Eine sichere Bindung – ein sicherer Hafen
Kinder wollen die Welt entdecken, manche leise, manche lauter, manche vorsichtiger, manche abenteuerlustiger – jede:r auf seine Art und Weise und doch mit dem gleichen Ziel die Welt zu verstehen, zu begreifen und in ihr ein autonomes Leben zu führen.
Wenn Babys das Licht der Welt erblicken, sind sie ganz und gar von uns Erwachsenen abhängig. Sie sind darauf angewiesen, dass wir ihre Bedürfnisse erfüllen, ihre Zeichen lesen und ihnen Geborgenheit und Sicherheit durch unsere Zuverlässigkeit sowie Präsenz vermitteln. Erst mit der Zeit begreifen sich Babys als eigenständige Lebewesen, die zielgerichtet handeln können und wollen.
Das Interesse an der Welt erwacht und Kinder wollen diese für sich entdecken, sie begreifen und ihren Platz darin finden. Der Wille erwacht und das Bedürfnis nach Autonomie – Selbstbestimmung wird immer größer.
Eltern erleben dieses erwachende Bedürfnis nach Umsetzung des eigenen Willens, des Selbstbestimmens, oft als eine Phase, in der gar nichts mehr geht. Ständig verweigert mein Kind, schreit und trotzt in Dauerschleife. „Nein“ scheint zu seinem neuen Lieblingswort geworden zu sein. Und so anstrengend, diese „Phase“ auch erlebt wird, steht sie doch für den Beginn einer Entwicklung, die bis zum Erwachsenwerden Bedeutung hat, mit dem Ziel später selbstbestimmt durchs Leben gehen zu können. Ganz wichtige Entwicklungsschritte also, die aus Kinderperspektive fordernd sowie wichtig sind.
Geborgenheit und Sicherheit
Damit diese Entwicklung des Orientierens in der Welt also überhaupt möglich ist, braucht es erwachsene Bezugspersonen, die mir als Kind, durch ihre Verantwortungsübernahme, ihre Begleitung und auch durch ihr Nein, die Sicherheit geben, die ich brauche, um mich in der Welt zurecht zu finden und zu behaupten.
Kann ich nicht darauf vertrauen, dass ich diese Geborgenheit und Sicherheit erfahre, auch wenn ich gerade mit dem Kopf durch die Wand möchte oder mich die Abenteuerlust unstillbar packt, werde ich unsicher, und vor diesen notwendigen Entwicklungsschritten zurückschrecken.
Die Welt da draußen ist nämlich in Wahrheit ganz schön angsteinflößend.
Alles ist neu für mich
So vieles größer als ich. So viele Situationen erlebe ich das erste Mal. In so vielen Momenten und Beziehungen muss ich erst lernen mich zu bewegen. Vieles davon überfordert mich heftig. Mit vielem davon kann ich noch nicht umgehen. Und immer noch bin ich klein, und abhängig von anderen. Ich entwickle mich so rasend schnell, und bin auch damit oftmals überfordert und davon überflutet. Es ist schon ganz schön viel, was mich da als Kleinkind beschäftigt, bewegt und jeden Tag konfrontiert.
Wie schön, dass es Bezugspersonen gibt, die sich um mich kümmern.
Aber ein bis zwei davon, haben eine besondere Bedeutung, als meine primären Bindungspersonen. Meistens Mama und Papa, wobei Mama ganz oft die ultimative Pole-Position der Bindungspersonen inne hat. Die bedeutendste Bindungsperson für mich zu sein bedeutet, dass ich mich, nirgends so gut aufgehoben, geborgen und sicher fühle, als in der Gegenwart dieser Person.
Da darf ich mich sicher fühlen
Klar also, dass ich bei dieser Person sein und bleiben möchte und oft mit Vehemenz darum kämpfe, dass diese Person ständig für mich verfügbar ist. Denn nur bei ihr/ihm kann ich mich komplett fallen lassen und den ganzen Stress dieser großen, lauten Welt ablassen. Schließlich weiß ich, dass ich in ihren/seinen Armen so sicher bin, dass sie/er mich auch noch liebt, wenn bei mir gar nichts mehr geht. Diese Beziehung zu meiner primären Bindungsperson ist so bedeutend, dass ich bei ihr/ihm oftmals auch ganz anders bin, als woanders. Tür auf, Mama/Papa da, Ich – ein „anderes“ Kind. Meine primären Bindungspersonen verstehen das nicht immer. Aber für mich macht das Sinn.
Umtausch ausgeschlossen
Ich gehöre ja schließlich zu ihnen. Umtausch ausgeschlossen. Sie halten den Stress und die Überforderung des Tages mit mir aus. Beruhigen mich, wenn ich vor Müdigkeit weine. Stellen mir eine Reibungsfläche zur Verfügung, wenn ich dadurch in Kontakt kommen möchte. Bei ihnen bin ich sicher, wie nirgends anders, weswegen ich da auch alles fallen lassen kann, einfach sein kann.
Ich laufe in die Arme meines sicheren Hafens und bin zu Hause.
Unsere Kinder sind sicher an uns gebunden, wenn wir ihnen genau diesen sicheren Hafen zur Verfügung stellen, in dem sie einfach sein können, ihre Entwicklungsschritte durchlaufen dürfen und sich auch in schwierigen Momenten immer gut aufgehoben fühlen.
Kann sich dein Kind bei dir als Elternteil „fallen“ lassen, ist das ein Zeichen dafür, dass es eben genau diesen sicheren Hafen bei dir findet. Das ist normal und gut so.
In der Entwicklung unserer Kinder macht so vieles Sinn und ist vollkommen normal, auch wenn wir uns in unendlich anstrengenden Momenten wiederfinden, und mit irritierten Blicken oder Kommentaren von außen konfrontiert sind.Ein klarer Kopf, Wissen über die normalen Entwicklungsschritte unserer Kinder und Selbstfürsorge sind die Basis dafür unseren kleinen Abenteurern weiterhin einen sicheren Hafen bieten zu können.
Online-Workshop
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