alles führt dazu, dass wir uns im Endeffekt gar nicht allzu sehr auf die bevorstehende, ruhige Zeit freuen. Nicht wirklich zumindest. Auch wenn wir dann wieder einigermaßen glücklich am Weihnachtsbaum sitzen und Weihnachtslieder singen.

Aber: Wie können wir die Zeit zuvor anders gestalten? Ruhiger? Entspannter? Mit weniger Druck? Ist es so einfach, dass man einfach diesen Druck und diese wohl auch übergroßen Erwartungshaltungen herausnehmen sollte und alles ist gut? Reicht es, den eigenen Anspruch auf Perfektion hintanzustellen und schon läuft alles anders, eben mit kleinen Unebenheiten und Schnitzern, aber halt auch ohne größere Konflikte, die sich ja meist an der Diskrepanz von Erwartung und Realität entzünden?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass diese Zeit bevorsteht, die uns als Familie wirklich viel abverlangt. Die zugleich auch eine Zeit ist, auf die wir uns freuen, die aber auch immer wieder Enttäuschungen für uns bereithält. Eben weil – wie bereits auf anderer Ebene beschrieben – Realität und Anspruch auseinanderklaffen?

Womöglich ist der erste Schritt bereits gemacht, in dem ich diesen Text schreiben. Quasi als eine Meta-Ebene. Als Panoramablick „von oben“ auf die Umstände, die uns immer wieder herausfordern. Sind wir als Familie aber bereit, die Herausforderung anzunehmen bzw. wie sehr klafft eine weitere Ebene, die Kluft zwischen Theorie und Praxis? Die nächsten Tage und Wochen werden es zeigen.

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