Wenn die Taufe nicht mehr selbstverständlich ist: Von der Tradition zur bewussten Entscheidung

Eine frühe Kindertaufe war vor 20 Jahren in vielen Familien selbstverständlich. Vor allem im ländlichen Raum war es üblich, im Laufe des ersten Lebensjahres den ersten Teil der Initiationssakramente zu feiern. Die Frage, ob man sein Kind schon im frühen Kindesalter taufen lässt, wurde oftmals nicht gestellt - es war eine Selbstverständlichkeit. Es gehörte zur katholischen Tradition einfach dazu.

Auch wenn man das Taufen im späteren Alter aus der evangelischen Kirche oder im freichristlichen Kontext kannte, war für die meisten Katholiken klar: die Taufe wird im Babyalter gefeiert. Diese Selbstverständlichkeit der Kindertaufe ist längst Geschichte.

Von der Tradition zur bewussten Entscheidung

Die Taufe wurde immer mehr von der Tradition zur bewussten Entscheidung. Und diese Entscheidung bringt auch mit sich, dass sich Eltern gegen eine frühe Taufe ihres Kindes entscheiden.

Manchmal wird dieser Schritt als Überstülpung oder Eingriff in die Freiheit des Kindes gesehen. Ich sehe das etwas anders, denn ich entscheide ja in vielen anderen Bereichen auch für mein Kind.

Wenn ich etwas als gut empfinde, wird es wenn möglich auch umgesetzt und gelebt. Das gilt auch für die Entscheidung Frage des Zeitpunktes der Taufe. Ich kann mich noch gut erinnern, als es erste Empörungen in unserer Pfarre gab, da der Pfarrer potenzielle Paten nicht zugelassen hat. Sie entsprachen nicht dem „kirchlichen vorbildlichen Leben“.

Hauptsächlich ging es da um geschiedene, wiederverheiratete Personen.

Für meine Eltern war es ein großer Schock

Als meine Schwester das erste Mal entschieden hat ihr Kind nicht als Baby taufen zu lassen, war das besonders für meine Eltern ein großer Schock. Was wird bloß aus dem Kind werden? Wird es in der Schule deswegen ausgeschlossen sein? (es ging um eine Landschule) Diese und ähnliche Fragen beschäftigten uns als ganze Familie. Mittlerweile ist der Kleine schon ein Schuljunge und liebt den Religionsunterricht. Wir werden sehen, wie sich die Dinge weiterentwickeln.

 

Dass eine Kindertaufe nicht mehr selbstverständlich ist, bringt auch positive Aspekte mit sich, denn die Eltern entscheiden sich dann nicht nur aus Tradition dafür ihr Kind taufen zu lassen, sondern sie treffen dabei eine bewusste Entscheidung. Die Auseinandersetzung mit der Taufe wird zum Anlass, sich mit dem Glauben neu zu beschäftigen.

Was glauben wir Christen eigentlich? Was ist die Taufe? Wozu gibt es die Taufe?

Im Allgemeinen ist es wichtig, mit diesem sensiblen Thema achtsam umzugehen. Alle Beteiligten sollen gehört und ernst genommen werden. Vielleicht können Ängste durch ein Gespräch mit einer Person des Vertrauens genommen werden. Meinungsverschiedenheiten sollen sich nicht auf die Qualität der Beziehungen auswirken.

 

Reaktionen auf eine spätere Taufentscheidung

  • Verurteile Familienmitglieder/Freunde nicht, die sich (vorerst) gegen eine Taufe für ihr Kind entscheiden.
  • Offenheit für Gespräche oder die Vermittlung einer Ansprechperson kann helfen.
  • Ein Gebet für das Kind und die Familie geht immer.
  • Manche Eltern haben keinen Zugang zum Heimatpfarrer. Vielleicht gibt es einen bekannten Priester oder Diakon des Vertrauens, der für eine Tauffeier herangezogen werden kann.
  • Vor allem für die ältere Generation ist die Entscheidung gegen eine Kindestaufe mit Schmerz und Angst verbunden. Hier gilt es vor allem, Sorgen und Ängste zu nehmen und mit einem offenen Ohr zuzuhören.

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