Wie mit „Offenheit“ umgehen, was den Kindern beibringen?
Ein Vorfall vor kurzem hat mich zum Nachdenken gebracht. Meiner Tochter wurde an einem „offenen Ort“ Geld gestohlen. Vor allem die Rückmeldung brachte mich zum Grübeln.
Seinerseits hieß es man sei „ein offener Ort“, an dem grundsätzlich „alle Jugendlichen“ Zugang hätten. Unter diesen gebe es nun einmal naturgemäß „schwarze Schafe“.
In gewisser Weise erschien mir das wie eine Kapitulation.
Obwohl mir natürlich klar war, dass man an solchen Orten nicht wie eine Art Türsteher vorgehen kann und prinzipiell allen Personen eine Chance geben muss.
Aber gibt es wirklich keine Möglichkeit da gegenzusteuern, etwas auf die Zusammensetzung der Besucherinnen und Besucher zu achten und gegebenenfalls potenzielle Störenfriede bereits vorab davon abzuhalten Geld zu stehlen oder sonstigen Schaden anzurichten?
Meine Tochter (14) und ich haben darüber diskutiert.
Muss man das wirklich so akzeptieren und hinnehmen, nur weil man die Offenheit nicht in Frage für alle und jeden nicht in Frage stellen will?
Oder akzeptiert man hier auch schleichend die Tatsache, dass der vermeintlich „offene Ort“, in der jeder so sein kann, wie er will, zu einem Ort der Unfreiheit und der Verschlossenheit wird?
Ein erstes Indiz dazu kam ebenfalls aus der Mail-Feder des Leiters des offenen Ortes. Die Jugendlichen und Besucherinnen und Besucher sollten angesichts solcher Vorfälle Wertgegenstände und Taschen nicht unbeaufsichtigt liegt lassen, sondern diese in dafür vorgehsehen Schließfächern verwahren.
Ist das wirklich „Offenheit“?
Oder muss da eine an sich offene Mehrheit, die nicht auf die Idee kommt die Freiheit der anderen zu beschneiden indem sie sie beklaut, sich an einer problematischen Minderheit orientieren? Wo beginnt Offenheit und wo endet sie? Ich habe noch immer keine Antwort darauf.
Wir erziehen unsere Töchter jedenfalls zu offenen Personen, die keinerlei Vorurteile gegen welche Randgruppe und welche Gesellschaftsschicht auch immer haben.
Aber was, wenn diese vermeintlichen Vorurteile auf Erlebnisse passieren und sie aufgrund dessen zu Urteilen kommen? Dann warnen wir sie natürlich davor, zu pauschalisieren und dennoch noch das große Ganze im Blick zu behalten.
Ich glaube aber: Die eigene Offenheit darf nicht für andere Türen verschließen.
Ein offener Raum ist nicht ein solcher Raum, an dem man Angst haben muss bestohlen zu werden. Ein offener Raum ist bedingt dadurch, dass sich in einem Klima der Offenheit und Freiheit alles frei entfalten können und nicht besorgt sein müssen ihr Geld „loszuwerden“.
Was sagt uns das aber jetzt über den Ist-Zustand ist, über die eigene Haltung und über Wert der Erziehung? Es zeigt jedenfalls, dass wir in komplexen Zeiten leben, in denen es keine einfachen Antworten mehr geben kann.