Gibt es das Christkind wirklich?
Wenn Kinder älter werden, logisch zu denken beginnen und sich mit Klassenkameraden austauschen, kommt die von vielen Eltern gefürchtete Frage: „Gibt es das Christkind wirklich?“
Seit Tagen grübelt unser Sechsjähriger darüber nach, wer denn nun die Geschenke bringt. Denn Geister können durch Wände fliegen, das Christkind ist aber kein Geist und kann somit gar nicht in die Wohnung, so seine Schlussfolgerung.
„Gibt es das Christkind wirklich?“ Diese Frage und seine logische Überlegung dazu, traf mich völlig unvorbereitet.
Anlügen wollte ich ihn nicht, aber seinen Glauben daran auch noch nicht zerstören.
Wie also reagieren?
Am 6. Dezember helfen mein Sohn und ich oft dem Nikolaus, indem wir unseren Nachbarn kleine Geschenke vor die Tür legen. Da diese Geste meist erwidert wird, freuen wir uns oft tagelang darüber, dass der Nikolaus auch vor unsere Tür etwas gelegt hat.
In diesem Sinne fragte ich meinen Sohn, ob das Christkind vielleicht auch menschliche Helfer hat. Neben den Engeln natürlich. Doch diese Bemerkung bereitete ihm noch mehr Kopfzerbrechen. Denn das Christkind trank letztes Jahr fast das ganze Glas Milch aus und aß drei Kekse. Das war eine Sensation, denn im Jahr davor aß das Christkind gar nichts, bis meine Mutter meinte, dass wir die Milch vergessen hatten. Seit wir dem Christkind also zu den Keksen immer ein Glas Milch – als Dankeschön – dazu stellen, bedient es sich auch.
Und genau das ist das Problem! Denn Mama trinkt nur Tee und prinzipiell nie Milch und Papa die Milch nur im Kaffee. Nachdem wir so als menschliche Helfer ausscheiden, blieb die große Frage: „Wer bringt denn nun die Geschenke?“
Wenn du an etwas glauben möchtest, dann glaube daran!
Erst als mein Mann zu ihm sagte, „Wenn Du noch ans Christkind glauben möchtest, dann glaube daran!“ hörte das Grübeln auf. Denn Nikolaus, Christkind und Osterhase sind ihm noch wichtig. Und damit hörte der Spuk vorerst auf.
Dennoch bleibt in meinem Herzen die bange Frage, wie ich mit der irgendwann kommenden Enttäuschung umgehen soll.
In der Krippe verkleidete sich der Kindergärtner unseres Sohnes immer vor den Kindern. Diese wussten, dass er ihr Kindergärtner ist, aber mit dem Kostüm, den Liedern, Ritualen und Nikolo-Säckchen war die Magie stärker. In diesem besonderen Moment war er der Heilige Nikolaus.
Ich habe oft davon gehört, dass dies für Kinder problemlos möglich ist. Beides zuzulassen, die Realität genauso wie die Magie.
Ein paar Tage später fingen die Fragen und Zweifel wieder an, um mit dem Besuch eines befreundeten Kindes plötzlich aufzuhören. Den ganzen Nachmittag wurden Briefe ans Christkind geschrieben, sowie uns aufgetragen unsere Wünsche aufzuzeichnen. Auf einer Matratzen-Wolke sitzend flogen sie durch die ganze Wohnung, um in jedem Raum Briefe zu verteilen und wieder einzusammeln.
Am Ende des gemeinsamen Nachmittages wurde ein Kuvert ins Stiegenhaus gelegt und alle fünf Minuten nachgesehen, ob das Christkind ihn schon abgeholt hätte. Und hier nimmt die Geschichte eine wundersame Wendung.
Es gibt sie also doch, die magischen Momente …
Als der Brief, den mein Mann in der Nacht heimlich hereinholte, am nächsten Morgen weg war, meinte mein Sohn „das hätte er gewusst, dass das Christkind ihn auch vom Stiegenhaus und nicht bloß vom Fensterbrett holt“. Doch als ich erst ein paar Tage später dazu kam das Kuvert zu öffnen, war ich an der Reihe zu staunen.
Da fand ich den Wunschzettel meines Mannes, meinen eigenen, den des befreundeten Kindes. Doch der Zettel meines Sohnes war bis auf seinen Namen leer. Anscheinend war er in der Rolle des Christkindes so aufgegangen, dass er vergessen hatte, seine eigenen Wünsche aufzuzeichnen.
Nun bin ich sicher, selbst wenn irgendwann mit der Wahrheit auch die Enttäuschung kommt, kann ich darauf vertrauen, dass der eigentliche Gedanke von Weihnachten angekommen ist.
Und just in diesem Moment, indem ich diese Geschichte niederschreibe, beginnt es zu schneien. Es gibt sie also doch, die magischen Momente. Die uns zum Lächeln bringen und unser Herz wärmen.