Warum NICHT überhört wird und wie wir positiv formulieren
Wahrscheinlich kennt das jede Mama – manchmal hören die Kinder einfach nicht. Wenn ich dann 3 mal dasselbe gesagt habe, habe ich manchmal den Eindruck, dass die Kinder nicht nur nicht hören, sondern mich vielleicht auch nicht verstehen. Rede ich so kompliziert? Was bitte ist denn kompliziert an dem Satz: „Du fährst nicht Rad ohne Helm!“? Aber ja, genau das ist es. Ich drücke mich zu kompliziert aus. Warum der Satz „Du fährst nur mit Helm “ viel einfacher zu verstehen ist und welche Tricks und Formulierungen es gibt damit die Botschaft ankommt, erkläre ich hier kurz.
Das menschliche Gehirn kann die Wörter „nicht, „nein“ oder „kein“ nur schwer verarbeiten. Wenn wir nun einen Beispielsatz formulieren „Es ist kein rosa Elefant im Zimmer“, stellt man sich automatisch einen rosa Elefanten vor, so sehr man auch versucht gerade eben NICHT an das Tier im Raum zu denken.
Verneinungen verwirren das Gehirn und können nur langsam verarbeitet werden.
Verneinungen verwirren das Gehirn, weil die eine Hirnhälfte den Elefanten, die andere Gehirnhälfte aber die Verneinung verarbeitet. Durch zwei unterschiedliche Meldungen wird das Hirn also irritiert und die endgültige Verarbeitung verlangsamt bzw. gestört.
Komplexität der Sprache muss von Kindern erst erlernt werden
Für Kinder unter zwei Jahren ist es unmöglich, eine Verneinung zu begreifen und mitzudenken, da in diesem Alter die kindliche Sprache noch sehr rudimentär entwickelt ist. Kinder müssen erst eine gewisse Stufe des logischen Denkens erreichen. Das ist eine großartige Gehirnleistung die Kinder frühestens ab dem 24. Lebensmonat beherrschen. Jüngere Kinder filtern überdies wichtige Wörter heraus und überhören für sie unwichtige.
Das Wort ‚Nein‘ wird bei sehr häufigen Gebrauch – oft unabsichtlich - überhört und verliert an Signalwirkung. Genauso wie das Wort „nicht“ noch nicht verstanden wird.
Nehmen wir den Satz: „Fass den Hund nicht an“. Kleine Kinder filtern das Verb und Subjekt raus, also Tunwort und Hauptwort. Sie hören „Anfassen und Hund“ – und machen sich mit Begeisterung gleich ans Streicheln. Mit einer Verneinung erreicht Mama also genau das Gegenteil. Ab etwa zweieinhalb Jahren verstehen Kinder mehrere Sätze hintereinander (z.B. „Hol deinen Pullover, er liegt in deinem Bett“) und mit etwa drei Jahren versteht das Kinder schon so gut wie alles und kann normalerweise Aufforderungen auch gut umsetzten. Verneinungen sind dennoch schwierig – und auch Erwachsene tun sich oft schwer damit.
Wie drücke ich mich aus, dass meine Botschaft klar ist?
Gerade im Umgang mit Kindern sind klare Botschaften, eine direkte und positive Kommunikation hilfreich – und Erfolg versprechend. Den Fokus sollte man unbedingt auf positive Sprache legen, negative Interventionen vermeiden und auf Verneinungen verzichten.
- Nicht auf die Straße laufen! Bleib am Straßenrand/ Bleib am Gehsteig stehen!
- Ohne Helm fährst du nicht mit dem Rad! Nur mit Helm Rad fahren!
- Fass die Herdplatte nicht an! Die Herdplatte ist heiß! Finger weg!
- Pass auf, dass du nicht runterfällst! Halte dich gut fest!
- Nicht in die Steckdose fassen! Finger weg von der Steckdose! Das ist gefährlich.
- Schrei nicht so! Ich versteh dich besser, wenn du leiser redest!
- Die Musik ist zu laut! Dreh die Musik bitte leiser!
- Pass auf, dass das Glas nicht runterfällt! Halte das Glas gut fest!
- Pass auf, dass du nicht ausschüttest! Lass dir Zeit beim einschenken!
- Nicht mit den Schuhen ins Haus laufen! Zieh die Schuhe vor der Tür aus!
- Jetzt schmeiß die Jacke nicht schon wieder Häng deine Jacke in die Garderobe.
- Nicht schmeißen! Leg die Schaufel wieder in die Kiste!
- Nicht mit Sand schmeißen! Lass den Sand in der Sandkiste. Wenn du schmeissen möchtest, hol dir den Ball.
- Nicht schmatzen! Lass den Mund beim Essen zu.
- Fass den Hund nicht an! Lass den Hund in Ruhe. Er ist heute so unruhig.
Außerdem sollten wir Erwachsene Sätze vermeiden, die verschiedene Deutungen oder sehr schwammige Interpretationen zulassen. Beispielsweise: Sei brav. Sei lieb. Sei artig. Setz dich ordentlich hin. Stell dich nicht dumm.
Erst Stopp! – Dann den Satz formulieren
Wir Erwachsenen sind es gewohnt, Sätze mit ‚Nein‘ und ‚nicht‘ zu formulieren, weil im Moment des Eingreifens in unseren Köpfen die negative Vorstellung und dramatischen Folgen im Vordergrund stehen. Da ist es nicht immer leicht, positive Formulierungen zu finden. Zudem sind manche Situationen brenzlig. Es muss schnell gehen, da kann Mama nicht lange überlegen, wie sie die Gefahr abwenden und gleichzeitig einen Satz gut verständlich für das Kind formulieren kann.
Mein Tipp: „Kind, Stopp“ rufen. Danach in Ruhe überlegen was man sagt und das dann mit ruhiger Stimme auch tun.