Den Kindern den eigenen Selbstzweifel nehmen
Kinder zweifeln an sich und ihren Fähigkeiten. Eltern auch. Doch wie kann man „gegensteuern“?
Bei unserer „Kleinen“ (12 Jahre alt) standen in diesem Schuljahr viele Schularbeiten an. Sie lernte effizient, konnte den Stoff zuhause abrufen. Auch in den Schularbeiten lief es meist – mehr oder weniger – gut. Alles war jedenfalls immer im Rahmen. Sie berichtete auch – natürlich – vom Lampenfieber. Auch das im Rahmen des Normalen.
Was uns aber verwundert, jenseits dieses „Lampenfiebers“, das sich wohl stets dann einstellt, wenn man Wissen abrufen und unter einer Drucksituation unter Beweis stellen muss: Dass sie stets doch noch an sich zweifelt.
Alles in Frage stellt. Sich auch fragt, ob sie irgendetwas kann.
Ich kenne das selbst: Obwohl man nach bestem Wissen und Gewissen etwas gelernt und erlernt hat, zweifelt man zuvor grundsätzlich und radikal an sich selbst.
Vergleicht sich mit anderen. Fühlt sich klein und unwichtig.
Glaubt, dass andere mehr können. Erst wenn das „Produkt“ fertig ist und Kunden damit zufrieden sind, kommt das Selbstbewusstsein wieder in vollem Umfang zurück.
Selbst habe ich das stets darauf zurückgeführt, dass mir meine Eltern potenziell zu wenig zugetraut haben. Eben das wollen meine Frau und ich aber ganz anders machen: Wir fordern und fördern unsere Kinder. Wir trauen ihn was zu.
Wir schauen, dass sie wachsen und über sich hinauswachsen können.
Wir geben ihnen aber dennoch Rahmen, begleiten sie, sind für sie da, wenn sie mal nicht weiterwissen. Aber selbst dann erledigen wir nicht einfach das für sie, was sie eigentlich selbst machen sollten: Wir geben ihnen Hinweise, sind im Gespräch für sie da, ermöglichen ihnen das, was man gemeinhin gegenwärtig „Selbstermächtigung“ und „Selbstbestimmung“ nennt.
Dennoch kommen die Zweifel immer wieder.
Womöglich sind sie ja ebenfalls „normal“ und es geht nur um die Intensität der Zweifel? Womöglich ist es uns Eltern nur möglich, diese Zweifel zu lindern und in einem normalen Rahmen zu halten? Vielleicht können wir gar nicht so sehr gegensteuern – mit Erziehung, mit Begleitung usw. – wie wir es gerne hätten? Unter Umständen ist vieles angelegt und Teil des Charakters und des Temperamentes der jeweiligen Person?
Davon bin ich eigentlich überzeugt: Dass man nicht alles beeinflussen kann.
Dass es einen unveränderbaren „Wesenkern“ jeder Person gibt, der genau so gemeint ist, wie er eben ist. Dieser beeinflusst die Art und Weise, wie wir mit Situationen umgehen, wann wir zögern und wann wir ganz geradlinig mit allem umgehen.
Doch es ist unbefriedigend, das so stehen zu lassen. Vor allem heißt es nicht, dass man ohnehin nichts tun kann. Dass alles umsonst ist. Dass alles so ist, wie es ist und wir uns fügen müssen. Denn wir können vermutlich weniger als wir glauben an unserem Charakter und unserem Wesen verändern. Aber wir können die Situation an sich verändern bzw. andere mögliche Strategien im Umgang mit entdecken.
Eine Idee ist hier bereits im Text versteckt: Eine gute Übung ist, mit dem Vergleichen aufzuhören. Man kann Kindern mit auf den Weg geben, dass es unerheblich ist, was andere für eine Note mit nach Hause bringen. Maßstab ist die eigene Leistung, die eigenen Möglichkeiten.
Höchstes Ziel sollte sein, an sich zu arbeiten und an den eigenen Fertigkeiten zu feilen.
Und dann auch: Eltern sollten für die Kinder da sein, egal was kommt! Eine Note ist eine Note ist eine Note. Sie sagt nicht unbedingt alles über die tatsächliche Intelligenz und die tatsächlichen Fertigkeiten des eigenen Kindes aus. Fällt die Note schlecht aus, darf man das Kind nicht entmutigen. Im Gegenteil!
Das alles sind mögliche Strategien, um das Verhalten zu verändern und den schädlichen Selbstzweifeln zu mindern. Gut denkbar auch, dass das eigene Zweifeln dazu führt, dass man noch hier und dort wie diesen oder jenen „Schrauben“ ansetzt. Das gelingt, wenn der Selbstzweifel nicht lähmend ist, sondern einen sich selbst kritisch hinterfragen lässt.