Freiheit und Verantwortung: Wann Eltern die Verantwortung tragen sollten
Im letzten Beitrag haben wir uns über eine gesunde Balance zwischen Freiheit und Verantwortung im Erziehungsalltag Gedanken gemacht. Heute schauen wir uns an, wo wir Eltern Verantwortung tragen müssen, und wo es auch einmal ein gut überlegtes, klares aber freundliches „Nein“ braucht.
Mit diesem Wörtchen sollten wir so sparsam umgehen wie es nur geht, oft rutscht es uns ganz automatisch raus. Wenn wir wollen, dass ein „Nein“ keine Aufforderung zur Weiterverhandlung wird, sondern ein Grund aufzuhorchen, dann sollten wir es nur unter bestimmten Umständen verwenden.
Zweierlei Arten Grenzen zu setzen
Es gibt zwei Möglichkeiten, Kindern eine Grenze aufzuzeigen. Die erste wirkt beGRENZend, die andere gibt Halt und öffnet Raum für Entwicklung. Wir können diese beiden Arten gut voneinander unterscheiden, wenn wir uns die Frage nach dem „Warum“ stellen. Warum setzte ich meinem Kind hier eine Grenze?
Weil ich „das Sagen“ haben und das Kind das merken und akzeptieren muss?
Dann bin ich soeben fröhlich durch den Haupteingang zum Abschnitt „Machtkampf“ geschritten, hier erwarten mich:
- Kinder, die nicht oder aus Angst kooperieren
- Kinder, die lernen: Wer „das Sagen“ hat, geht über andere hinweg und unterdrückt. Wer Furcht und Schrecken verbreitet, setzt sich durch
Weil einer der folgenden Gründe vorliegt
- Es geht um die Sicherheit des Kindes: Eltern als der sichere Hafen
- Es geht um die Wahrung meiner eigenen Grenzen: Eltern als Vorbild für Selbstfürsorge (ich muss nicht immer „ja“ sagen)
- Es geht um eine Familienregel, die nicht willkürlich aufgestellt wurde, sondern die auf einem gelebten Wert basiert: Regeln die Sinn machen, weil ein Wert dahinter steht, der in dieser Familie (und in gewissem Rahmen in dieser Gesellschaft) wichtig ist. Bsp.: Ordnung – Alles hat seinen Platz; Glaube – Wir gehen sonntags in die Kirche. Und nicht: Wir räumen auf weil „man“ das so macht; wir gehen in die Kirche, weil die Nachbarn sonst schauen.
Mit Gefühlen umgehen lernen
Natürlich werden auch Kinder, die nur gut begründete Grenzen gesetzt bekommen, nicht jubeln und sich für den Erkenntnisgewinn bei uns bedanken. Wenn es nicht so läuft, wie wir das gerne möchten, ist das frustrierend – auch für Erwachsene, die im besten Fall schon über Frustrationstoleranz verfügen. Wie muss sich das dann erst für Kinder anfühlen? Nicht schön. Und daher ist es auch in Ordnung, wenn Kinder wütend werden, und ein langes oder trauriges Gesicht ziehen. Wir Erwachsene sollten ihnen keine Lektion erteilen in „Gefühle unterdrücken“, sondern ihnen stattdessen helfen, starke Gefühle sicht- und greifbar zu machen.
Vielleicht mal ein Nein weniger
Wenn wir unsere „Neins“ nur gut überlegt und sparsam anwenden, ist es unseren Kindern aber leichter möglich mit uns und der Situation zu kooperieren. Wer den ganzen Tag nur „nein“ und „nein, so nicht“ und „nein, jetzt nicht“ hört und dann rebelliert, zeigt deutliche Zeichen von Intelligenz und macht uns so im besten Falle sichtbar, was uns manchmal, wenn wir „zu dicht dran“ sind, nicht erkenntlich ist: Unsere Kinder brauchen neben Schutz, Struktur und Geborgenheit auch viel Freiheit, Zuversicht, Selbstwirksamkeit und genau darum geht es im nächsten Beitrag „Was kann mein Kind schon selbst bestimmen?“.