Wie ich meinen Wiedereinstieg in den Beruf nach Elternkarenz gemeistert habe

Nervös stand ich vor dem Spiegel und kontrollierte zum letzten Mal, ob alles sitzt. Heute war mein erster Arbeitstag. Doch nicht nur der erste nach der Elternkarenz, sondern der erste im neuen Job.

Nach einem gemütlichen Plätzchen in einem Startup musste ich mich neu orientieren und von nun an für eine recht große Institution arbeiten. Was für eine Aufregung. Und was für ein Kraftakt alles so zu organisieren, dass wir als Familie unser Leben mit dem Berufsleben unter einen Hut bringen können.

Ich bin gerne Mama, doch hatte ich auch das Glück, schon immer einen Job zu haben, den ich liebte.

„Finde etwas, was dir Spaß macht und du wirst nie wieder arbeiten müssen,“ sagt ein Sprichwort und ich tat genau das.

Mein Job ist mein Hobby und so war mein Wiedereinstieg eine große Sache für mich, der ich entgegenfieberte. Doch schon bei der Jobsuche kamen die ersten Probleme: Ich suchte in meiner Wohngegend, doch die coolsten Jobs waren nun mal in Wien. Aber mein Wohnort nicht.

So musste ich mich entscheiden – einen Job, der vielleicht nicht ganz meinen Vorstellungen entspricht, oder bis zu einer Stunde Fahrzeit mit den Öffis. Ich entschied mich für zweiteres. Und für 30 Wochenstunden Arbeit, obwohl es mit 2 Homeoffice Tagen in der Woche mit der Fahrzeit schon 36 Stunden waren, die nun meinem Job gehörten.

Herausforderungen

Damit eröffneten sich neue Probleme, denn die Kinderbetreuung in Niederösterreich ist sehr bescheiden. Somit war klar: wenn ich die Kinder bringen und abholen muss, wird es sehr knapp. Dazu kommt noch, dass die Öffis regelmäßig ausfallen, zu spät kommen oder andere Überraschungen parat haben.

Somit begann bei uns eine Zeit der Verhandlungen, denn von nun an musste mein Mann seinen gemütlichen Start in den Tag aufgeben und plötzlich 3 Tage die Woche morgens Kinder managen und noch viel mehr. Was teilweise zu vielen Diskussionen führte…

Care-Arbeit neu aufteilen

Was für die meisten Mamas kein Thema ist, ist für viele Papas eine Herausforderung. Denn oft werden Kinder von den Mamas für den Kindergarten fertig gemacht und hingebracht. Ich habe das Glück, einen sehr engagierten Kindesvater zu Hause zu haben. Er wollte schon immer überall mitmachen, doch von einen Tag auf den anderen zwei Kinder ganz allein zu managen - das war auch für ihn als Vollprofi-Papa eine große Sache.

Während er an einem Tag Kaffee trinkend in Ruhe mit dem Großen beim Frühstück saß, musste er am nächsten Tag Brote schmieren, Kleidung aussuchen, beim Zähneputzen helfen, Haare flechten und Regenjacke nicht vergessen! Ich saß nämlich im Zug, bevor alle zu Hause wach wurden und obwohl ich die Kinder morgens sehr vermisst habe, war es eine schöne neue Morgenroutine, mich in Ruhe fertig zu machen und später im Zug ein Buch lesen zu können.

Die Realität traf mich dennoch viel härter als erwartet.

Zu viel

Durch einen anspruchsvollen Job war mein Kopf monatelang voll, ich fühlte mich überstimuliert, denn beruflich musste ich täglich große Mengen an neuen Informationen aufnehmen und privat erwarteten mich meine Kinder, die mir von ihrem Tag erzählen wollten und sich freuten, ihre Mama zu sehen.

So saß ich in den ersten Monaten abends auf der Terrasse, blickte in den Garten und machte einfach gar nichts. Ich konnte nicht lesen, nicht Musik hören, wollte nicht reden und fernschauen oder auch nur ins Handy schauen, war mir schon zu viel.

Ich wollte einfach nur die Stille genießen und einen freien Kopf bekommen.

Bald merkte ich auch schon, dass ich viele Informationen aus dem Kindergarten einfach vergessen habe. So passierte es fast automatisch, dass mein Mann immer mehr auf Termine der Kinder geachtet hat und er unseren Familienkalender befüllte, damit wir nichts aus den Augen verlieren.

Die Schule beginnt...

Mit dem Schulbeginn von dem großen Kind kamen noch mehr Neuigkeiten auf uns zu und ich hatte das Gefühl, ich komme gar nicht mehr mit. Morgens pünktlich sein zu müssen klappte besser, als erwartet. Aber all die Termine, Infos, Aufgaben… Es war zu viel und ich war sehr dankbar, dass mein Mann ganz automatisch die gesamte Zuständigkeit für alle Schulangelegenheiten übernommen hatte. Ich war Kindergarten- und Privat- sowie Arzttermine-zuständig und hatte auch damit genug zu tun.

Es spielt sich ein

Mit der Zeit hat sich das auch ganz gut aufgeteilt und ein Jahr später kann ich sagen, wir haben die Care-Arbeit nun ca. 60 zu 40 Prozent aufgeteilt und es ist großartig.

Dazu kommt noch ein freier Nachmittag für mich nach der Arbeit, an dem ich einfach ohne Stress meine Sachen erledigen kann, oder einfach nur me-time habe, während mein Mann die Kinder abholt und mit denen eine schöne Zeit verbringt. Auch die abendliche Routine haben wir geändert und versuchen uns beim Hinlegen abzuwechseln. Klar geht es nicht immer, denn manchmal wollen die Kinder nun mal mehr Mama, aber durch die gerechte Aufteilung der Care-Arbeit, hat der Papa bei den Kindern noch mehr an Wichtigkeit gewonnen und so habe ich viel mehr Zeit für Erholung.

Und wie geht es meinem Mann dabei?

Erste Monate waren hart. Er musste sich daran gewöhnen, dass sein Kopf nun auch voller wurde und er Kinderemotionen in stressigsten Momenten gut begleiten musste. Doch heute ist er richtig stolz auf sich, hat alles bestens im Griff und kann sich gar nicht vorstellen, dass es je anders war.

Auch wenn er manchmal abends erschöpft ins Bett fällt, so hat er schnell gemerkt, dass die ganze Familie profitiert, wenn wir uns gegenseitig unter die Arme greifen. Denn ich bin nicht mehr überlastet und nervös, er hat viel Quality-time mit den Kindern und sehr viel positive Rückmeldung von ihnen.

Denn früher hieß es immer nur „Mama“ und heute wird Mama immer wieder durch Papa ersetzt, was den Papa sehr stolz und glücklich macht, wenn sich 4 Kinderarme um ihn schlingeln, anstatt ihn wegzudrücken.

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