Emotionale Kompetenzen von Kleinkindern stärken
Sogenannte „Curling-Eltern“ räumen ihren Kindern jede Unannehmlichkeit aus dem Weg – was auf Dauer fatale Folgen hat.
Der kanadische Entwicklungspsychologe und Bindungsforscher Gordon Neufeld hat den Begriff „Tränen der Vergeblichkeit“ geprägt, die notwendig sind, um geborgen im „sicheren Hafen“ Unabänderbares, das uns nicht gefällt, zu betrauern. Wer niemals die Möglichkeit hat, diese bitteren und zugleich befreienden Tränen zu weinen, dem bleibt ein Reifeprozess im Gehirn vorenthalten. Das bedeutet nicht, dass wir unsere Kinder zum Weinen bringen müssen, frustrierenden Situationen ergeben sich ganz ohne unser Zutun. Wichtig ist, dass Eltern lange und traurige Gesichter aushalten und nicht sofort ein Ablenkungs- und Bespaßungsmanöver starten. Eltern tun ihren Kindern Gutes, wenn sie in solchen Situationen der sichere Hafen sind, in dem frustrierende, traurige Gefühle da sein dürfen, in dem geweint werden darf.
Wir haben uns letzte Woche mit den weniger guten Handlungsoptionen, den Don’ts, wenn es um Dramen beim Verlieren geht, auseinandergesetzt. Was sind nun die Dos, wie kann ich in solchen Situationen mein Kind in der Entwicklung seiner emotionalen Kompetenz stärken?
Positive Aufmerksamkeit
Legen Sie den Fokus quasi schon „präventiv“ auf all die Dinge, die ihr Kind schon gut kann und macht. Damit setzen Sie einen wichtigen Schritt, um ihr Kind in seinem Selbstwert zu stärken. Wer ein gutes und sicheres Selbstwertgefühl hat, der kann auch einmal eine Niederlage aushalten. Wenn wir stattdessen unser Kind schimpfen, weil es ein „schlechter Verlierer“ ist, bewirken wir genau das Gegenteil. Unsere Aufmerksamkeit wirkt wie Dünger: Worauf wir sie richten, das wächst. Richten wir unsere Aufmerksamkeit im Familienalltag vermehrt auf das, was (vermeintlich) selbstverständlich gut läuft. Es tut Kindern (und auch uns Erwachsenen) gut, wohlwollend gesehen zu werden. Dann ist die Aufmerksamkeit, die der Gewinner bekommt, gar nicht mehr so dringend notwendig.
Starke Gefühle – gelassen und liebevoll – aushalten
Das ist es, was wir uns von unseren kleinen Wüterichen wünschen, dass sie souverän und gelassen mit Frust umgehen. Bevor unsere Kinder dies leisten können, sollten wir hinterfragen, ob wir das selbst überhaupt schaffen. Wie gehen wir mit der frustrierenden Erfahrung um, ein kleines tobendes Giftzwerglein vor uns zu haben? Wenn wir darauf sofort aggressiv und schimpfend reagieren, dann verhalten wir uns im Grunde gleich wie unser Kind. Mit dem Unterschied, dass unser Kind noch gar nicht in der Lage ist, anders zu reagieren.
Eltern tun ihren Kindern Gutes, wenn sie in emotionalen Situationen der sichere Hafen sind.
Halten wir diese starken Gefühle aber aus, zeigen wir unserem Kind: „Unsere Beziehung hält das aus, ich bin da und ich bin größer als dieses Problem und ich weiß wie ich mit Frust fertig werden kann“ Dann sind wir der sprichwörtliche „Fels in der Brandung“ und damit ein wertvolles Modell für unser Kind.
Die Wut des Kindes (und unsere) soll also nicht „aus der Welt geschaffen“ und unterdrückt werden, sondern sich sozialverträgliche Kanäle suchen. Wie wir unser Kind darin ganz konkret unterstützen können, schauen wir uns nächste Woche im Beitrag „Starke Gefühle sicht- und greifbar machen“ an – sei dabei.