Wenn die Eingewöhnung nicht klappt
Jede Eingewöhnung ist individuell und dauert unterschiedlich. Sie ist ein großer Schritt für das Kind und die Familie. Auch für die Kindergartengruppe bedeutet die Eingewöhnung eines Kindes oder mehrerer Kinder eine Veränderung.
Großteils klappt es sehr gut, doch es gibt auch Kinder, bei denen die Eingewöhnung verlängert oder abgebrochen werden muss - obwohl eine gute Bildungspartnerschaft zwischen Kindergarten und Familie besteht.
Mögliche Gründe, warum die Eingewöhnung eine besondere Begleitung benötigt:
#1. Eltern können ihr Kind nicht loslassen
Eine mögliche Ursache für eine verzögerte Eingewöhnung sind unsichere Eltern. Wenn sich ein Elternteil bei der Eingewöhnung unsicher und ängstlich zeigt, überträgt sich dies auf das Kind. Das Kind ist dann nicht bereit, sich von Papa/Mama zu lösen oder die Gruppe neugierig zu erforschen sowie Beziehung zu den neuen Bezugspersonen aufzubauen.
#2. Das Kind ist häufig krank
Ein Einstieg in den Kindergarten ist nicht selten mit dem Beginn von vielen Erkrankungen verbunden. Dies gehört dazu. Manche Kinder sind jedoch besonders anfällig und daher sehr oft abwesend. Dies kann eine Eingewöhnung stark verzögern.
#3. Das Kind fühlt sich in der Gruppe überfordert
Sowohl in einer Kleinkindgruppe als auch in einer Kindergartengruppe sind Kinder vielen Reizen ausgesetzt. Durch die hohe Anzahl an Kindern und Spielmaterialien entsteht viel Lärm. Dies kann besonders feinfühligen Kindern oder Kindern, welche nicht an diese Lautstärke gewöhnt sind, schnell zu viel werden.
Weitere Quellen für Reizüberflutung sind: Zu viel Auswahl an Spielmaterialien oder zu viele Kinder.
Ein Kindergartenalltag ist nicht zu unterschätzen und lässt sich mit einem Arbeitstag für uns Erwachsene vergleichen.
#4. Die Bedürfnisse des Kindes
Der Kindergarten ist eine familienergänzende und keine familienersetzende Institution.
Das heißt, die Kinder bekommen keine 1:1 Betreuung. Für manche Kinder ist es schwer, die Zuwendung und Aufmerksamkeit zu teilen. Zu Beginn der Eingewöhnung widmet sich das Betreuungspersonal verstärkt dem neuen Kind, um Beziehung aufzubauen. Je weiter die Eingewöhnung voranschreitet, desto mehr erforscht das Kind die Gruppe und spielt alleine und mit anderen Kindern. Wenn sich ein Kind nicht selbstständig beschäftigen kann und ständig eine 1:1 Betreuung benötigt, tut es sich schwer, in der Gruppe stabil zu werden. Ist eine unsicher-ambivalente Bindung zur primären Bezugsperson gegeben, reagiert das Kind häufig mit extremen Klammern.
#5. Bezugsperson wechselt
Oftmals suchen sich Kinder in der Eingewöhnung eine Betreuungsperson aus, welche sie bevorzugen. Dies wird deutlich durch das Verhalten des Kindes beispielsweise beim Trösten oder dem gemeinsamen Spielen. Das Kindergartenteam ist bemüht, die neuen Bezugspersonen und das Kind in der Zeit der Eingewöhnung miteinander vertraut zu machen und so baut es immer mehr Beziehung auf. Aufgrund von spontaner Abwesenheit wie zum Beispiel einer Erkrankung oder Personalmangel, kann dies jedoch nicht immer gewährleistet werden. Auch Urlaub, Sonderurlaub, Pflegeurlaub oder ungeplante Dienstplanänderungen stellen einen Bezugspersonenwechsel für die Kinder da.
Manche Kinder in der Eingewöhnung nehmen personelle Veränderungen in der Gruppe sehr gelassen hin, andere Kinder belasten diese sehr. Wenn ein Kind sich zu stark auf eine Betreuungsperson fixiert, besteht die Gefahr, dass sich die Eingewöhnung schwieriger gestaltet.
Ein stabiles Team schenkt Kindern Kontiunität und Halt.
Im Laufe der Kindergartenzeit wird das Betreuungspersonal aufgrund von personelle Veränderungen, Krankenstand und Urlaub wechseln. Daher ist es essentiell, dass das Kind nach der Eingewöhnung auch Sicherheit durch andere Faktoren erhält – wie etwa Tagesablauf oder Spielpartner:innen.
Lösungsansätze, wenn die Eingewöhnung schwer fällt
Dafür gibt es leider kein Patentrezept! Wie schon erwähnt, ist jede Eingewöhnung individuell und es benötigt daher auch eine individuelle Lösung.
Besonders wichtig ist eine gute Bildungspartnerschaft zwischen Kindergarten und Familie.
Der Beziehungsaufbau zwischen Pädagogin/Pädagoge und Kind sowie Eltern ist essentiell für einen Austausch auf Augenhöhe und für Informationen. Eltern sollten ihre Ängste und Sorgen mit dem Kindergartenteam offen kommunizieren.
Bei schwierigen Eingewöhnungen ist es ratsam, ein Elterngespräch zu führen und eventuell professionelle Hilfe von außen hinzuzuziehen. Beispielweise die Erziehungs- und Entwicklungsberatung des Kindergartens.
Konkrete Tipps:
- Kinder die eine 1:1 Betreuung benötigen und sich schwer tun, die Aufmerksamkeit zu teilen, tun sich vielleicht leichter, wenn sie von einer Tagesmutter oder Leihoma/Leihopa mit einem besseren Betreuungsschlüssel betreut werden.
- Möglicherweise ist das auch nur eine Phase und das Kind ist nach ein paar Monaten eher bereit für eine Eingewöhnung im Kindergarten.
- Wenn sich Eltern nicht vom Kind lösen können, ist es ratsam, dass sie sich durch Erziehungsberatung oder Psychotherapie Unterstützung suchen. Oftmals hilft auch ein bereicherndes Gespräch mit der Kindergartenleitung oder der Pädagogin/dem Pädagogen.
- Auch der Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern kann hilfreich sein und wertvolle Ratschläge bereithalten.
- Wenn ein Kind häufig krank ist, kann die Eingewöhnung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Fazit
Dies sind nur mögliche Lösungsansätze für Eingewöhnungen, die nicht nach Plan verlaufen. Die individuelle Lösung für das Kind sollte immer so gestaltet werden, dass das Kind mit seinen Emotionen und Bedürfnissen im Mittelpunkt steht.
Auch wenn die meisten Eingewöhnungen in der Regel in vier Wochen als abgeschlossen gelten, sollten die Eltern ausreichend Zeit einplanen und sich einen Plan B überlegen, falls die Eingewöhnung nicht wie geplant stattfindet.
Auf die Eingewöhnung folgt die Stabilisierungsphase in der das Kind weitere kleinere Eingewöhnungen meistert z.B. Andere Betreuungsperson in der Gruppe und Raumwechsel (zum Beispiel erstes Mal im Turnsaal).
Um das Kind bestmöglich zu unterstützen und Struktur zu geben, sollten die bestehenden Rituale beibehalten werden.